Der Mensch ist geborener Langstreckengeher – Evolution spezialisierte sich auf den Fersengang
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Salt Lake City/Jena (pte/12.02.2010/13:40) – Beim Gehen mit wenig Energieeinsatz übertrifft der Mensch die gesamte Tierwelt. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Forschergruppe im Journal of Experimental Biology. „Wir sind zwar gute Langstreckenläufer, schaffen es aber nicht, mit wenig Energie zu laufen, wie dies Profisprintern wie etwa Gazellen, Rehen, Pferden oder Hunden gelingt. Denn während diese zuerst auf Ballen oder Zehen aufkommen, ist der menschliche Fuß für den Fersengang konstruiert. Das macht ihm zum Weltmeister im Gehen“, berichtet Studienleiter David Carrier.Fußballen sind Energiefresser
Um das festzustellen, untersuchten die Wissenschaftler Freiwillige, die sich auf einem Laufband bewegten. Jeder von ihnen lief in drei unterschiedlichen Arten, indem die Füße zunächst auf den Fersen, dann auf den Ballen und schließlich auf den Zehen abgesetzt wurden. Da die Probanden mit einer Sauerstoff-Maske liefen, konnte ihr Sauerstoffverbrauch erhoben werden, der Rückschlüsse auf den Energieverbrauch zulässt. Es zeigte sich, dass man auf dem Ballen 53 Prozent und auf den Zehen sogar 83 Prozent mehr an Energie verbraucht, als wenn man zuerst auf den Fersen aufkommt.
Mehrere Thesen für den Mehraufwand erwiesen sich in der Forschung als nur wenig relevant. Wer zuerst mit der Ferse aufkommt und dann auf die Fußballen schwenkt, verlängert damit seine Schrittweite um eine gesamte Sohlenlänge, während das Ballengehen die Schritte kürzer und häufiger macht. „Das alleine hat jedoch noch keine Auswirkung auf den Energieverbrauch und ebenso wenig die Tatsache, dass die Ballen weniger Stabilität als die Ferse bieten“, berichtet Carrier.
Fersengang lässt Muskeln rasten
Den Ausschlag gibt vielmehr die Bewegung des gesamten Körpers. Die Ferse erlaubt, dass sich der Körper beim Gehen weniger auf und ab bewegt und belässt seine Masse somit in vertikaler Ruheposition. Dadurch ersparen sich die Knöchel-, Knie-, Hüfte- und Rückenmuskeln einiges an Arbeit. Zudem bremst das Aufkommen auf den Ballen den Körper immer wieder und erfordert bei jedem Schritt eine kleine Beschleunigung, während beim Fersengang der Bewegungsfluss optimiert ist.
Weiters ermöglicht der Fersengang laut der Studie auch den idealen Wechsel von Energieformen. Beginnt ein Mensch seinen Vorwärtsgang, der beim Schritt eine leichte Abwärtsbewegung mit sich bringt, wird gespeicherte Energie in Bewegungsenergie umgesetzt. Rollt das Gewicht schließlich auf der Sohle ab und der Gehende bewegt sich dabei zugleich vor- und aufwärts, bremst man automatisch, was die Bewegung erneut in gespeicherte Energie umwandelt.
Laufen verlegt Gewicht auf Ballen
Der optimale Fersenaufsatz gelingt jedoch nur beim Gehen, während es beim Laufschritt energetisch keinen Unterschied macht, ob der Mensch auf Ferse, Ballen oder Zehen läuft. „Berufssprinter landen oft nur auf den Fußballen, so als ob sie barfuss laufen würden. Doch auch wenn man beim Laufen zuerst auf der Ferse landet, zwingt einen der Gegendruck des Bodens dazu, sehr schnell auf den Ballen zu wechseln, der das meiste Gewicht trägt“, so Carrier.
„Die Plattfuß-Haltung mit Bodenkontakt der Ferse gibt es nur beim Menschen und bei Menschenaffen. Hunde etwa gehen auf Zehen, denn sie haben Ferse und Zehenballen an abgehobener Stelle“, erklärt die Zoologin Nadja Schilling von der Universität Jena http://www.uni-jena.de, die an der Studie beteiligt war, gegenüber pressetext. Ausgangsfrage der Forschung sei die Tatsache gewesen, dass der menschliche Körper derjenige eines Sprinters ist, während jedoch die Füße nicht dazu passen. „Wir wissen nun, dass der Vorteil beim Gehen die Ursache ist“, so die Forscherin.