Lübeck Lupe

„Die Botschaften und Werte Willy Brandts weiter tragen“

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Über 800 Gäste nahmen an der feierlichen Eröffnung des Willy-Brandt-Hauses am Dienstag, 18. Dezmber 2007, in Lübeck teil. Damit ehrten sie den ehemaligen Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger, der an diesem Tag 94 Jahre alt geworden wäre. Ab morgen ist auch eine Ausstellung zur Eröffnung des Hauses für die Öffentlichkeit zugänglich.Kindheit und Jugend verbrachte Willy Brandt bis 1933, als er ins Exil gehen musste, in Lübeck. Die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung zeichnet mit der neuen Ausstellung „Willy Brandt – ein politisches Leben im 20. Jahrhundert“ den Lebensweg des großen Sozialdemokraten und Staatsmannes nach.

In Festvorträgen riefen der frühere norwegische Außenminister Thorvald Stoltenberg und SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck die Erinnerung an den früheren Bundeskanzler und SPD-Ehrenvorsitzenden wach. Ministerpräsident Harry Carstensen bezeichnete das Willy-Brandt-Haus als eine Ehre für Lübeck, für Schleswig-Holstein und für Willy Brandt selbst. Zahlreiche Lübecker, aber auch prominente Vertreter aus Politik und Kultur, nahmen an dem Festakt teil. Auch Günter Grass ergriff das Wort. Sein Beitrag mit der Überschrift „Endlich“ nahm auf die lange Entstehungsgeschichte des Lübecker Brandt-Hauses und auf das politische Vermächtnis des Friedensnobelpreisträgers Bezug.

„Was mir besonders wichtig ist: In der Willy-Brandt-Ausstellung wird nicht nur spannende Geschichte erzählt“, sagte Wolfgang Thierse, Kuratoriumsvorsitzender der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. „Es kommt uns auch darauf an, die Botschaften und Werte Willy Brandts, seine Besorgnisse und Anliegen weiter zu tragen!“ Dem trägt die Ausstellung mit ihren Schwerpunkten Rechnung: Neben der Zeit des Widerstands und Exils widmet sie sich besonders seiner auf Entspannung und Frieden angelegten Deutschland- und Ostpolitik sowie dem Engagement Willy Brandts für Menschenrechte und dem Ausgleich zwischen Nord und Süd.

„In Willy Brandts Leben spiegelt sich die gesamte deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts wider“, sagte Thierse. „Dies ist eine große Chance für historisch-politische Bildung in Lübeck. Stiftungsvorstand Karsten Brenner erklärte: „Es ist an der Zeit, dass es in Lübeck einen Ort gibt, an dem man sich auch dieses bedeutenden Sohnes der Stadt erinnert, über das Leben und Wirken Willy Brandts erzählt, seine Werte und Ideen bewahrt und in die Zukunft fort trägt.“

Brenner dankte der Stadt Lübeck und allen Partnern, die bei der Errichtung des Willy-Brandt-Hauses in Lübeck geholfen haben. Besonderen Dank sprach er dem Deutschen Bundestag, dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien sowie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für die Finanzierung des Baus und der Ausstellung aus. Dort wartet eine vielgestaltige, interaktive Ausstellung mit vielen Bild- und Tondokumenten aus dem politischen Leben Willy Brandts auf die Besucher.

Authentische Sammlungsstücke zeichnen den Lebenslauf des Lübeckers nach.
Beginnend mit seiner Kindheit und Jugend, als Willy Brandt bei seinem Stief-Großvater aufwuchs, verfolgt die Ausstellung das Leben und die politische Wirkung des späteren Nobelpreisträgers. Besucher können auf viele Bild- und Tondokumente zurückgreifen. An interaktiven Stationen können sich Besucher in die Zeitumstände hineinversetzen.

So liest man Zitate Willy Brandts über den Nationalsozialismus – und kann parallel dazu eine NS-Propagandarede hören. In einem geteilten „deutsch-deutschen Wohnzimmer“ beobachtet man die ersten Annäherungsversuche zwischen Bundesrepublik und DDR in den 1970er Jahren im Spiegel der west-östlichen Berichterstattung. Oder man stellt sich selbst an das Rednerpult im Deutschen Bundestag und lässt die gespannte politische Atmosphäre zur Zeit der Verhandlung der Ostverträge auf sich wirken.

Ein interessantes neues Haus, welches aber auch erlauben dürfte, das hier von der Stiftung gezeigte und damit durchaus auch subjektive Geschichtsbild Willy Brandts in eine davon unabhängige, persönliche Sichtweise nicht nur einzubeziehen, sondern sogar zu ergänzen. Gerade das macht diese neue Adresse beim Lübeck-Besuch zur besonderen Pflicht.