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Politik & Wirtschaft

Digitalfunk wird Kinderkrankheiten in absehbarer Zeit ablegen

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

Vielen Dank, Herr Minister Breitner, für den klaren und schonungslosen Bericht, der erneut belegt, was sich in Ihren mehrfachen Zwischenberichten im Innen- und Rechtsausschuss schon andeutete:

Die flächendeckende Einführung des Digitalfunks für Polizei und andere Rettungs- und Sicherheitskräfte in der Bundesrepublik ist bisher keine Erfolgsgeschichte. Dies gilt in ähnlicher Weise für das andere digitale Großprojekt im Land, die Einführung des elektronischen Personalverwaltungssystems KoPers.

Bundesweit seit 1998 geplant, sollte die Umstellung vom bisherigen Analogfunk auf den Digitalfunk schon 2006 zur Fußballweltmeisterschaft in ganz Deutschland abgeschlossen sein. Schleswig-Holstein ist nach dem Bericht aber erst das dritte Flächenbundesland, das ein Digitalfunknetz aufgebaut hat.

Liest man die Presse zum Bericht des Ministers, ist von einem „Digital-Desaster“ und vom „Millionengrab Digitalfunk“ die Rede. Der „echte Norden könne alles – außer Technik“. Kollegin Damerow und Kollege Garg überschlagen sich mit Empörungsrhetorik. Ich zitiere: Der Bericht sei eine „Bankrotterklärung“ des Innenministers, die relativierenden Darstellungen Breitners seien „hochnotpeinlich“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition: Bleiben Sie auf dem Teppich.

1. Minister Breitner hat die Probleme mit dem Digitalfunk von der Vorgängerregierung nur geerbt. Nichts deutet darauf hin, dass Andreas Breitner auch nur den geringsten eigenen Anteil an den übernommenen Problemen zu verantworten hat. Der Bericht belegt vielmehr, dass er und die weiteren Verantwortlichen im Ministerium und in der Landespolizei alles daran setzen, bestehende Probleme schnellstmöglich zu überwinden.

2. Die aufgetretenen Probleme sind eindeutig nicht auf spezielle Unzulänglichkeiten in Schleswig-Holstein zurückzuführen. Sie haben systemische Ursachen, die in allen Bundesländern in ähnlicher Weise zu Schwierigkeiten führen. Als eines der ersten Bundesländer, das in den operativen Probebetrieb eingetreten ist, hat das Land naturgemäß in besonderer Weise mit den Kinderkrankheiten des Systems zu kämpfen.

3. Die Parallelität mit der Einführung des Systems KoPers zeigt deutlich: Der Teufel steckt immer im Detail. Vor allem, wenn es um extrem komplexe und vielschichtige Anforderungen geht, die ein komplettes Kommunikationssystem von Polizei und diversen Rettungs- und Sicherheitskräften jederzeit bis in den letzten Winkel des Landes und in jedes Haus störungsfrei leisten muss. Wenn wir mit unserem Handy mal keinen Empfang haben, verschieben wir unser Gespräch und versuchen es von einem anderen Ort aus. Kein Problem. Bei einem Polizeieinsatz, bei dem es auch mal um Leben und Tod geht, sieht das natürlich ganz anders aus. Dort muss alles zu jeder Zeit und an jedem Ort störungsfrei funktionieren.

Alle wissen aber, dass dies mit dem „guten alten“ Analogfunk auch nie störungsfrei geklappt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Diese Herangehensweise ist naiv!

In der Nacht vom 17. auf den 18. Januar hatte ich das große Vergnügen, von 7 Uhr abends bis 5 Uhr in der Frühe in einem neuen Streifenwagen des 4. Kieler Polizeireviers eine Nachtschicht mitfahren zu dürfen. Wer das noch nicht gemacht hat, dem kann ich diese Erfahrung nur dringend empfehlen. Nichts geht über die unmittelbare Erfahrung in der Form der teilnehmenden Beobachtung!

Dort habe ich mich angesichts der erwähnten Presse natürlich ganz besonders für den Digitalfunk interessiert. Die Kieler Leitstelle, die ich in der Nacht auch besuchte, deckt inzwischen die Fläche eines Viertels unseres Landes mit Digitalfunk ab. Der dortige Dienstgruppenleiter versicherte mir, dass nach anfänglichen Problemen der Digitalfunk nunmehr seit mehreren Monaten sehr gut und störungsfrei läuft. Die Arbeitsbedingungen in der Leitstelle seien für die MitarbeiterInnen nicht zu beanstanden.

Auch die Beamtin und der Beamte im Streifenwagen hatten keine Probleme mit dem Digitalfunk, obwohl wir uns unter anderem auch in Häusern bewegten und auch im Bereich der Kieler Innenstadt und der Bergstraße, wo es nach dem Bericht Probleme mit der Funkversorgung geben soll. Überall wurde munter über den Digitalfunk mit der Leitstelle kommuniziert. Seit mehreren Monaten musste nicht mehr auf den Analogfunk zurückgegriffen werden. Ein Zurück zu dieser Art des Funks konnten sich die beiden BeamtInnen nicht mehr vorstellen.

Natürlich ist das System noch ausbaufähig. Bei einem Einsatz, bei dem wir wegen einer Straftat in einen Vorort außerhalb der Revierzuständigkeit fuhren, musste die Beamtin auf dem Beifahrersitz die GPS-Funktion ihres eigenen iPhones aktivieren, um die gesuchte Straße zu finden. Eigentlich sollte diese Funktion auch schon das Digitalfunksystem übernehmen.

Mir hat der Polizeibesuch klar gemacht, dass die Dinge, über die wir uns hier in unserer Landtagswelt fürchterlich ereifern können, sich in der realen Außenwelt oft ganz anders darstellen.

Der Digitalfunk wird seine Kinderkrankheiten in absehbarer Zeit ablegen, einen anderen Weg gibt es ohnehin nicht.