Menschlich gesehen

Elias aus der gemischten Krabbelgruppe

elias0706
Große Aufregung herrschte am 8. Juni 2006 unter den Tierpflegern des Tierparks Gettorf. Bei den Schopfmakaken hatte sich ein über Nacht ein Baby eingestellt. Das war an sich keine Überraschung. Dass das junge Weibchen „Kiribati“ zum ersten Mal trächtig war, hatte man schon seit Monaten gewusst und seit vielen Wochen auch schon gesehen. Verwunderlich war nur, dass das kleine männliche Jungtier nicht von Kiribati, sondern von deren älterer Schwester „Kendari“ herumgetragen wurde. Kendari, die bereits eine 2-jährige Tochter hat, war vorher nicht als trächtig aufgefallen. Sollte es sich doch um Kiribatis Kind handeln? Intensiv wurde die Gruppe beobachtet, aber Kiribati zeigte keinerlei Interesse an dem Baby. Kendari, die das Baby gar nicht mehr hergeben wollte, konnte aber keinesfalls die Mutter sein, denn sie war in den letzten Wochen und Monaten regelmäßig in die Brunst gekommen. Das ist bei trächtigen Affen nie der Fall. Auch sah man beim genauen Hinschauen, dass Kiribati Blutspuren am Hinterteil aufwies, sie war also tatsächlich die Mutter des kleinen Jungen.

Was also tun? Zuerst versuchten die Tierpfleger, die desinteressierte Mutter und ihr Baby zusammenzubringen. Erst wurden die beiden Schwestern mit dem Jungtier von der Gruppe getrennt, dann musste Kendari eingefangen werden, um ihr das Baby abzunehmen. Nun wurde Kiribati mit dem kleinen quakenden Bündel zusammen in ein Extragehege gesperrt, um zu sehen, ob sie nicht doch noch Interesse an ihrem Sohn entwickelte. Aber Kiribati kümmerte sich kein bisschen um das Gequengel ihres Kindes. Sie verzog sich in die entferntesten Winkel des Geheges, nur möglichst weit weg von dem plärrenden Kleinkind. Das quakte aus ganzer Kraft und griff auf der Suche nach Mamas Fell suchend in die Luft, aber ohne dort etwas zu finden. Als letzte Möglichkeit griff der Tierarzt zu einer leichten Narkosespritze für Kiribati. Von der Narkose benebelt ließ sie sich den Kleinen tatsächlich einmal anlegen, aber sobald sie wieder zu Bewusstsein kam, streifte sie ihn sofort wieder ab und wollte nichts mehr von ihm wissen.

Nun saßen die Tierpfleger da. Dass Affenmütter ihre ersten Kinder nicht annehmen, ist gar nicht so selten. Aber trotzdem musste sich ja nun jemand um den Kleinen kümmern. Bei Tante Kendari konnte er nicht bleiben, die hätte ihn zwar sofort angenommen, hatte aber keine Milch für ihn. Da traf es sich gut, dass Tierpflegerin Martina Bächer schon einen anderen Pflegling bei sich zu Hause hatte. Kakadu „Cherokee“ war von seinen Eltern nicht genügend gefüttert worden und wurde von Martina nun zu Hause gepäppelt. Zu ihm stieß nun auch der kleine Schopfmakak, bald auf den Namen „Elias“ getauft. Nach anfänglichen Problemen mit einer Handverletzung, die ihm seine Mutter bei den Versuchen, ihn abzustreifen, zugefügt hatte, entwickelte er sich sehr gut. Daher darf und soll Elias jetzt auch schon so schnell wie möglich wieder in Kontakt zu seiner richtigen Familie treten. So verbringt er den Tag bis zum frühen Nachmittag jetzt schon wieder im Tierpark in einer eigens für ihn gebauten Krabbelstube im Affenhaus. Hier können seine Artgenossen (und natürlich auch die Besucher) ihn schon einmal gründlich in Augenschein nehmen und auch Elias kann über den Gang hinweg schon einmal wieder Kontakt zu seiner Familie aufnehmen. Nachts nimmt Martina Bächer ihn natürlich wieder mit nach Hause in die gemischte Krabbelgruppe mit Cherokee, denn Elias braucht ja auch nachts immer noch alle zwei Stunden sein Fläschchen, und das wäre im Tierpark nur schwer möglich.

Und den Weg zwischen Tierpark und Nachtquartier, den legt Elias immer in Martinas Fahrradkorb zurück. Am Anfang schaut er immer noch aufmerksam herum, aber nach kurzer Zeit kuschelt er sich zusammen und verschläft die kurze Fahrt auf seiner Plüschmama, einem Flauschbären mit Wärmflasche im Bauch. Ja, ja auch kleine Affen mögen es, von Mama im Kinderwagen herumgefahren zu werden…

geöffnet täglich von 9-18 Uhr
Eintritt: Erwachsene 7,–€, Kinder 4,–€