Erklärung zur Erhöhung der EFSF-Mittel: Es ist Skepsis angebracht
Ich habe heute wieder einer Euro-Rettungsaktion zugestimmt. Und ich bin skeptischer als je zuvor, dass wir dieses Mal den Euro durch die Krise bringen. Es ist gerade vier Wochen her, dass der Rettungsschirm aufgestockt wurde. 779 Milliarden Euro für den EFSF (European Financial Stability Facility) – das ist ein gewaltiger Batzen Geld und der sollte eigentlich reichen. Die Hoffnung hielt keine Woche. Kaum war die Aufstockung der Garantien beschlossen wurde munter spekuliert, ob die Mittel auch für eine Pleite Italiens reichen würden – und jedem war klar, dass sie nicht reichen können für ein Land mit 1,9 Billionen Euro Schulden. Jetzt greifen wir als Politik auf Finanztricks zurück, mit denen uns die Banken 2008 schon einmal ins Verderben gestürzt haben. Die Frage ist: Wie lange hält diese Konstruktion?Trotz all dieser Risiken habe ich wieder zugestimmt. Ich habe es nicht getan, weil mich die neue Konstruktion unglaublich begeistert oder weil damit alles gut wird. Ich habe zugestimmt, da ohne die neuen Regeln klar wäre, dass die Euro-Staaten nur „kleinen“ Ländern wie Griechenland in der Not gegen die Spekulation helfen könnten. Ländern wie Italien oder Spanien könnte kaum geholfen werden. Sie müssten sich mit immer höheren Aufschlägen Geld leihen – oder gar keins mehr bekommen und Pleite gehen.
Meine Zustimmung zur neuen Konstruktion des EFSF gründet sich deswegen nur auf die vage Hoffnung, dass es gutgehen könnte. Eine Garantie gibt es nicht. Diese Zustimmung ist verbunden mit der klaren Aufforderung, jetzt endlich die zwei Hauptursachen anzupacken: Wir müssen erstens, einen völlig überdimensionierten und hochspekulativen Finanzmarkt verkleinern und zweitens, die viel zu hohe Verschuldung unserer Staaten zurück fahren. Für das erste Problem gibt es jetzt endlich einen parteiübergreifenden Konsens zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer und eine deutliche Erhöhung des Eigenkapitals der Banken, Beides soll das wilde Spekulieren unattraktiv machen . Das muss die Kanzlerin jetzt endlich europaweit durchsetzen. Was die Verschuldung angeht, müssen wir uns alle an die eigene Nase fassen: Seit Jahrzehnten leben wir über unsere Verhältnisse und bislang traut sich keine Regierung, die Ausgabenspirale auf Pump nach jeder Wahl zu durchbrechen. Es ist jetzt Zeit für politische Ehrlichkeit!
Ein sogenannter „Hebel“ soll die 779 Milliarden – von denen wegen schlechter Bonität der Eurostaaten effektiv nur 440 Milliarden Euro genutzt werden können – auf wundersame Weise vermehren. Braucht ein Euro-Land Geld, soll es jetzt nur zum Teil aus dem EFSF kommen. Den größeren Teil sollen Staatsfonds außereuropäischer Länder oder private Anleger beisteuern. Der EFSF soll damit eine Art Rückversicherung für fremde Staatsfonds und Private sein und die Anleihen der Eurostaaten wieder attraktiver machen. Ob und wie lange dieses Konstrukt funktioniert, ist völlig offen. Zwar garantiert Deutschland auch mit dem „Hebel“ nur für 211 Milliarden Euro. Aber niemand weiß, was geschieht, wenn trotz aller Hebelei ein Land wie Italien Pleite geht. Dann werden auch die 211 Milliarden nicht das Ende vom Lied sein. Vor allem steigt durch die Hebelei jetzt das Risiko, dass unser Haftungskapital auch tatsächlich fällig wird. Denn bei einer Pleite wird als erstes das staatliche Haftungskapital als Versicherung von den privaten Investoren in Anspruch genommen.