Politik & Wirtschaft

Familienfreundlichkeit zahlt sich aus

IHKS-H
Der demografische Wandel mit seinen gravierenden Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erreicht auch die Betriebe in Schleswig-Holstein. Das Potenzial an Erwerbstätigen sinkt, die qualifizierten Fachkräfte werden knapp. Familienfreundliche Betriebe werden die Gewinner im Wettbewerb um die gut ausgebildeten Fachkräfte sein. Aus diesem Grund hat die Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein heute (Donnerstag) gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr in der IHK Flensburg eine Tagung mit dem Titel „Familienfreundliche Betriebe – von Nachbarn lernen“ durchgeführt, an der auch Wirtschaftsminister Dietrich Austermann teilnahm. „Ich möchte die Unternehmen im Lande für eine Unternehmenskultur gewinnen, die sich einer familienfreundlichen Personalpolitik verpflichtet fühlt“, sagte der Minister bei der Veranstaltung in Flensburg, bei der unter anderem vorbildliche Unternehmen aus Schleswig-Holstein und Dänemark vorgestellt wurden. „Betriebliche Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind kein Luxus, den sich nur große Betriebe leisten können“, so der Minister.
„Während in Deutschland gerade mal 59 Prozent der Frauen erwerbstätig sind, arbeiten in Dänemark 72 Prozent der Frauen“, erläuterte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Flensburg, Klaus Markmann. Erstaunlich: Die Geburtenrate im benachbarten Königreich ist trotzdem höher als in Deutschland. „Wenn es uns gelänge, dass sich Frauen für mehr Kinder entscheiden und sich gleichzeitig in den Arbeitsmarkt einbinden ließen, würde sich nicht nur die Altersstruktur der Bevölkerung verbessern, sondern auch die Zahl qualifizierter Fachkräfte erhöhen“, so Markmann. Ohnehin bedeute eine gut ausgebildete Frauengeneration, die wegen der bislang schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht oder nur sehr eingeschränkt und oft deutlich unterhalb der Qualifikation berufstätig sei, volkswirtschaftlich eine Einbuße, „die wir uns nicht leisten können“, sagte auch Minister Austermann.
Der Blick nach Dänemark zeigt, dass sich durch den Ausbau von Kinderbetreuung auch neue Arbeitsfelder erschließen lassen. „Gerade aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit bieten die familiennahen Dienstleistungen in Deutschland eine Chance“, weiß Markmann. Viele Tagesmütter würden in Deutschland in die Schwarzarbeit gedrängt, während es Dänemark ein funktionierendes System gebe: Eltern können aus einem breiten Betreuungsangebot mit hinreichend ausgedehnten Öffnungszeiten wählen. Auch Unternehmen praktizieren hier Vorbildliches, wie Vrøgum A/S aus dem dänischen Oksbøl zeigt: Fitnessraum auch für Familienmitglieder, Werksbesichtigungen für Kindergärten und Schulklassen, Telearbeitsplätze im Privathaus. Auch in Schleswig-Holstein gibt es aber schon „Vorreiter“ wie die Wulff Textil Service GmbH aus Kiel.
IHK Schleswig-Holstein und Landesregierung hoffen nun, dass die publik gemachten besonders familienfreundlichen Betriebe viele Nachahmer finden. Der betriebswirtschaftliche Nutzen liegt auf der Hand: „Die Unternehmen steigern ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt und Mitarbeiter kommen früher aus der Elternzeit zurück, womit das Unternehmen Kosten für die Personalsuche und -schulung senkt“, sagte Klaus Markmann und Minister Austermann ergänzte: „Je besser die Mitarbeiter motiviert sind, desto besser fällt das Betriebsergebnis aus. Das führt zu einer hohen Kundenzufriedenheit und damit zu Wettbewerbsvorteilen.“
Wirtschaftsminister Austermann möchte die Wirtschaft bei ihren Bemühungen zur Familienfreundlichkeit unterstützen und hat daher einen Wirtschaftspreis ins Leben gerufen. Dieser ist mit 20.000 Euro dotiert. Teilnehmen können alle Unternehmen. Das Besondere: Die Mitarbeiter schlagen ihre Arbeitgeber für den Preis vor. Weitere Infos: www.wirtschaftsministerium.schleswig-holstein.de.