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Politik & Wirtschaft

Finanzpolitik: Tobias Koch zu TOP 6: Mit der Festscheibung der Schuldenbremse sichern wir die Zukunft unserer Kinder

Im Juli letzten Jahres war der Finanzausschuss zu politischen Gesprächen in Frankfurt am Main und Wiesbaden. Der hessische Finanzminister Karlheinz Weimar warnte damals eindringlich davor, dass die öffentliche Hand aufgrund des dramatischen Anstiegs der Staatsverschuldung keine Kredite am Markt mehr erhalten würde. Demgegenüber vertrat die Bundesbank die Auffassung, dass mit der beschlossenen Schuldenbremse im Grundgesetz das erforderliche Signal an die Märkte ausgesandt worden sei, um diese Gefahr zu bannen. Allerdings bedürfe es nunmehr auch deren Umsetzung.Die Folgen eines Staatsbankrotts werden uns in diesen Tagen vom EU-Mitglied Griechenland drastisch vor Augen geführt. Die wütenden Proteste der griechischen Bevölkerung zeigen, wer die Leidtragenden einer solchen Pleite sind: Es sind die Bürgerinnen und Bürger, es sind die öffentlich Beschäftigen, die Rentner, die Steuerzahler und Sozialleistungsempfänger, die diese Folgen zu tragen haben.
In der Griechenlandkrise kann Deutschland jetzt noch seine Bonität und seinen guten Ruf in die Waagschale werfen, um Griechenland zu helfen. Dank der Kreditzusagen von EU und IWF bleibt Griechenland von der Zahlungsunfähigkeit verschont, deren Folgen noch weit gravierender wären, als es die jetzt verordnete bittere Medizin aus Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen ist.
Wer aber bitteschön soll uns denn helfen, wenn wir in eine vergleichbare Lage geraten sollten? Wir können realistisch nicht auf Hilfe von Außen hoffen, sondern wir müssen aus eigener Kraft rechtzeitig das Ruder herumreißen. Zu einer Sanierung der Staatsfinanzen und einer Einhaltung der Schuldenbremse gibt es aus diesem Grund keine Alternative. Beides ist für uns von existenzieller Bedeutung.

Für mich als vergleichsweise jungen Abgeordneten und Vater zweier kleiner Kinder ist deshalb heute ein wirklich besonderer Tag. Mit der Festschreibung der Schuldenbremse in der Landesverfassung sichern wir unsere Zukunft und die unserer Kinder. Ich räume gerne ein, dass es mich mit einem gewissen Maß an Stolz erfüllt, hieran persönlich mitgewirkt zu haben. Mein Dank gilt allen Fraktionen und allen Abgeordneten, die mit ihren Stimmen diese Verfassungsänderung heute möglich machen. Insbesondere möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der finanzpolitischen Sprecher für die wirklich konstruktiven und zielorientierten Verhandlungen bedanken sowie beim wissenschaftlichen Dienst für seine fundierte und zügige juristische Beratung.

Das jetzt vorliegende Ergebnis schließt eine Aufnahme von Krediten grundsätzlich aus.
Konjunkturelle Entwicklungen sind symmetrisch zu berücksichtigen, d.h. Kreditaufnahmen zum Ausgleich eines wirtschaftlichen Abschwungs müssen in Zeiten des Aufschwungs verbindlich wieder getilgt werden. Ansonsten sind Kreditaufnahmen nur zum Ausgleich von Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen zulässig. Das Kernstück des ursprünglichen Gesetzentwurfes von CDU und FDP, nämlich der neue Artikel 53, bleibt damit nahezu unverändert bestehen. Mit der Vorgabe einer Zweidrittel-Mehrheit für die Beschlussfassung über Naturkatastrophen und Notsituationen wird die Messlatte sogar noch etwas höher gelegt.

Die neu formulierte Übergangsbestimmung in Artikel 59a knüpft die bis zum Jahr 2019 noch zulässige Kreditaufnahme strikt an die Einhaltung des Abbaupfades zum Ausgleich des strukturellen Defizits. Legt man für das Jahr 2010 ein strukturelles Defizit von 1,25 Mrd. Euro zugrunde, so muss die zum Ausgleich notwendige Kreditaufnahme jährlich um 125 Mio. Euro sinken, um der Verfassungsvorgabe Genüge zu tun. Eine Änderung dieser Bestimmung ist zukünftig ebenfalls nur mit Zweidrittel-Mehrheit möglich. Gegenüber dem bisherigen Gesetzentwurf ist das eine klare Präzisierung. Durch deren Einhaltung wird zugleich die Konsolidierungshilfe von jährlich 80 Mio. Euro durch Bund und Länder sichergestellt.

Durch Absatz 3 des Artikel 59a sowie durch die begleitende Resolution bringen wir die Bedeutung der Bundesgesetzgebung für das Einhalten der Schuldenbremse zum Ausdruck. Der Bund darf uns durch seine Gesetzgebung nicht die Geschäftsgrundlage für die Einhaltung der Schuldenbremse entziehen.
Nach meiner festen Überzeugung ist
Schleswig-Holstein vielmehr darauf angewiesen, dass in den nächsten Jahren strukturelle Veränderungen in der Steuergesetzgebung vorgenommen werden. Außerdem müssen wir zu einer Flexibilisierung in der Anwendung von Bundesgesetzen gelangen, so dass wir diese besser auf die individuellen Gegebenheiten unseres Bundeslandes anpassen können. Mit der Ergänzung des Artikels 49 der Landesverfassung stellen wir außerdem klar, dass die Einhaltung der Schuldenbremse nicht einseitig zu Lasten der Kommunen gehen darf. Im Sinne einer Verteilungssymmetrie wird das Land vielmehr im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen gewährleisten.

Zu guter Letzt haben wir auch die Anregungen des Landesrechnungshofes, auf die uns der Präsident in der vergangenen Sitzung des Finanzausschusses hingewiesen hat,  in einem weiteren Änderungsantrag für die heutige Sitzung berücksichtigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Verfassungsänderung von einer derartig breiten Mehrheit des Hauses getragen wird, hätte kaum einer für möglich gehalten. Diese Zustimmung ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung, die wir für unser Land tragen. Im Übrigen sind auch diejenigen Abgeordneten, die heute ihre Zustimmung verweigern, zukünftig an die Vorgaben der Verfassung gebunden.
Mit der heutigen Abstimmung ist die Frage ob es zu einer konsequenten Haushaltskonsolidierung kommt, endgültig entschieden.

„Die Einhaltung der Schuldenbremse erfordert Einsparungen in relevanter Größenordnung im Landeshaushalt“, so haben wir es in unserer gemeinsamen Resolution formuliert. Auch wenn es dabei sicherlich unterschiedliche Auffassungen über erforderliche strukturelle Veränderungen und einzelne Maßnahmen geben wird, mit der bloßen Ablehnung von Einsparvorschlägen allein ist es zukünftig nicht mehr getan. Alle Fraktionen sind vielmehr aufgefordert, genauso konstruktiv und zielorientiert an der Umsetzung der Schuldenbremse mitzuwirken, wie sie es bei der Formulierung der heutigen Verfassungsänderung getan haben. Erst daran wird sich wirklich zeigen, ob alle Fraktionen auch zu ihrer Verantwortung stehen und die gemeinsam beschlossene Verfassungsänderung ernst nehmen.

Ich bin mir sicher: Die vor uns liegenden Wochen mit der Diskussion über das Konzept der Landesregierung zur Einhaltung der Schuldenbremse sowie den konkreten Vorschlägen für den Doppelhaushalt 2011/2012 bieten hierfür ausreichend Anlass. Ich sehe diesen Diskussionen im Lichte der heutigen Beschlussfassung deshalb mit Spannung entgegen.