Frauen in Lübeck: Mehr Frauen in Teilzeit und „atypischer“ Beschäftigung – aber auch mehr in akademischen Berufen und Führung
Frauen in Lübeck: Mehr Frauen in Teilzeit und „atypischer“ Beschäftigung – aber auch mehr in akademischen Berufen und Führung – Der Bericht „Frauen in Lübeck“ analysiert alle vier Jahre im Auftrag der Bürgerschaft die Situation von Frauen in Lübeck. Der erste Teil wurde im Frühjahr 2015 vorgelegt. Nun ist der zweite Teil erschienen, der die Lage von Frauen auf dem Arbeitsmarkt analysiert.
„Wir sehen positive Tendenzen, aber nach wie vor auch einen großen Handlungsbedarf“, so Elke Sasse, Gleichstellungsbeauftragte der Hansestadt Lübeck. „Immer mehr Frauen in Lübeck arbeiten sozialversicherungspflichtig und tragen damit zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und der Steuereinnahmen in Lübeck bei. Nach wie vor sind Frauen jedoch wesentlich häufiger als Männer in prekären und sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Teilzeit (80% Frauen) oder Minijobs (60-70% Frauen) zu finden“, so Sasse.
„Positiv ist auch, dass der Anteil der Frauen in akademischen Berufen (48%) und in Führungspositionen (29%) langsam zunimmt und die Zahl selbständiger Frauen zumindest gleich bleibt“, ergänzt Petra Schmittner, Mitarbeiterin im Frauenbüro und Verfasserin des Berichts. „Ein Verdienstunterschied von Frauen und Männern von im Schnitt 730 Euro oder 32% pro Monat, nur ein Drittel Frauen unter den Selbständigen und nur rund 10% Professorinnen an den Hochschulen in Lübeck zeigen jedoch, dass der gesetzliche Auftrag der Gleichberechtigung von Frau und Mann noch nicht erreicht ist.“
„Gute Bildung und eine bessere Qualifikation der Frauen führt leider nicht automatisch dazu, dass Frauen angemessen verdienen, gleichberechtigt in Führungspositionen kommen oder als Unternehmerinnen tätig sein können“, so Elke Sasse.
Der Bericht gibt eine ganze Reihe von Anregungen für lokale Handlungsempfehlungen und er stellt Unternehmen vor, die sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie einsetzen. „Wir halten z.B. noch mehr Austausch und Kooperationen von Unternehmen zum Thema ‚Familienfreundlichkeit’ für wesentlich“, so Elke Sasse.
„Für die jüngere Generation ist das Thema der Vereinbarkeit noch wichtiger als früher“, ergänzt Petra Schmittner und ist sich sicher: „Bei zunehmendem Fachkräftemangel verschaffen sich familienfreundlichen Unternehmen durch entsprechende Angebote einen Wettbewerbsvorteil.“
Am 24. November liegt der Bericht dem Hauptausschuss vor, am 26. November 2015 der Bürgerschaft. Am Samstag, den 28. November 2015 zwischen 15-18 Uhr stellt Petra Schmittner Auszüge des Berichts im Lübecker Rathaus, Breite Str. 61, Lübeck (Mittelsaal) vor. Interessierte BürgerInnen sind eingeladen gemeinsam zu diskutieren, was in Lübeck nötig ist, um die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verbessern.
Eine Anmeldung ist nicht nötig, aber möglich. Bedarfe zur Kinderbetreuung sollten bis zum 19.11.2015 angemeldet werden unter frauenbuero@luebeck.de oder Tel: 122-1615.
Der Bericht „Frauen in Lübeck 2014“ (Teil I und II) kann abgerufen werden unter www.frauenbuero.luebeck.de (Veröffentlichungen, Fachpublikationen).
Bericht „Frauen in Lübeck 2014. Daten und Fakten, Teil II: Erwerbstätigkeit von Frauen (und Männern)
Auszug aus den Handlungsempfehlungen für die lokale Ebene:
1. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf & Familie beitragen könnten
– der weitere Ausbau der Ganztagskinderbetreuung
– ein kontinuierlicher überbetrieblicher Austausch zu „guten Beispielen“ im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
– überbetriebliche Kooperationen von Betrieben zur Unterstützung von Beschäftigten mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen
– ein Preis für das familienfreundlichste Unternehmen in Lübeck
2. Reduzierung der Entgeltungleichheit
– die Erweiterung des Berufswahlspektrums von Frauen. Ziel muss sein, ihre berufliche Fixierung auf wenige (und schlecht bezahlte) Berufe zu durchbrechen. In bestehende Info-Tage des Handwerks, Berufsorientierungs- und Ganztags-Angebote an Schulen, aber auch an Berufs- und Hochschulen sollten spezielle Angebote für Mädchen bzw. „Gender“-Aspekte integriert werden.
– erwerbslose Frauen müssen vom Jobcenter verstärkt in existenzsichernde Arbeit vermittelt werden
– die Umwandlung von Minijobs und der Wechsel von Teil- in Vollzeit kann von Seiten der ArbeitgeberInnen unterstützt werden, z.B. durch interne Stellen- bzw. Aufstockungsangebote, oder mit Angeboten zur familiären Entlastung
– notwendig ist die (weitere) Förderung der Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch das Jobcenter.
3. Arbeitsmarktpolitik
– Angebote der Qualifizierung für erwerbslose Frauen ohne Berufsabschluss
– Spezielle Angebote für langzeitarbeitslose Frauen, Alleinerziehende, WiedereinsteigerInnen und Migrantinnen fortführen bzw. ausweiten
– arbeitgebernahe Maßnahmen: sollten Frauen von Agentur für Arbeit und Jobcenter häufiger angeboten werden
– Agentur für Arbeit: Zielförderquote für Frauen erfüllen
4. Gewerbebetriebe und öffentliche Aufträge
– bei Ansiedlung von Betrieben: städtische Förderung der Betriebe, die existenzsichernde Beschäftigung und familienfreundliche Personalpolitik anbieten
– Planung von Gewerbegebieten: Kinderbetreuungsangebote vor Ort, möglichst gemeinsam mit den anzusiedelnden Betrieben, integriert planen
5. Frauen in Führung und selbständige Frauen
– Lübecker „Preis für Chancengleichheit“
– die Anstrengungen der Investitionsbank Schleswig-Holstein, der Kammern, Banken, der lokalen Wirtschaftsförderung und anderen AkteurInnen, mehr selbständige Frauen zu erreichen und zu unterstützen, müssen fortgesetzt und ausgeweitet werden – finanzielle Fördermaßnahmen müssen auf ihre Wirksamkeit und Erreichbarkeit für Frauen überprüft und ggf. nachgesteuert werden