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Menschlich gesehen

Freundschaft schützt vor Depression – Psychiater ortet Defizite in der Sozialisation

Depression: Wenn negative Gefühle das Leben bestimmen (Foto: Paul-Georg Meister/pixelio.de)Wien (pte/27.07.2010/06:00) –

Freundschaften und enge soziale Kontakte schützen vor Depressionen. Zu diesem Schluss kommt der Peter Fischer, Leiter der Psychiatrischen Abteilung am Wiener SMZ Ost – Donauspital http://www.wienkav.at/kav/dsp. Depressionen in verschiedenen Stärken nehmen in der industrialisierten Welt stark zu. „Interessanterweise ist das Land mit der geringsten Depressionsrate das arme Bangladesch. Dort spielen soziale Kontakte in der Großfamilie eine wichtigere Rolle. Und das wirkt sich offensichtlich positiv aus“, so der Experte.

Entscheidend seien nicht nur Freunde, sondern der gesamte Freundeskreis, der unterstützend wirkt. „Die Frage lautet daher: Wie viel Stunden am Tag spreche ich mit anderen Menschen? Eigentlich sollten Soziologen in der Frage mitforschen, warum und wie Depressionen zu einer Volkskrankheit geworden sind“, meint Fischer.

Viele Ursachen für Depressionen

Für Depressionen gibt es genetische Dispositionen, doch auch psychische Altlasten aus der Kindheit spielen eine Rolle. „Jeder kann Depressionen bekommen“, so Fischer. Ein wichtiger Auslöser ist chronische Stressbelastung. „Das Burnout-Syndrom ist als eine Sonderform der Depression ein gutes Beispiel. Dabei kommt es nicht notwendigerweise auf die Menge an Arbeit an, sondern auf die Belastung. Man fühlt sich als Einzelkämpfer, der sich durch immer mehr Verantwortung Respekt verschaffen muss.“ Das Problem kann bereits im Schulalter auftreten.

In der heutigen Zeit wird der Terminus „Burnout“ jedoch inflationär verwendet und die Gesellschaft bringt daran Leidenden sogar Anerkennung entgegen. Hingegen ist die Diagnose „Depression“ immer noch stark stigmatisiert. „Unsere Kultur sieht es offensichtlich als nicht wichtig an, wie wir mit uns selbst umgehen“, meint der Psychiater. Viele Depressionen haben ihre Ursachen im Beziehungsleben. Das Defizit an sozialen Beziehungen ist ein wesentlicher Negativfaktor und Verstärker.

Verschiedene Berufsgruppen begleiten Depressive

Um die immer größere Zahl an Depressiven medizinisch zu versorgen, arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen. Die Palette der Behandlung reicht von der Gesprächspsychotherapie zur psychiatrischen Behandlung. In schweren Fällen ist sogar stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig. Der Mediziner rät dazu, jedenfalls einen Experten aufzusuchen, wenn man sich seelisch für eine gewisse Zeit nicht wohlfühlt. „Wir müssen endlich begreifen, dass zum Gesundsein auch das psychische Wohlfühlen dazugehört“, erklärt Fischer abschließend.

Am Freitag, den 3. September findet in Wien der Tag der Seelischen Gesundheit statt. Die Veranstaltung soll Transparenz schaffen und einen offenen, modernen Umgang mit Krankheiten fördern, von denen viele Menschen betroffen sind. Fischer referiert bei dieser Veranstaltung über Burnout.