Das interaktive Online-Magazin seit 1999

Aktuelle Nachrichten, lokale Themen aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik, Wirtschaft, Rezensionen und Veranstaltungen

Veranstaltungen

Geschichtswerkstatt präsentiert Ausstellung über B. Traven

Museen_Logo
Das Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk im Lübecker Stadtteil Kücknitz, Ortsteil Herrenwyk, zeigt bis zum 14. Oktober 2007 die vor wenigen Tagen eröffnete Sonderausstellung „Ziegelbrenner – Totenschiff – Die Troza. B. Traven, der geheimnisumwitterte Schriftsteller“.Damit widmet es sich einer der rätselhaftesten Persönlichkeit der jüngeren deutschen Literaturgeschichte.

B. Traven hat sich praktisch während seines gesamten Lebens bemüht, seine wahre Identität zu verschleiern. Sein Geburtsjahr und sein Geburtsort sind nach wie vor unbekannt. 1907 wurde ein Ret Marut als Schauspieler am Stadttheater Essen engagiert. Unter der Mitgliedsnummer 8288 wurde er in die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger aufgenommen. Bis 1915 war er an verschiedenen Bühnen engagiert, zuletzt für drei Spielzeiten am Düsseldorfer Schauspielhaus, wo er als Mitarbeiter an der Theaterzeitung „Masken“ journalistische Erfahrungen sammeln konnte.

Im November 1915 zog Marut nach München, wo er sich als „Amerikaner und stud. phil.“ anmeldete. Dort gab er ab 1917 in unregelmäßigen Abständen die anarchistische Zeitschrift „Der Ziegelbrenner“ heraus.
Nach Ausrufung der Bayerischen Republik am 7. November 1918 veröffentlichte er die Flugschrift „Die Weltrevolution beginnt“. Nach der Ermordung des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner am 21. Februar 1919 und der Ausrufung der Münchner Räterepublik am 7. April 1919 wurde Marut Leiter der Presseabteilung und damit der oberste Zensor. Am 1. Mai wurde die Räterepublik von weißgardistischen Truppen zerschlagen, Marut wurde mit anderen verhaftet, konnte aber fliehen. Bis Sommer 1923 versteckte er sich an verschiedenen Orten Deutschlands, vor allem im französisch besetzten Rheinland.

Im August 1923 tauchte Marut in London auf, wo er vom 1. November bis zum 15. Februar 1924 wegen Missachtung der Meldepflicht für Ausländer inhaftiert war. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis setzte er sich aus Europa ab und landete in Mexiko.
1925 wurde in der SPD-Zeitung „Vorwärts“ der Roman „Die Baumwollpflücker“ unter dem Namen B. Traven in 22 Fortsetzungen veröffentlicht. Die 1924 gegründete „Büchergilde Gutenberg“ wurde auf ihn aufmerksam und veröffentlichte 1926 seine beiden Romane „Das Totenschiff“ und „Die Baumwollpflücker“. Die Büchergilde wurde Travens Hausverlag.

Traven nahm Ende der 20er Jahre mehrmals unter dem Namen Traven Torsvan an Expeditionen durch den mexikanischen Dschungel teil. Als amerikanischer Staatsbürger dieses Namens erhielt er im September 1930 eine mexikanische Ausländerkarte und ließ sich in Acapulco nieder.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde die Büchergilde in Deutschland verboten und verlegte ihren Sitz nach Zürich. Bis 1939 veröffentlichte Traven auch weiterhin dort. Dann trennte er sich offiziell von seinem Verlag, der sechste und letzte Band des „Caoba-Zyklus“, der die Arbeitsbedingungen der Indios auf den großen Mahagoniplantagen in Mexiko zum Thema hat, erschien zunächst in Stockholm auf schwedisch und dann 1940 in einem deutschsprachigen Exilverlag in Amsterdam.

Travens Roman „Der Schatz der Sierra Madre“ wurde 1947 in Hollywood mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle von John Huston verfilmt. Der Film erhielt zwei Oscars. Traven überwachte unter dem Namen Hal Croves die Dreharbeiten. 1951 wurde Traven Torsvan in Mexiko eingebürgert. 1957 heiratete er unter dem Namen Hal Croves die Mexikanerin Rosa Elena Lujan. Das Paar ließ sich in Mexico-City nieder. Die schwedische Zeitung „Aftonbladet“ setzte sich 1967 für die Verleihung des Literaturnobelpreises an Traven ein.

Am 26. März 1969 starb Traven Torsvan Croves in Mexico-City. Zwei Tage später bestätigte seine Witwe die Identität Torsvans mit Ret Marut.
Mit den zunehmenden literarischen Erfolgen hatte es immer häufiger Recherchen zur Person des Schriftstellers gegeben. Erste Gerüchte über eine Identität mit Ret Marut wurden von ihm energisch zurückgewiesen. 1966 erschien in der DDR eine erste Biographie über Traven von Rolf Recknagel. Die neueste Dissertation von Hans Rudolf Brenne wurde 2006 unter dem Titel „Revolution und Abenteuer“ veröffentlicht.

Auch die Presse setzte sich auf die Spur des Schriftstellers. Besonders hartnäckig war der Stern-Reporter Gerd Heidemann, der 1983 mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern weltberühmt wurde. 1966 traf er sich als angeblicher Archäologe sogar mit dem Schriftsteller und veröffentlichte einen Aufsehen erregenden Artikel, in dem er Traven unter anderem als unehelichen Sohn des deutschen Kaisers Wilhelm II. darstellte, eine Behauptung, die sich durch nichts belegen lässt.

Mittlerweile öffnet die Familie das Traven-Archiv für ausgewählte Forscher. Auch Wolf-Dietrich Schramm, der Macher der Ausstellung im Industriemuseum, hatte die Möglichkeit, dort zu forschen. Er besitzt eine große Sammlung von Travens Büchern und Dokumenten und verwaltet das Archiv der Internationalen B. Traven Gesellschaft. Die Ausstellung zeigt mit Bild-Text-Tafeln, Originalen und vielen Büchern, darunter alle Erstausgaben der Traven-Romane und die Ausgaben des „Ziegelbrenners“, das bewegte Leben des geheimnisvollen Schriftstellers.

Öffentliche Führungen: Im Rahmen des Internationalen Museumstags am Sonntag, 20. Mai, 11.30 Uhr, kostenlos.

Im Rahmen des „Museumsabends bis 22 Uhr“ am Donnerstag, 28. Juni, 19 Uhr, Museumseintritt ohne zusätzliche Kosten.

Weitere Führungen finden jeweils sonntags am 10. Juni, 8. Juli, 16. September und am 14. Oktober, jeweils um 11.30 Uhr, sowie am Sonnabend, 25. August (Museumsnacht) um 16 Uhr statt.

Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk, Kokerstraße 1 – 3, ist freitags von 14 bis 17 Uhr, sonnabends und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 2,50, ermäßigt 1 Euro. Anfragen für Führungen werden unter Museumshotline 01805 – 92 92 00 oder per E-Mail an geschichtswerkstatt@luebeck.de entgegen genommen.