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Politik & Wirtschaft

Humira bekommt Konkurrenz – Schonzeit abgelaufen?

Berlin (ots) – Nach mehr als 15 Jahren Marktexklusivität, etwa siebzig Patenten und zahlreichen Zulassungserweiterungen mit Verlängerungen der Schutzfristen bekommt das Arzneimittel Humira (Adalimumab) im Herbst 2018 zum ersten Mal Konkurrenz. Der stark entzündungshemmend wirkende Antikörper wird unter anderem bei rheumatischen Erkrankungen angewendet. Er belegt in Deutschland seit 10 Jahren den ersten Rang beim Arzneimittelumsatz. Der Hersteller AbbVie hat damit bis 2017 insgesamt 8,1 Milliarden Euro allein im deutschen GKV-Fertigarzneimittelmarkt umgesetzt. Auch dank dieses Blockbusters belegt das Unternehmen 2017 Platz fünf der profitabelsten Pharmafirmen Deutschlands. Doch der Preiswettbewerb bei patentfreien biologischen Arzneimitteln ist nur sehr gering entwickelt, zugleich steigen die Verordnungsmengen überdurchschnittlich an. Der stellvertretende Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), Helmut Schröder, dazu: „Die Schonfrist für die Cashcow Humira ist zwar abgelaufen, doch es steht zu befürchten, dass sich die Behandlungskosten von Rheumapatienten nicht reduzieren werden.“ Nachdem in den letzten Jahren bereits bei einigen hochpreisigen biologischen Arzneimitteln (Biologika) die Schutzfristen abgelaufen sind und Biosimilars (Zweitanbieter von biologischen Arzneimitteln) den Markt betreten haben, wird es in diesem Jahr besonders spannend: Im Oktober 2018 wird es die ersten Biosimilars des deutschland- und weltweit umsatzstärksten Biologikums Humira geben. 2017 erreichte Humira einen weltweiten Umsatz von rund 16 Milliarden Euro, allein in Deutschland lag der Umsatz für die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im selben Jahr bei gut 1 Milliarde Euro. Laut Ernst & Young erlangte AbbVie 2017 mit einer EBIT-Marge von 37,7 Prozent den fünften Platz unter den profitabelsten Unternehmen der ohnehin schon gut verdienenden Pharmabranche (Durchschnittliche EBIT-Marge: 26,5 Prozent). Mengenausweitungen und geringer Preiswettbewerb dämpfen Einsparungen Nach einer Einschätzung des WIdO werden die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen trotz des einsetzenden Wettbewerbs wahrscheinlich nicht sinken. Grund dafür ist, dass die Preise der Biosimilars üblicherweise nur geringfügig unter denen der Originalanbieter liegen. Dabei verursachen Biosimilars im Schnitt nur ein Viertel der Forschungs- und Entwicklungskosten ihrer Referenzprodukte. Schröder erklärt: „Dabei ist der Markteintritt der Biosimilars zu Humira durch Lizenzvereinbarungen und entsprechende Lizenzzahlungen der Hersteller an AbbVie ‚erkauft‘ worden. Dieser höhere Kostendruck könnte noch geringere Preisabschläge zur Folge haben.“ Außerdem geht ein Patentablauf oft mit einer Verordnungsausweitung einher. Das zeigen die Erfahrungen mit den Biosimilar-Wirkstoffen Infliximab und Etanercept, die in vergleichbaren Indikationen eingesetzt werden wie Humira. Bei Infliximab lag das Wachstum in den letzten beiden Jahren mit Marktexklusivität bei 22 Prozent, in den ersten beiden Jahren danach waren es 48 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei Etanercept: Hier wuchsen die Verordnungen um 19 Prozent in den ersten beiden Jahren des Wettbewerbs, während das Wachstum vorher bei lediglich 4 Prozent lag. Die Verordnungen von Adalimumab sind in den letzten beiden Jahren um 11 Prozent gestiegen. Adalimumab in der Rheumatherapie Humira mit dem Wirkstoff Adalimumab ist ein Biologikum gegen schwere entzündliche Erkrankungen, das hauptsächlich bei Rheumatoider Arthritis eingesetzt wird. Diese Autoimmunerkrankung ist die häufigste Form der chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen. Gemäß Deutscher Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) sind in Deutschland rund 550.000 Erwachsene davon betroffen. Frühzeitigere Diagnose und Therapiebeginn haben die Versorgung der Rheumapatienten in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Gemäß Europäischer Leitlinie (EULAR) ist der krankheitsmodifizierende Wirkstoff Methotrexat Mittel der Wahl. Bei Therapieversagen konnten durch die Einführung von spezifisch entzündungshemmenden Biologika, wie Infliximab (Remicade, Markteinführung 1999), Etanercept (Enbrel, Markteinführung 2000) und Adalimumab (Humira, Markteinführung 2003) auch schwere Verläufe der Rheumatoiden Arthritis kontrollierbar werden. Für die Redaktionen: Mit dem freizugänglichen PharMaAnalyst (http://arzneimittel.wido.de/PharMaAnalyst/) des WIdO können eigene Analysen zu Verordnungshäufigkeit und Umsätzen der relevantesten Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen der Jahre 2016 und 2017 durchgeführt werden. Graphiken zu dieser Pressemitteilung finden Sie auf www.wido.de. Ihre Ansprechpartnerin in der Pressestelle: Christine Göpner-Reinecke Telefon: 030 / 34646-2298 Mobil: 01520 / 1563126 E-Mail: presse@wido.bv.aok.de Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell

Quelle: presseportal.de