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Menschlich gesehen

Im „Geschichtserlebnisraum“ Roter Hahn donnert die Erde

Lokales
Wenn Isabelle und Ulme über ihre neue Waldweide im Geschichtserlebnisraum in Lübeck-Kücknitz traben, donnert die Erde. Es sind zwei Pferdedamen, die mit ihrem Gewicht offensichtlich nicht unzufrieden sind.Immerhin bringen sie jeweils rund 800 Kilo auf die Waage. Neben den beiden Schleswiger Kaltblutpferden der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein sind seit einigen Tagen auch zwei Parkrindbullen aus der Arche Warder, dem Zentrum für seltene Nutztierrassen, auf den Bauspielplatz Roter Hahn e. V. gezogen.
Beide Einrichtungen leihen ihre wertvollen und vom Aussterben bedrohten Nutzrassetiere an den Lübecker Verein dauerhaft aus. Die Stuten sollen hier in Zukunft auch Nachwuchs bekommen, denn mit nur knapp 300 Tieren weltweit, ist das Überleben der Pferderasse stark gefährdet. Im Rahmen des 2005 begonnenen Baus einer frühmittelalterlichen Klosteranlage werden die Tiere für das entsprechende Bild einer kulturhistorischen Landschaft sorgen. Rund zehn Hektar groß soll die historische belegte und aus heutiger Naturschutzsicht interessante Form der Waldweide werden. Das Gelände stellt die Friedrich Schütt + Sohn Baugesellschaft mbH & Co. KG gegen eine symbolische Jahrespacht von einem Euro pro Hektar zur Verfügung. Die Herrichtung mit Zäunen, Tränken und Weidetoren fördert die Stiftung mit rund 15 000 Euro.

„Dieses Geld ist gut angelegt“, ist sich Konrad Nabel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Naturschutz sicher, denn die Weide bringe nicht nur ein Stück geschützte Natur mitten in die Stadt, sondern werte das Gelände im Bezug auf Naturschutz und naturnahe Landschaftsgestaltung enorm auf. Nabel betonte zudem den sozial-pädagogischen Wert des Projektes. „Neben dem therapeutischen Reiten sollen Schulverweigerer und straffällig gewordene Jugendliche mit den Pferden im Forst das Holzrücken lernen“, sagte er. Diese den Boden und den Wald schonende Arbeitsweise spiele gerade im mit Ökosiegel ausgezeichneten Lübecker Stadtforst eine große Rolle.

„Die Hansestadt Lübeck ist heute um ein gutes Stück reicher geworden“, freute sich Umweltsenator Thorsten Geißler bei der feierlichen Begrüßung der neuen Vorzeigetiere. Bei dem Bauspielplatz in Kücknitz handele es sich um eine
„vorbildliche Initiative, die man geradezu unterstützen muss!“ Der bereits begonnene Aufbau einer mittelalterlichen Klosteranlage sei schon deshalb ein „wunderbares Projekt“, weil es „uns an unsere geschichtlichen Wurzeln heranführt.“

Hintergrund: Rund 60 000 Tiere sind seit Eröffnung 1999 auf dem Bauspielplatz zu Hause. Ziegen, Schafe, Pferde, Kaninchen, Meerschweinchen und Geflügel zählen insgesamt fast 20 Köpfe, die Bienenvölker machen die Tierzahl komplett. „Kinder und Jugendliche stärken durch den Umgang mit den Tieren ihr Selbstvertrauen, lernen Verantwortungsbewusstsein und machen auf dem Bauspielplatz elementare Naturerfahrungen“, beschreibt Pädagoge Jörn Puhle den Ansatz seiner Arbeit auf dem Bauspielplatz, der mitten in einem sozialen Brennpunkt Lübecks liegt. Schulen aus ganz Lübeck und Umgebung nutzen den Platz schon als grünes Klassenzimmer. Die Verankerung im Stadtteil ist mindestens genauso wichtig. Jeder kann Isabelle und Ulme beim monatlichen offenen Treff für Jung und Alt im Café Hahn einen Besuch abstatten.