Indonesien: Christlicher Gouverneur weist Kritik zurück
Gerichtsverfahren stellt indonesischen Pluralismus auf die Probe
Indonesien: Christlicher Gouverneur weist Kritik zurück – Der indonesische Gouverneur Jakartas, Basuki Tjahaja Purnama, genannt „Ahok“, sagte am 4. April, dass er seit seiner Wahl 2005 Opfer mehrerer rassistischer und religiöser Angriffe geworden sei. Diese Aussage traf Indonesiens einziger christlicher Gouverneur am letzten Tag der Zeugenanhörung vor Gericht in der gegen ihn geführten Blasphemie-Verhandlung.
Bild: Islamistische Hardliner demonstrieren gegen den christlichen Gouverneur von Jakarta. Text auf dem Plakat: „Wir Bauern fordern die Gefangennahme von Ahok, dem Religionsverhöhner“
Blasphemie-Verfahren im Wahlkampf
Dem Prozess vorausgegangen waren großangelegte Demonstrationen gegen Ahok, bei denen seine Amtsenthebung gefordert wurde. Die Proteste entzündeten sich an einer breit publizierten Rede des Gouverneurs, in der er behauptete, dass der Vers Al Maidah 51 aus dem Koran nicht bedeute, dass Muslime keine Christen wählen dürften. Den Vers, in dem geschrieben steht, dass Muslime „keine Juden oder Christen als Bundesgenossen nehmen sollten“, nutzten seine politischen Gegner, um seinen Wahlkampf zu erschweren.
Von unlauterem Vorgehen spricht sogar Yahya Cholil Staquf, Generalsekretär der Nahdlatul Ulama (NU), der größten islamischen Organisation Indonesiens. „Ich glaube, dass Ahok unschuldig ist und die Vorwürfe gegen ihn nur erhoben wurden, um die Wahl zu manipulieren“, so Staquf. Der Vers sei von Mr. Shihab absichtlich falsch interpretiert worden, um Purnama abzusetzen.
Möglicher Verlust des Amtes
Trotz des Widerstands und der Kritik vonseiten des islamischen Geistlichen Rizieq Shihab, der Purnama vorgeworfen hat, den Islam beleidigt zu haben, ging Purnama aus der ersten Wahlrunde mit 42 Prozent der Stimmen als Sieger hervor. Da er jedoch den erforderlichen Schwellenwert von 50 Prozent plus einer Stimme nicht erreichte, wird es einen zweiten Wahlgang am 19. April geben. Auch wenn Ahok die zweite Runde gewinnen würde, könnte er im Fall einer Verurteilung sein Amt verlieren.
Bedrängter Gouverneur zuversichtlich: „Jesus hat mich beschützt“
Dieses Szenario bringt viele indonesische Bürger zum Nachdenken. Könnte dies das wahre Gesicht Indonesiens sein? Ist das größte muslimische Land der Welt noch tolerant? Demokratisch? Oder ist Indonesien ein fundamentalistisches Land geworden, dessen Gesetze sich dem Islam anpassen müssen und dessen Minderheiten sich den Rechten ihrer muslimischen Mitbürger unterordnen müssen?
Laut einer nationalen Umfrage ist der Gouverneur sehr beliebt. Während seiner Amtszeit hat Ahok sich stark für Sozialdienstleistungen und gegen Korruption eingesetzt. Bevor der Vorwurf der Blasphemie gegen ihn erhoben wurde, waren über 80 Prozent der Befragten mit der Ausübung seines Amtes zufrieden. Seitdem ist sein Beliebtheitsgrad zwischen 20 und 40 Prozent gesunken.
Am Anfang des Gerichtsverfahrens in Dezember erschien Ahok bestürzt und enttäuscht. Nun aber scheint der Gouverneur optimistischer zu sein und sagt, dass sein Verfahren Indonesien vor ein paar entscheidende Fragen stelle. „Unsere Vorfahren gründeten diese Nation als säkulare Republik, auf der Grundlage des Konzeptes ‚Einheit in Vielfalt‘. Nun aber soll die Anwendung islamischer Gesetze erzwungen werden. Wieso? Ich habe keine Angst, mein Amt dafür zu verlieren, dass ich tue, was richtig ist. Ich glaube an Jesus und ich weiß, wo ich hingehöre und wo ich hinkommen werde, wenn ich sterbe – deshalb fürchte ich den Tod nicht. Durch all das, was ich erlebt habe, hindurch hat Jesus mich beschützt und für mich gesorgt.“
Indonesien belegt den 46. Platz auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors für das Jahr 2017.
Quellen: World Watch Monitor, ABC News