Das interaktive Online-Magazin seit 1999

Aktuelle Nachrichten, lokale Themen aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik, Wirtschaft, Rezensionen und Veranstaltungen

Glaubhaft

Islamfeindlicher Film: Ermutigende Wendung in Ägypten – Christen angegriffen, Kirchen niedergebrannt, Webseiten gehackt

KELKHEIM, 02. Oktober 2012) – Seit über zwei Wochen kommt es weltweit zu meist gewaltsamen Protesten von Muslimen gegen den islamfeindlichen Film „Innocence of the Muslims“ (deutsch: Unschuld der Muslime). Immer wieder richtet sich der Zorn der Menge direkt gegen Christen, angefangen bei gehackten Webseiten bis hin zu niedergebrannten Kirchen. Doch in Ägypten geschah auch eine überraschende Wendung.Von Libyen schwappte die Welle der Empörung über das in den USA veröffentlichte und bereits seit Monaten auf YouTube verfügbare Video auch in das Nachbarland Ägypten. Wütende Muslime versuchten am 14. September die gut befestigte amerikanische Botschaft in Kairo zu erstürmen. Als dies nicht gelang, wandten sich lange nach Mitternacht einige Randalierer der nahe gelegenen protestantischen Kasr-el-Dobara Kirche zu, wo ein Pastor und etwa 30 junge Menschen zum Gebet versammelt waren. Die Angreifer begannen, den Buchladen im Erdgeschoss zu demolieren. Manche hatten Molotowcocktails bei sich. Plötzlich löste sich ein Mann aus der Menge und rief den anderen zu, die Christen aus dieser Kirche hätten während der Demonstrationen im Frühjahr 2011 seine Wunden versorgt. Ein weiterer Mann trat neben ihn und berichtete, die Kirche habe erst vor wenigen Stunden Muslimen Wasser für ihre rituellen Waschungen vor dem Gebet angeboten. Daraufhin wurde die Menge still, wandte sich schließlich ab und verließ den Ort des Geschehens. Die Gefahr ist damit jedoch noch nicht gebannt. „Die Lage in vielen islamischen Ländern ist nach wie vor angespannt“, sagte Markus Rode, Leiter des deutschen Zweigs von Open Doors. Das Hilfswerk setzt sich in über 50 Ländern für verfolgte Christen ein. Rode forderte die Christen dazu auf, um Schutz für die verfolgten Christen in den islamischen Ländern zu beten. „Angesichts des Medieninteresses an dem Amateurfilm scheint die Situation von Millionen verfolgter Christen in islamischen Ländern, die unter zunehmender Gewalt leiden, nur eine Randnotiz wert zu sein.“ Jegliche Polarisierung müsse vermieden werden, so Rode weiter, da die Mehrheit der Muslime keine Gewalt möchte. Doch müssten die Christen, die in den islamischen Ländern seit Jahren unterdrückt werden, eine Stimme und eine wesentlich breitere Unterstützung in der Gesellschaft erhalten.

Weitere Ausschreitungen in Libyen, Nigeria, Niger und Pakistan

Am 16. September, fünf Tage nach der Ermordung des amerikanischen Botschafters in Libyen, erschoss eine Gruppe Bewaffneter sechs Christen im nigerianischen Bauchi. Die Tat geschah, während in der ganzen Region Protestmärsche gegen das Video stattfanden. Der Gouverneur des Staates Bauchi verneinte jedoch eine religiöse Motivation und machte für die Ermordung die radikalislamische Boko Haram verantwortlich, die bereits in der Vergangenheit ähnliche Angriffe durchgeführt hatte.

Eindeutiger war die Lage zwei Tage zuvor im benachbarten Niger. Dort hatten sich im Anschluss an das Freitagsgebet etwa 1000 Muslime in der Stadt Zinder versammelt und waren in Gruppen von jeweils mehreren Hundert zu ortsansässigen Kirchen marschiert. Sie steckten die „Winners Chapel“ in Brand und verwüsteten weitere Kirchengebäude sowie Privathäuser von Pastoren und Gemeindemitgliedern. Mehrere Christen wurden bei den Übergriffen verletzt. Die Polizei brachte die Lage unter Kontrolle und nahm mehrere Angreifer fest.

Unterdessen befanden sich im weit entfernten Pakistan die Christen in banger Erwartung der Reaktionen in ihrem Land. „An dem Tag, als die Libyer den amerikanischen Botschafter erschossen, wussten wir, dass es bald auch in Pakistan losgehen würde“, schildert ein Lehrer im nordwestlichen Pakistan die Stimmung unter den Christen am 11. September. Ihre Befürchtungen erfüllten sich am 21. September, als aufgebrachte Demonstranten neben der „St. Paul Lutheran Church“ im Bezirk Mardan auch die angeschlossene Schule zerstörten. Sie wurde von christlichen und muslimischen Kindern besucht.

Hacker legten mindesten eine christliche Website in der Golfregion lahm und wiesen dabei auf den Film hin.

Ursachen für den Sturm des Zorns unklar

Der in den USA veröffentlichte und bereits seit Monaten auf YouTube verfügbare Streifen zeigt Mohammed als Frauenhelden und falschen Propheten, für zahlreiche Muslime eine unerträgliche Beleidigung ihres Propheten. Von Asien bis Afrika brach daraufhin ein Sturm des Zorns und der Empörung los. Dabei ist mitunter schwierig zu unterscheiden, wo es sich um gezielte Vergeltungsaktionen gegen Christen aufgrund des Videos handelt, und was Bestandteil der andauernden Verfolgung von Christen ist.