Justizministerin Spoorendonk zur Diskussion um Fahrverbote
KIEL. Zur aktuellen Diskussion um Fahrverbote als eigenständige und deliktunabhängige Sanktion erklärt Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk: „Aus fachlicher Sicht bestehen grundsätzliche Bedenken gegen die Einführung des Fahrverbots als Hauptstrafe bei Straftaten ohne Verkehrsbezug. Es würde eine „Sondersanktion“ für Kraftfahrzeug-Nutzer* geschaffen, was schon aus Gründen des Gleichheitsgrundsatzes bedenklich ist.
Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrverbot Verurteilte in ländlichen Regionen mit einem relativ geringen Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln ungleich härter trifft als in Ballungszentren mit gut ausgebautem ÖPNV. Eine Differenzierung nach den persönlichen Verhältnissen, wie sie im Bereich der Geldstrafe durch das Tagessatzsystem erfolgt, ist nicht möglich. Als allgemeine Sanktion würde das „Fahrverbot“ einzelne Verurteilte härter treffen als andere, die zum Beispiel nicht aus beruflichen Gründen auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs* angewiesen sind. Bei finanziell gut situierten Personen ginge die erhoffte Präventionswirkung ins Leere, da sie sich durch Einstellung eines Fahrers oder durch Taxifahrten den Auswirkungen eines Fahrverbots leicht entziehen können. Vom Grundsatz einer allgemeinen und jeden gleich treffenden Strafe würde abgerückt“, so Spoorendonk.
Die Einführung eines Fahrverbots als eigenständige Sanktion wäre auch im Bereich des Jugendstrafrechts problematisch, da dieses erzieherisch auf die Jugendlichen einwirken solle, so die Ministerin weiter. „Diese erzieherische Wirkung kann ein Fahrverbot aber nur dann entfalten, wenn aus Sicht des Jugendlichen ein innerer Zusammenhang zwischen Tat und Sanktion besteht (wie etwa bei Verkehrsdelikten). Zudem könnte ein Fahrverbot als Sanktion im Jugendstrafrecht bei gefährdeten Jugendlichen Anreize für Folgetaten liefern, also zu einer weiteren Kriminalisierung führen. Schließlich ergibt sich – wie für Erwachsene ebenso – das faktische Problem, wie die Einhaltung des Fahrverbots überprüft werden soll“, betonte Spoorendonk.
[* Anm.: Ein Fahrverbot berührt nicht den Bestand der Fahrerlaubnis; es gilt auch für erlaubnisfreie Kraftfahrzeuge wie Mofas bis 25 km/h.]