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Kieler Gruppe der IPPNW: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen ICAN war 2007 von der IPPNW und anderen Organisationen gegründet worden. Für ihr erfolgreiches Engagement für ein weltweites Verbot von Atomwaffen wurde ICAN 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Nachdem mehr als 50 Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) ratifiziert hatten, ist der AVV seit dem 22.1.21 nun Teil des Humanitären Völkerrechts der UNO. Dadurch sind Atomwaffen, ähnlich wie biologische und chemische Waffen, Antipersonenminen und Streumunition geächtet. Deren Ächtung hat sich weitgehend durchgesetzt. Verstöße werden international geahndet.

Der AVV verbietet sowohl Entwicklung, Test, Produktion, Erwerb, Lagerung, Transfer, Stationierung als auch insbesondere den Einsatz von Atomwaffen sowie die Drohung damit. Dies öffnet den Weg für Verhandlungen im Konfliktfall, vertrauensbildende Maßnahmen sowie neuen  Abrüstungsverhandlungen der Atommächte.

In Büchel in der Eifel lagern noch immer amerikanische Atombomben, die „im Ernstfall“ von deutschen Piloten ins Ziel geflogen werden sollen. Obwohl 2010 fraktionsübergreifend vom Bundestag deren Abzug beschlossen worden war, weigert sich die Bundesregierung bisher, dem AVV beizutreten. Sie begründet ihre Weigerung damit, dass, solange Deutschland noch von Atomwaffenstaaten angegriffen werden könne, diese Atomwaffen zur Abschreckung nötig wären. Genau das Gegenteil ist der Fall! Denn sollte ein militärischer Konflikt nuklear zu eskalieren drohen, dann wäre Deutschland als Atomwaffenstandort primäres Ziel. Ein „Gleichgewicht des Schreckens“, das im Kalten Krieg nach Meinung der Bundesregierung den Frieden garantiert habe, ist ein sehr riskantes Mittel. Denn es kam durch Fehlalarme mehrfach zu einem, oft erst in letzter Sekunde verhinderten Beinahe-“Atomkrieg aus Versehen“!

Der zunehmende Konfrontationskurs des Westens gegenüber Russland erhöht die Gefahr einer  militärischer Eskalation! Die sog. Weltuntergangsuhr, „Doomsday Clock“, wurde deshalb Anfang 2020 wegen der Gefahren durch einen Atomkrieg und durch  den Klimawandel auf einhundert  Sekunden vor Zwölf gestellt, einer Warnstufe wie seit 1947 noch nie!

Dass in den neueren Militärstrategien der Einsatz sogenannter strategischer „Mininukes“ geplant wird, senkt die Hemmschwelle zu ihrem Einsatz auf bedrohliche Weise! Dabei verharmlost die  Bezeichnung „Mininukes“, dass deren Vernichtungskraft der einer Hiroshimabombe entspricht! Und Deutschland und Mitteleuropa wären dann der Austragungsort eines Atomkriegs! Die Folgen der Vernichtung, Hunderttausende von Toten und lebenslang an den Folgen der Verstrahlung leidenden Überlebenden wären unvorstellbar. Für die Aufklärung über die Auswirkungen eines Atomkrieges unter dem Motto „Die Überlebenden werden die Toten beneiden“ wurde der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW 1985 der Friedensnobelpreis verliehen.

Noch heute, 75 Jahre nach Kriegsende, sind wir mit den Folgen des zweiten Weltkriegs in Form  von Munitionsresten in der Ostsee und im Land konfrontiert. Doch Radioaktivität lässt sich nicht wie Blindgänger durch einen Kampfmittelräumdienst beseitigen. Radioaktivität hält sich an keine Landesgrenzen!

Radioaktivität bedeutet eine Jahrzehntelang anhaltende unsichtbare Gefahr für die den akuten Angriff Überlebenden, die vermehrt an Krebs erkranken und deren Nachkommen noch über mehrere Generationen mit gravierenden Fehlbildungen geboren würden.

Schleswig-Holstein als Marinestandort und mit seinen Werften wäre vorrangiges Angriffsziel!

Bei der Abstimmung im Schleswig-Holsteinischen Landtag in der kommenden Woche rufen wir deshalb als Ärztinnen und Ärzte alle Abgeordneten auf, ihre Entscheidung nicht aus parteipolitischem Kalkül zu treffen, sondern aus Verantwortung für die ihnen anvertrauten Menschen und die nächsten Generationen. Wir bitten Sie dringend, dem Antrag der SPD-Fraktion, die Bundesregierung zur Unterschrift unter den AVV zu bewegen, zuzustimmen!