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Kinder brauchen unsere Achtsamkeit und Fürsorge – Kinderschutzbund und Nordelbis

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Kiel/Lübeck (gg/nr). Die Zahl der schweren Misshandlungen von Kindern unter 15 Jahren ist in Schleswig-Holstein weiter gestiegen. Die Kriminalstatistik weist für das vergangene Jahre 111 Fälle aus, die der Polizei gemeldet wurden. Im Jahr 2004 waren es noch 86.

Grund genug, am kommenden Sonntag (30. April) auch in Schleswig-Holstein den vom Deutschen Kinderschutzbund zum dritten Mal ausgerufenen Tag für gewaltfreie Kindererziehung zu nutzen, um den besonderen Schutz von Kindern einzufordern. Der Kinderschutzbund Schleswig-Holstein und die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche haben sich in diesem Jahr zusammengetan und machen gemeinsam auf die Problematik aufmerksam. Dies geschieht unter anderem mit einem Faltblatt, das beide Institutionen aufgelegt haben, und mit einem zentralen Gottesdienst in der Lübecker Marienkirche, den Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter halten wird.

Für den Kinderschutzbund Schleswig-Holstein macht deren Vorsitzende Irene Johns, darauf aufmerksam, dass immer noch die Hälfte aller Eltern davon ausgeht, eine Ohrfeige sei als Mittel der Erziehung erlaubt. „In der Beratung und Krisenhilfe beobachten wir, dass die angewendete Gewalt roher wird, wir sehen immer jüngere Kinder“, sagt Irene Johns, verweist aber gleichzeitig auch auf die andere Seite der Erziehungsrealität, wonach 91 Prozent der Eltern in der Gewaltfreiheit ein Ideal sieht. Der Kinderschutzbund propagiere ein Erziehungsverständnis, das sich auf den gegenseitigen Respekt von Eltern und Kindern gründe. Gewalt in der Erziehung sei ein Problem, das alle Bevölkerungsschichten angehe und Mütter ebenso wie Väter. „Wir wollen dazu beitragen, dass immer mehr Eltern gewaltfrei erziehen und diesen Wunsch umsetzen können“, erklärt Irene Johns.

Für die Bischöfin des Sprengels Holstein-Lübeck, Bärbel-Wartenberg-Potter, ist es unverzichtbar, „unser besonderes Augenmerk auf die praktizierte Gewalt und den Missbrauch in der Familie gegenüber Kindern zu legen. Einmal, weil Kinder ganz besonders unserer Achtsamkeit und Fürsorge anvertraut sind, zum anderen, weil gewalttätiges Verhalten früh gelernt wird und es wichtig ist, gewaltfreie Lösungswege aus Konflikten zu erleben. Jesus selbst, so wird es im Markus-Evangelium berichtet, hat sich für den Schutz der Kinder eingesetzt und Angriffe gegen sie abgewehrt“, erinnert die Bischöfin.

Auf einer heute in Kiel anberaumten Pressekonferenz stellten Vertreterinnen der Nordelbischen Kirche und des Kinderschutzbundes zwei Projekte vor, mit denen der Gewalt in der Kindererziehung vorgebeugt werden soll. In den 18 evangelischen Kindertagesstätten des Kirchenkreises Flensburg läuft das Gewaltpräventionsprojekt „Faustlos“ mit Erfolg. „Darin machen Kinder, Eltern und Erzieherinnen der evangelischen Kindertagesstätten ebenso wie die Grundschulen, die die Kinder aufnehmen, gute Erfahrungen und erleben täglich: Friedenserziehung im Kindergarten ist effektiv und sinnvoll“, sagte Carmen Rahlf, Diakoniepastorin und Leiterin des Evangelischen Kindertagesstättenwerkes.

Lidija Baumann hob das vom Kinderschutzbund initiierte Projekt „Starke Eltern – Starke Kinder(r)“ hervor. „In entspannter Atmosphäre lernen Eltern, neu auf die manchmal verfahrenen Alltagssituationen zu sehen“, so die Multiplikatorentrainerin für Elternkurse. In dem Treffen sechs Monate nach einem Elternkurs zögen die Kursleiter mit den Eltern oft die Bilanz, dass sie ihr Kind anders wahr nähmen, ohne dass es sich verändert habe.

Für den Jugendpastor der Nordelbischen Kirche, Jörn Möller, ist es in diesem Zusammenhang wichtig, am Tag für gewaltfreie Erziehung den Druck auf die Eltern nicht zu erhöhen. „Wir müssen Eltern mit Schwächen und Scheitern wahrnehmen. Erziehung kann misslingen. Erkennen die Eltern dies, zeigen sie Bedauern und Reue und kehren auf den Weg des gewaltfreien Umgangs zurück, muss man als Christ auch vergeben können“, sagte der Jugendpastor auf der Pressekonferenz.

Der zentrale Gottesdienst für Schleswig-Holstein – gestaltet mit dem Nordelbischen Jugendpfarramt und dem Kinderschutzbund – findet am Sonntag, 30. April, um 10 Uhr in der Marienkirche zu Lübeck statt. Die Predigt hält Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter.

Für die jüngsten Besucher wird – nach einem gemeinsamen Beginn – in der Briefkapelle ein speziell auf sie zugeschnittener Kindergottesdienst angeboten. Darüber hinaus werden auch in einzelnen Kirchengemeinden in Nordelbien die regulären Sonntagsgottesdienste und Kindergottesdienste zum Tag für gewaltfreie Erziehung gestaltet.