Lübeck feiert das Ende der Sanierung des Holstentores
Foto: TBF/Wolfgang Freywald
Nach eineinhalbjährigen Arbeiten ist die Außensanierung des Lübecker Holstentores abgeschlossen. Die Kosten von insgesamt einer Million Euro wurden zu mehr als der Hälfte durch Spenden aufgebracht. Am Sonnabend, 2. Dezember 2006, wird das sanierte Wahrzeichen der Hansestadt offiziell um 17 Uhr mit einer Lichtinszenierung und einem Feuerwerk der Öffentlichkeit übergeben.Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe dankte allen an der Sanierung beteiligten Handwerkern, Kultursenatorin Annette Borns, deren Fachbereich als Bauherr auch die Spendenaktion über die „Stiftung Lübecker Altstadt“ organisiert hat, sowie Bausenator Franz-Peter Boden für die Durchführung der Maßnahmen. „Insbesondere aber ist all denen zu danken, die durch ihre spontane Spendenbereitschaft die Sanierung im vollen Umfang ermöglicht haben“, so Saxe. „Wir können gemeinsam stolz sein.“ Das Holstentor sei das Lübecker Wahrzeichen schlechthin und international eines der bekanntesten deutschen Kulturdenkmäler. „Das über 500 Jahre alte Bauwerk zu sichern und für die Zukunft zu erhalten, war uns eine Verpflichtung. Immerhin gehört es nicht nur zu Lübeck, sondern auch zum Weltkulturerbe. Dieser Verpflichtung sind alle Lübecker gemeinsam nachgekommen.“ Aus öffentlichen Mitteln alleine hätte die Stadt die Finanzierung nicht leisten können, so Saxe. Das Engagement der Bürger habe überregional für Aufsehen gesorgt und Beispiel gebend als gute Werbung für die Stadt gewirkt.
Begonnen hatten die Arbeiten im April 2005. „Wir haben die Mauersimse aus Gotlandkalkstein und das Ziegelmauerwerk ausgebessert, die Terrakotten gereinigt oder durch neue ersetzt, das Dach erneuert und selbst die Inschrift Concordia Domi Foris Pax auf der Feldseite durch neues Blattgold aufgefrischt“, sagte Bausenator Franz-Peter Boden zu den umfangreichen Sanierungsmaßnahmen.
Ursprünglich sollte die Sanierung des Holstentores nur ein halbes Jahr dauern. An den zunächst auf rund eine halbe Million Euro bezifferten Kosten hatten sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Lübecker Possehl-Stiftung mit 100 000 und 70 000 Euro beteiligt. Erst als das Holstentor komplett eingerüstet war, offenbarte sich, in welch schlechtem Zustand es sich befand: So wiesen das Dach und die Bereiche unterhalb der Traufen deutlich höhere Schäden auf, als zuvor angenommen. Ebenso hatte das Mauerwerk im oberen Bereich große Lücken, die durch Abwaschungen entstanden waren. Die Maßnahmen wurden daher ausgeweitet. „Dies in einem Zuge zu tun, machte insbesondere deswegen Sinn, da das Holstentor bereits komplett eingerüstet war“, sagte Boden. Verzögert wurden die Arbeiten zwischenzeitlich durch schützenswerte Vögel, die während der Brut nicht gestört werden durften.
Die Mehrkosten für unerwartete Sanierungsmaßnahmen von noch einmal 490 000 Euro wurden dann durch die Spendenaktion „Lübecker retten ihr Holstentor“ aufgebracht. Große Anteile in dieser zweiten Phase hatten die Lübecker Dräger-Stiftung, das Land Schleswig-Holstein und die Sparkasse zu Lübeck mit jeweils 50 000 Euro. Dazu kommen weitere Großspender, die ungenannt bleiben möchten, sowie mehrere, die ebenfalls mit einem fünfstelligen Betrag vertreten sind. Insgesamt kamen bei der Aktion 574.003,51 Euro zusammen.
Die Resonanz auf die Spendenaufrufe war „überwältigend“, wie Bürgermeister Saxe befand. Die Bürger und Unternehmen der Stadt hätten dabei eine große Kreativität an den Tag gelegt. „Immer wieder haben sich die Lübecker mit tollen Ideen an die Stadt gewandt“. so Saxe. So haben zahlreiche Unternehmen Holstentor-Produkte aufgelegt, durch deren Kauf sich viele Menschen an der Spendenaktion beteiligt haben. „Seien es die Holstentor-Berliner, Silberbarren, Anstecker, Einkaufschips, Zinnmedaillen, Rotspon, Sekt und Marzipan oder sogar Holstentor-Büroklammern gewesen – dem Einfallsreichtum waren keine Grenzen gesetzt.“ Schließlich hätte jeder kleine Betrag geholfen, die „magische Grenze“ von einer halben Million zu überschreiten. Auch Vereine und Verbände hätten sich engagiert. Die über das Kulturbüro organisierte Holstentor-Lotterie in diesem Sommer erzielte weitere rund 40 000 Euro.
Dr. Horst-H. Siewert, Leiter des Bereichs Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck, betonte, dass das Holstentor eines der wichtigsten Denkmäler der hanseatischen Backsteingotik und das bedeutendste erhaltene Stadttor des Spätmittelalters in Deutschland sei. Nicht nur die Förderung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstreiche die Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass der Deutsche Städtetag das Holstentor als Erkennungszeichen führe.
Die letzten Reste des Gerüsts sind in der vergangenen Woche abgebaut worden. Seit Juni des vergangenen Jahres hatte auf Initiative der Bauverwaltung eine 2300 Quadratmeter große Spezialplane mit einem Foto des Holstentores das Baudenkmal verhüllt. Die von der Deutschen Bank zur Verfügung gestellte Fotoplane hatte nicht nur Schutzfunktion. Denn so blieb das Holstentor auch während der Sanierungsphase sichtbar, was gerade für Touristen sehr wichtig war. Darüber hinaus beteiligte sich die Deutsche Bank mit einer Spende in Höhe von 100 000 Euro an der Sanierung.
„Es ist uns gelungen, dass die Besucher des Museums Holstentor sich von dem Baubetrieb rund um das Gebäude nicht haben abschrecken lassen“, freute sich Professor Dr. Hans Wißkirchen, der Geschäftsführende Direktor der Lübecker Museen. Nach einem leichten Besucherrückgang im vergangenen Jahr hole man im laufenden Jahr kräftig auf. In diesem Jahr haben bereits mehr als 40 000 Besucher das Holstentor von innen gesehen. Dafür hätten die Museen einige Marketinganstrengungen unternommen. So würden seit März jeden Sonnabend Führungen angeboten, die insbesondere von Touristen gut angenommen würden.
Die aus dem Spendenaufkommen verbleibenden Mittel werde man nun in den lange fälligen Einbau neuer Heizkörper, eine Zwischentür im Eingangsbereich sowie die Optimierung des Museumsshops investieren. „Das Museum Holstentor ist eine wichtige Attraktion für Touristen und selbstverständlich wollen wir uns, wenn sie es betreten, als gute Gastgeber zeigen.“
Zu den Aktionen rund um das Holstentor am bevorstehenden Wochenende verriet Wißkirchen, dass es sich bei der Lichtinszenierung des Hamburger Lichtkünstlers Michael Batz um eine Diaprojektion handeln werde, die sich auf künstlerische Weise mit dem Thema „Tore“ beschäftige. „Das ist unsere Hommage an das Holstentor, das ja nicht nur Tor zur Stadt, sondern als Museum auch Tor zu einer in Norddeutschland einmaligen Museumslandschaft auf der Altstadtinsel ist.“ Die Kosten für die Übergabefeiern würden selbstverständlich nicht aus städtischen oder Spendengeldern gedeckt, sondern aus eigens für diesen Zweck von den Lübecker Museen eingeworbenen Werbegeldern.
Technische Details der Sanierung:
– Bauzeit: April 2005 bis November 2006.
– Gerüst: 3500 Quadratmeter Layher-Allround Gerüst, Gewicht 150 Tonnen.
– Abdeckung: 2300 Quadratmeter Fotofolie aus Mesh-Gewebe.
– Terrakotta-Bänder: 1300 Stück Einzelterrakotten im unteren und mittleren Band, davon 600 vor Ort restauratorisch aufgearbeitet, 250 ausgebaut, restauriert, wieder eingebaut, 450 erneuert. 78 Stück Einzelmotiv-Terrakotten im oberen Band (unter der Dachrinne) erneuert, Erneuerung der Verfugung.
– Gotland-Kalkstein-Bänder: Erneuerung von 175 laufenden Metern Gotland-Kalkstein-Bänder. In jedem Band wurde das besterhaltenste Einzelstück im Bestand belassen.
– Dacheindeckung: 900 Quadratmeter Dacheindeckung der beiden Türme mit Mosel-Schiefer in Altdeutscher Deckung auf zusätzlicher Schalung und Dichtungsbahn. 100 Quadratmeter Dacheindeckung des Mitteldaches mit Mosel-Schiefer in Rechteckdoppel-Deckung auf zusätzlicher Schalung und Dichtungsbahn. 70 Meter Kupfer-Dachrinnen, 30 Meter Kupfer-Fallrohre.
– Mauerwerkssanierung: Reinigung der gesamten Fassade mit Heißdampf, rund 1700 Meter Fugen erneuert, 115 Backsteine ausgewechselt, 950 Mörtelplomben an Steinausbrüchen eingesetzt, 110 aufgerostete Sachhaken frei gestemmt und behandelt, 2500 Verblendsanierungsanker für die Verbindung der Vermauerschale mit dem Hintermauerwerk eingebaut.
– Sicherung des Treppengiebels mit vier Edelstahlankern mit hinterer Anbindung an den Dachstuhl. Überfilzung der Putzblenden mit Muschelkalk Feinputz.
Dieses Foto wurde in luftiger Höhe von einer Arbeitsbühne der Firma H.Junghans Arbeitsbühnen GmbH, Lübeck geschossen.









