Lübecker BUNT (8.7.): „Saxe will uns den Mund verbieten“
Die unabhängige Bürgervereinigung Lübecker BUNT wehrt sich gegen Bestrebungen von Bürgermeister Saxe, ihr gewähltes Bürgerschaftsmitglied Dr. Hildegund Stamm von der Publikationsmöglichkeit in der Lübecker Stadtzeitung (SZ) auszuschließen.
Sie schreibt: „In der heutigen Ausgabe der SZ sind anstelle des eingereichten Beitrages des Lübecker BUNT leere Zeilen zu sehen. Dies geschah auf Anordnung von Bürgermeister Saxe, der den bereits geschriebenen Artikel zum Thema „Gedankenlosigkeit untergräbt Demokratie“ kurzerhand aus der SZ verbannte und bis jetzt eine stichhaltige Begründung für sein Verhalten verweigert.
Dafür erhielt BUNT lediglich eine lapidare Mail von Saxe, in dem dieser mitteilte, dass der „Abdruck von Beiträgen Ihrer Wählergemeinschaft nicht in Betracht kommt.“ Er begründete dies mit der „derzeitigen Beschlusslage der Bürgerschaft sowie bestehender vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Hansestadt Lübeck und dem Verlag + Druck Linus Wittich KG“. Die Stadtzeitung stehe nur den Fraktionen der Bürgerschaft offen, nicht aber fraktionslosen Mitgliedern.
„Ich habe zunächst an einen Scherz geglaubt“, sagt Hildegund Stamm. Ein freundliches Rückmail an den Bürgermeister blieb bis heute unbeantwortet. Darin hatte Stamm appelliert, aus Gründen der Gleichbehandlung und wegen des Respekts vor den Lübecker Bürgern, die Lübecker BUNT gewählt haben, der Wählerinitiative das gleiche Forum in der Öffentlichkeit einzuräumen wie allen anderen, damit sich die Bürger „über unsere Arbeit und unsere künftige Ausrichtung“ informieren können. Dass ausgerechnet der Lübecker BUNT, der als einzige Formation weder Zuschüsse der Hansestadt beziehe noch über von der Stadt bezahlte Mitarbeiter oder Diensträume im Rathaus verfüge, aus dem Amtsblatt des Bürgermeisters ausgesperrt werden soll, dürfe nicht sein. BUNT habe kein Geld, teure Anzeigen zu schalten und habe bislang auch keinen einzigen Cent für den teuren Wahlkampf aus öffentlichen Mitteln erhalten. Dass ihre Mail von Saxe noch nicht einmal beantwortet worden sei, empfindet Stamm „als schlechten Stil“, der eines Bürgermeisters der Hansestadt nicht würdig sei.
BUNT erwägt jetzt einen Gang zum Gericht, um den Bürgermeister in die Schranken zu weisen und eine regelmäßige Publikation zu ermöglichen. Stamm mutmaßt, dass es sich bei der Zensur durch den Bürgermeister um einen Racheakt für die kritischen Worte in der Vorwoche handelt. Dort hatte BUNT in einem Beitrag in der Stadtzeitung die Untätigkeit von Saxe in Sachen Radwegesicherheit gegeißelt und sich gefragt, ob es erst Tote geben müsse, bevor Saxe etwas gegen die größten Gefahrenpunkte unternehmen würde.
Der von Saxe unterdrückte Artikel (Autor: BUNT-Mitglied Dieter Müller) hat folgenden Wortlaut:
Gedankenlosigkeit untergräbt Demokratie
Was bedeutet Demokratie? Das Wort kommt aus dem Griechischen und heißt Volksherrschaft. Wir, die Bürger, sind das Volk! Also sind die Bürger die einzig legitimen Herrscher! Sie wählen Menschen aus ihrer Mitte, die an ihrer Stelle Entscheidungen treffen.
Trotzdem sind die Bürger in der Lübecker Bürgerschaftssitzung am 26. Juni vergessen worden. In den Reden kamen sie jedenfalls nicht vor. „Sehr geehrter Herr Stadtpräsident (bzw. Frau Stadtpräsidentin), sehr geehrte Damen und Herren,…“ hieß dort die Grußformel. Eigentlich hätte es lauten müssen: „Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren…“
Ein weiteres Indiz für Gedankenlosigkeit ist die Bürgerschaftssitzung selbst. Sie wird live im Radio übertragen. Hier hören die Bürger leider nur, wie die Stadtpräsidentin eilig Tagesordnungspunkte als Ziffern aufruft und dann darüber abstimmen lässt. Worum es dabei geht, kann der Bürger nur erahnen – zuweilen noch nicht einmal das. Denn die wortgenaue Antragsformulierung liegt nur den Bürgerschaftsmitgliedern vor. Dies ist eine Missachtung des Souveräns, des Volkes. Müssen wir uns dann darüber wundern, dass immer weniger zur Wahl gehen? Dass die Politikverdrossenheit zunimmt? Dass kaum noch Bürger an der Kommunalpolitik Anteil nehmen?
Im Zeitalter des Internets sollte es machbar sein, dass die Anträge digitalisiert und aktuell jedem Bürger zur Verfügung stehen. Diese Transparenz und Bürgernähe ist Voraussetzung dafür,
dass sich Bürger wieder für Kommunalpolitik interessieren. Dass wir nicht so weit sind, ist eine ärgerliche Gedankenlosigkeit.“
Quelle: Lübecker BUNT