Lübecker Haushaltskürzungen auf Kosten von Frauen und Kindern
Auch von Seiten des Frauenbüros der Hansestadt Lübeck werden erhebliche Bedenken gegen die vom Bürgermeister Saxe vorgelegte Sparliste laut: „Sicherlich waren wir im ersten Moment vorrangig schockiert, dass das eh schon dünn besetzte Frauenbüro erneut mit erheblichen Personalkostenreduzierungen eingeplant ist. Beim zweiten Blick auf die Liste ist aber sehr schnell klar geworden, dass nicht nur beabsichtigte Kürzungen im Frauenbüro insbesondere die Bürgerinnen dieser Stadt belasten“, so Elke Sasse, Gleichstellungsbeauftragte der Hansestadt Lübeck.
Die Kritik des Frauenbüros im Einzelnen: Die Streichung der Geschäftsstelle des Seniorenbeirats bedeutet nicht nur den Wegfall eines Frauenarbeitsplatzes, sondern insbesondere den Wegfall der notwendigen Unterstützung der ehrenamtlich außerordentlich engagierten Mitglieder des Seniorenbeirats. Der Statistikbericht benennt jedes Jahr aufs Neue, dass der überwiegende Teil unserer Senior/inn/en
Frauen sind – diese sind beispielsweise nicht nur überwiegend Bewohnerinnen
von Pflegeheimen, sondern andererseits auch fast ausschließlich die Pflegenden. Um deren und andere Interessen von Senior/inn/en kümmert sich der Seniorenbeirat. „Wer das Engagement des Seniorenbeirats beschneidet, will keine aktive Interessenvertretung der Seniorinnen und Senioren dieser Stadt.
Trotz erheblichem Personalabbau sind noch immer mehr als die Hälfte
der städt. Beschäftigten Frauen – insbesondere, weil es sehr viele Frauen in
Teilzeitbeschäftigung gibt und viele Frauen auf Stellen in den unteren und
mittleren Hierarchieebenen. Die Kürzung der internen Fortbildungsmittel
belasten somit Frauen überproportional – auch dadurch, wenn ihre
Vorgesetzten sich bspw. nicht mehr effektiv im Hinblick auf ihre
Führungsrolle fortbilden können, geht dies sicherlich auf Kosten der
Mitarbeiter/inn/en.
Erneut vorzuschlagen, die Nachbarschaftsbüros zu streichen, wo es
viele und überzeugende Argumente gibt, diese in den Stadtteilen,
insbesondere in den sozialen Brennpunkten, zu belassen, ist absolut
unverständlich. Auch hier sind wieder fast ausschließlich Frauen auf den
dort vorhandenen Arbeitsplätzen betroffen – aber insbesondere die
Nutzer/innen, das Klientel sind auch hier vielfach Frauen: Migrantinnen,
Mütter etc., die Unterstützung bei der Entwicklung einer eigenständigen
Existenzsicherung und Beratung dringend benötigen.
Kriminalprävention ist nach wie vor wesentlich, um langfristige
Folgekosten von Kriminalität, Vandalismus und Gewalt zu verhindern. Auch die
Lübecker Frauenprojekte haben in Kooperation mit dem Kriminalpräventiven Rat
und in Kooperation mit Polizei und anderen wesentlichen Einrichtungen hierzu
in Lübeck gemeinsam effektive und nachhaltige Aufklärungsarbeit gegen Gewalt
leisten können. Der Wegfall dieser Fördermittel rechnet sich mittel- und
langfristig nicht.
Offensive Mitteleinsparungen in der Jugendhilfe gehen vorrangig zu
Lasten von Frauen und ihren Kindern. Denn Frauen werden, gesellschaftliche
tradiert, noch immer zu den Hauptverantwortlichen für die Erziehung ihrer
Kinder gemacht.
Eine Summe von 400.000¤ aus dem bisher nicht spezifizierten
Aufgabenspektrum der Kultur einzusparen, lässt befürchten, dass auch hier
Einrichtungen wie die Stadtbibliothek, die VHS oder die Museen insbesondere
mit ihren museumspädagogischen Ansätzen und Angeboten für Kinder darunter
leiden werden.
300.000¤ Einsparungen bei dem Eigenbetrieb Gebäudereingung Lübeck,
der seit Jahren schwarze Zahlen schreibt, bedeutet erneut einen Abbau einer
Vielzahl von Frauenarbeitsplätzen in der Gebäudereinigung. Wer
Reinigungsmindeststandards, insbesondere für Kitas, Schulen und andere
öffentliche Gebäude, weiterhin halten will, kann hier nicht weiter
einsparen.
Massive Energieeinsparungen ließen sich durch ein anderes
Beleuchtungskonzept für die Straßenbeleuchtung sicherlich erzielen. Wer
allerdings einfach 50% der Straßenlaternen ausschalten will, tut dies auf
Kosten der Sicherheit und des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger.
Erheblich mehr „Angstzonen“ als in der Stadt bereits jetzt vorhanden, werden
entstehen und dazu führen, dass Lübeckerinnen und Lübecker sich in ihrer
Stadt nicht mehr sicher fühlen. „Zu Beginn der Arbeit des Frauenbüros Anfang
der 90er Jahre war eine der ersten Themengebiete meiner Vorgängerinnen das
Thema „Angstzonen“ für Frauen in der Innenstadt. Damals und heute versuchen
wir durch innerbehördliche Abstimmungen Angstzonen weiter abzubauen – jetzt
sollen diese wieder ausgebaut werden?“ fragt Elke Sasse verärgert.
Die vorgeschlagenen Einsparungen im Frauenbüro, massive Personaleinsparungen
von einem Drittel des eh nur dreiköpfigen Frauenbüros, führen dazu, das
Frauenbüro zu einem reinen Alibibüro verkommen zu lassen. „Unbequeme,
kritische Äußerungen werden sicherlich weniger, wenn die Bewältigung der
verwaltungsinternen Angelegenheiten wie Stellenbesetzungsverfahren oder die
Beratung von MitarbeiterInnen die verbliebenen Kapazitäten des Frauenbüros
absorbiert. Soll ein Frauenbüro aber effektiv auch im Sinne der BürgerInnen
für diese Stadt wirken, braucht es in einer Stadt dieser Größenordnung eine
Mindestausstattung, an deren unterem Limit wir bereits 2003, wo bereits eine
Stelle gestrichen wurde, angekommen sind“, so das Resümee von Elke Sasse.
Quelle: Frauenbüro der Hansestadt Lübeck
