Rezensionen

Leben mit einem Lied: Hommage an Lale Andersen auf der „Lisa von Lübeck“

Sommeroperrette1
Text: Helga Rottmann – Foto: TBF/Wolfgang Freywald

Rau wehte der Wind, und die Wellen der Trave waren beachtlich, als am Sonntag, dem 21. Mai, auf der Kraweel „Lisa von Lübeck“ eine Hommage an Lale Andersen die Schiffsplanken die Bretter der Bühne ersetzten.
Das stürmische Lübecker Wetter machte es den Zuschauern leicht, sich in die „windige“ Zeit des 2. Weltkrieges hineinzuversetzen. Der Lübecker Autor Konrad Dittrich hat das Stück anlässlich des 100. Geburtstages der Lale Andersen konzipiert, das er im vergangenen Jahr bereits mit großem Erfolg auf etlichen Kreuzfahrten der MS Deutschland dem interessierten Publikum zu Gehör brachte. Das Stück ist keineswegs fiktiv,sondern befasst sich mit dem realen Lebenslauf der Andersen. Das Publikum wird mit der Realität des Hitlerkrieges und seinen Auswirkungen konfrontiert.
Lale Andersen, auf den weniger musischen Namen Lieselotte Helene Brunnenberg getauft, geschiedene Wilke, Mutter dreier Kinder, lässt die Familie einfach hinter sich: sie will Karriere als Schauspielerin machen. Keine leichte Rolle für die Interpretin der Andersen. Viele der Zuschauer haben den Gesang der Andersen sicher noch im Ohr. Sie mussten auf den Aha-Effekt verzichten. Die Hermes war klug genug, die Andersen nicht imitieren zu wollen. Ihr Gestus ist der einer Operettendiva näher als die Art Gesang der Andersen, von der man meinte, ihre Stimme könne Seewind, Schwarzbrot und Katenrauch zum Ausdruck bringen. Mona Hermes – auch im gekonnten Dialog mit Konrad Dittrich – geht glücklicherweise ihren eigenen Weg. Sie zelebriert dreimal das Lied „Lili Marleen“, jedes Mal in einer anderen musikalischen Fassung. Sehr einfühlsam ihr Vortrag des Liedes „Över de stillen Straaten“, Text von Theodor Storm, Musik Ernst Licht. Dieses Lied hatte Lale Andersen sich für ihre Trauerfeier ausgesucht. Hermes interpretierte das gesamte Lied im Piano und war da bestens beraten. Sicher von Michael P. Schulz, der neben der szenischen Einrichtung auch für die Liedauswahl verantwortlich zeichnete. Irina Kanewski erwies sich erneut als pianistische Begleitung von Format.
Nach der Sommer-Operette die Oster-Operette, jetzt die Hafen-Operette. An Einfällen fehlt es Schulz wahrlich nicht. Der Beifall des Publikums war so stürmisch wie das Wetter.