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Kultur & Wissenschaft

Lesung von Doris Runge im Audienzsaal des Lübecker Rathauses

tbf211010_Lutz Gallinat_Freywald_004aAutor: Lutz Gallinat – Es war ein kulturelles Highlight. Am 7.August 2013 las die bekannte Lyrikern Doris Runge auf Einladung des „Zonta Club Lübeck“ nach einführenden Worten der Präsidentin Ines Malinowski im vollbesetzten Audienzsaal des Rathauses zu Lübeck aus ihrem 2013 bei dva, München,  erschienenen Gedichtband „Zwischen Tür und Engel“ – „Gesammelte Gedichte“.Die manierierten und stilisierten literarischen Miniaturen der Autorin enthalten interessante surrealistische und expressionistische Wendungen und Neologismen. Eine kühne und originelle Metaphorik prägt die akrobatischen, artifiziellen und intellektuellen Poeme. Die formschönen Gedichte sind ausgefeilt und erlesen. Doris Runge, die einfühlsam, nuanciert und akzentuiert las, verbindet virtuos und brillant Verstand und Emotionen und Historizität und Modernität. Sie verknüpft dabei auch geschickt Traum und Trance, Unbewusstes und Bewusstes und den freudianischen und jungianischen Diskurs. Die Dichterin der Desillusionierung zieht schonungslos Bilanz. Ihre Wortbilder und pittoresken Impressionen sind ausdrucks- und gehaltvoll und kreisen mit einem Feuerwerk an Ideen um das ewige Thema Eros. Kunstvolle Collagen und Montagen aus dem klassischen, biblischen und märchenhaften Bereich machen den Reiz der phantasievollen Lyrik aus, die oft existenzialistisch orientiert und philosophisch inspiriert ist. Auch der intensive und fokussierte  Bezug zum „Thanatos“ ist ihr eigen.  Besonders signifikant ist an den  interpunktionslosen Gedichten Doris Runges der häufige Gebrauch des Stilmittels Apokoinu, durch den die einzelne Aussage einen mehrdeutigen Charakter annimmt und auf verschiedene Weise gelesen werden kann.

Aus den nur prima facie lieblichen Idyllen aus Norddeutschland , die an Sarah Kirsch erinnern, spricht jedoch auch Brüchigkeit, Daseinsskepsis und Bedrohliches. Die den gesamten Kreativitätszeitraum der Dichterin von den achtziger Jahren bis heute abdeckenden Texte erscheinen als hoffnungshaltige Verkürzungen zu Alltag und Natur, Literatur, Schmerz und Sehnsucht.
Die Autorin erhielt 2007 den Ida-Dehmel-Literaturpreis der GEDOK. 2009 wurde sie zur Professorin des Landes Schleswig-Holstein ernannt. 2011 wurde sie als ordentliches Mitglied in die Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, aufgenommen.
Der ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident Björn Engholm hatte in seinen kenntnisreichen und sachkundigen einführenden Worten Doris Runge als herausragende Lyrikerin gewürdigt. Die Lesung wurde von Ulla Rönnborg, Cello, und Evelinde Trenkner, Klavier, musikalisch umrahmt, wobei die beiden Künstlerinnen virtuos, brillant und mit viel Verve und Esprit die zur Lyrik kongenialen Stücke „Romanze“, „Elegie“ und „Sizilien“ von Gabriel Faure präsentierten.
Alle Beteiligten wurden schließlich von den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern mit sehr viel Beifall bedacht.
Lutz Gallinat