Maria Magdalena – Johannes 20,11 – Ostergottesdienst 2010 – Ecclesia Gemeinde Lübeck – Predigt: Rolf Wiesenhütter
Sehr verehrte Leser, liebe Geschwister!
Ostern! Jesus ist auferstanden. Er hat die Sünde und den Tod überwunden. Jesus lebt: Gesten, heute bis in diesen Augenblick – und bis in alle Ewigkeit.
Wir haben die Ostergeschichte gerade gehört. Und in dieser Geschichte erfahren wir neben Jesus, dem Auferstandenen etwas über die erstaunlichste Persönlichkeit, die Gottes Wort zu bieten hat.
Ich fange einmal anders an:
In alter Zeit war eines der größten Vergnügungen auf Hochzeiten und anderen Festen, sich Rätsel aufzugeben.
Bis heute sind Rätsel und Rätselspiele beliebt.
Sie können dem Zeitvertreib, der Unterhaltung und der Bildung dienen.Es gibt da aber noch eine interessantere Spielart des Rätsels, mit dem sich manche Leute viel Geld verdienen: Das ist die Verschwörungstheorie.
Wenn Ihr einmal in einen großen Buchladen gehen, dann könnt ihr viele solcher Bücher finden,
die sich mit den Rätseln scheinbar ungelöster geschichtlicher Ereignisse befassen.
In den letzten Jahren wurde auch die Hauptfigur der schönsten Auferstehungsgeschichte der Bibel ein Opfer dieser Rätselspiele. Das ist so, weil sich der Teufel immer da breit machen will, wo Jesus die größten Dinge vollbracht hat.
Ich spreche von Maria aus Magdala. Wir haben ihre Geschichte gerade gehört. Angeblich gibt es um sie ein großes Rätsel. Und die Kirche – oder mindestens der Vatikan hat da angeblich was vertuscht: Nämlich dass sie mit Jesus verheiratet war und dass sie Kinder hatten.
Vor ein paar Jahren war es im Film „Da-Vinci-Code – das Sakrileg“ noch ein Mädchen.
Ein paar Jahre danach ist es plötzlich ein Junge. So behauptete es James Tabor in seinem Film „Das Jesus Grab“, der am Karfreitag vor drei Jahren von Pro 7 gezeigt wurde.
Aber mal ehrlich – was hat es denn mit dieser Frau Maria Magdalena auf sich,
dass sie über Jahrhunderte nicht nur die Kunst sondern auch die Phantasie der Menschen so bewegt?
Was ist das Rätsel, das Geheimnis dieser Frau?
Knacken wir erst einmal ein Rätsel:
Sie war nicht verheiratet. Erst recht nicht mit Jesus. Woher wissen wir das? Sie wird als unverheiratete Frau nach dem Ort benannt, aus dem sie kommt: Maria, aus dem Fischerdorf Magdala.
Das liegt am See Genezareth. Wenn sie verheiratet gewesen wäre, dann hätte man sie – gemäß der damaligen Sitte, nach ihrem Mann benannt.
Also: Maria, die Frau des Jesus.
Und sie war auch keine Prostituierte. Das wird ja immer wieder erzählt. Aber das beruht auf einer Verwechslung, die einem Papst knapp 600 Jahre nach diesem Ereignis der Auferstehung unterlaufen ist.
Maria Magdalena war nicht mehr – aber auch nicht weniger – als eine der treuesten Anhängerinnen Jesu.
Aber wer sie so nimmt, wie sie uns das Neue Testament schildert, der findet bei ihr viel mehr, als alle Verschwörungstheoretiker oder Thriller-Autoren in sie hineingeheimnissen.
Weil sie die erste Person war, die Jesus als Auferstandenen gesehen und gesprochen hat.
Und weil sie diese Botschaft an die Jünger weitergegeben hat.
Darum ist sie was Besonderes!
Und mit ihrer Erfahrung, die sie gemacht hat, können wir das größte aller Rätsel lösen.
Was ist das größte Rätsel in diesem Leben?
Es ist das Leben selber!
Ein Theologe schreibt dazu Folgendes:
„Es gibt kein größeres Geheimnis als das Leben. Einer der denkwürdigsten Tage meines Lebens war der, an dem unser erstes Kind geboren wurde. Da saß ich nun und hielt einen kleinen Menschen in meinen Armen. Es war ein Mädchen, das seine ersten eigenen Atemzüge tat und seinen Weg ins Leben begann.
Es ist wunderbar, wie viel zusammenkommen muss, um ein neues Leben, eine neue Seele hervorzubringen. …
Ich weiß noch, wann ich selber begann, ernsthaft über das Leben und sein Geheimnis nachzudenken. Es war, als meine Mutter an Krebs erkrankte. Sechs Jahre erlebte ich mit, wie sie immer weniger wurde, bis sie starb, als ich 14 Jahre alt war.
Das war mir ein Rätsel, ein Code, den ich knacken wollte, ja musste. Das Leben war ein Schatz und in dem Schatz war ein Geheimnis. So spannend es war, geboren zu werden, der Tod war nicht weniger geheimnisvoll.“ (Darrell L. Bock, „Die Sakrileg Verschwörung“, S 140 – 141)
Joh. 20. 11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte.
Wie hilft uns nun Maria Magdalena, dieses größte aller Rätsel zu lösen?
Zunächst entdecken wir mit ihr gemeinsam, was uns dabei nicht hilft. Da steht sie nun vor dem Grab Jesu und schaut hinein und sieht etwas, was sich viele Menschen als Glaubensbeweis wünschen:
Sie sieht zwei Engel und spricht auch noch mit ihnen!
Engel haben derzeit wieder Konjunktur. Es gibt Bücher über Engel. Kleine Engelfiguren: „Dein Schutzengel behüte dich!“ gibt es zu kaufen.
Oder so eine Art Orakel mit Karten von irgendwelchen Engeln, die für alles Mögliche zuständig sind. Da gibt es so viel – manches ist einfach nur Kitsch und peinlich.
Manches ist Aberglaube. Das meiste hat mit den Engeln der Bibel überhaupt nichts zu tun – es ist einfach nur falsch.
Hier aber trifft Maria auf zwei richtige Engel, Boten Gottes. Aber anstatt vor Ehrfurcht zu erstarren, sind diese faszinierenden Wesen ihr völlig egal.
Sie sind Nebensache. Weil sie spürt: So großartig sie auch sind, die können mir die Fragen nach dem größten Rätsel nicht beantworten.
Das konnte nur der eine. Und der ist weg.
Johannes / Kapitel 20
„Warum weinst du?“ fragten die Engel. „Weil sie meinen Herrn weggenommen haben. Und ich weiß nicht, wo sie ihn hingebracht haben“, antwortete Maria Magdalena.
Nein, die Engel können ihr die Frage nach dem Rätsel des Lebens und des Todes nicht beantworten. Das konnte nur der eine, den sie hier nennt: „Mein Herr.“
Das bedeutete: Der, der den höchsten Anspruch auf mein Leben hat. Es ist der Anspruch Gottes.
Übrigens meinen wir genau dasselbe, wenn wir singen:
„Kyrieeleison – Herr, erbarme dich!“
Bevor Maria Jesus nachfolgte, war sie unter einen anderen Herrschaftsanspruch geraten. Das war der Herrschaftsanspruch der Finsternis.
Denn uns wird berichtet, „Jesus hatte sie von sieben Dämonen befreit…“
Wie auch immer diese Herrschaft der Finsternis in ihrem Leben aussah, sie war zerstörerisch und tödlich. Und sie konnte sich selber nicht davon befreien.
Aber dann kam sie in Kontakt mit Jesus und folgte ihm nach. Sie machte IHN zu ihrem HERRN und Gott.
Und die Herrschaft der Finsternis musste weichen und das Leben begann für sie noch einmal von vorn.
Und nun soll das alles vorbei sein? Jesus ist tot, so furchtbar hingerichtet worden. Ist jetzt alles aus?
Kommen die Dämonen in ihrer furchtbaren Macht wieder?
Haben der Tod und die finsteren Mächte jetzt das letzte Wort über meinem Leben und dem Leben aller anderen Menschen?
Was soll sie da mit Engeln?
Die wissen nicht, was es bedeutet, wenn der Körper das Leben aushaucht. Denn sie haben keinen menschlichen Leib.
Engel können das Rätsel des Lebens nicht knacken für uns Menschen. Und wenn es die Engel Gottes nicht können, wie viel weniger die falschen Kommerz- und Kitschengel in den Geschäften.
Oder die Engel der New Age Bewegung und der Esoteriker!
Wenn uns Maria Magdalena ein Geheimnis weitergibt, dann ist es das: Das Rätsel des Lebens kann nur durch den gelöst werden, den sie so nennt: „Mein Herr!“
Wenn wir das größte Rätsel lösen wollen, dann müssen wir uns die Frage stellen:
„Wer ist Jesus für mich? Ist er nur eine Randfigur in meinem Leben? Ist er nur Geschichte für mich? Oder ist er mein Herr und mein Gott?“
Maria hält Jesus für tot, sie weint noch, sie ist noch verzweifelt.
Sie ahnt nicht, dass eines der Geheimnisse des Lebens das ist, dass der Auferstandene dann am nächsten ist, wenn wir es am wenigsten vermuten: Im Leid, in der Trauer, im Schmerz. Dann ist uns Jesus näher, als wir ahnen.
Auch wenn wir ihn nicht erkennen, so wie es Maria gerade geht.
Sie hält den Auferstandenen für den Gärtner.
Was ist das für eine merkwürdige Verwechslung?!
Der Auferstandene Jesus wird mit einem Gärtner verwechselt.
Warum eigentlich nicht mit einem strahlenden Kriegshelden, einem Superstar oder vielleicht sogar mit einem Engel?
Ausgerechnet ein Gärtner?
Hier stoßen wir auf ein anderes Geheimnis des Lebens.
Wer weiß, was der erste Beruf der Menschen nach der Bibel war? Was sollte Adam tun?
Den Garten bebauen und bewahren!
Aber aus bebauen ist abbauen, ist Raubbau geworden. Statt zu bewahren, sind wir dabei, die Schöpfung mehr und mehr zu zerstören!
Der Auferstandene erscheint Maria, als sei er ein Gärtner. Das hat große Bedeutung.
Das Ziel des neuen Lebens, das Jesus schenken will, besteht darin, dass wir Menschen den Weg zurück finden. Zurück zu unserer Bestimmung. Zurück zu dem Leben, wie Gott es ursprünglich gemeint hat.
Das heißt jetzt nicht, wir sollen alle den Beruf des Gärtners lernen und umschulen.
Aber es heißt, dass Männer und Frauen dadurch, dass wir Jesus nachfolgen, unsere ursprüngliche Bestimmung wieder entdecken und leben.
Es wird immer damit zu tun haben, dass wir ein Leben führen, das aufbaut und bewahrt, anstatt auszubeuten und zu zerstören.
Das kann sich praktisch auf die Frage auswirken, welchen Beruf ich ergreife. Oder auch, bei welchen Geschäften ich mitmache und bei welchen nicht.
Maria macht eine weitere besondere Entdeckung über das Geheimnis des Lebens:
Sie erfährt, dass Jesus das Geheimnis unseres persönlichen Lebens kennt.
Als sie noch ganz verzweifelt ist und immer noch nicht durchblickt, da sagt Jesus nur ein Wort: „Maria!“.
Da fuhr sie zusammen und erkannte ihn.
ER nennt ihren Namen.
Den kannten doch auch andere! Was ist das Besondere daran? War es die Art, wie ER diesen Namen aussprach? War es der Klang seiner Stimme?
Oder war es der Ruf in die Tiefe ihrer Persönlichkeit hinein, der ihr sagte: „Du bist von Gott geliebt und angenommen!“
Oder war es einfach dies: „Ich kenne dich mit Namen – und du kennst mich. Ich kenne dich bis in deine schreckliche Vergangenheit hinein, aus der ich dich befreit habe! Ich kenne dich besser, als du ahnst!“
Was auch immer – dieser wunderbare Zug an der Geschichte zeigt uns: Jesus kannte das ganz persönliche Geheimnis des Lebens dieser einen Frau.
Und ER kennt auch unser ganz persönliches Leben mit seinen Geheimnissen. ER kennt dich und mich mit Namen.
In Jesus, dem Auferstandenen, dürfen alle Menschen einen Satz aus der Bibel in Anspruch nehmen, der einmal zum Volk Israel gesagt wurde:
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jesaja 43,1)
Und zuletzt: Maria findet in Jesus das Geheimnis des Lebens mit Gott. Als sie Jesus erkennt, fällt sie ihm vor Freude um den Hals. Aber Jesus sagt zu ihr:
„Halte mich nicht länger fest! Denn ich bin noch nicht zu meinem Vater zurückgekehrt. Gehe aber zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich gehe zurück zu meinem Vater und zu euerm Vater, zu meinem Gott und zu euerm Gott!“
Das Interessante an diesen Worten ist:
Hier nennt Jesus zum ersten mal Gott nicht nur seinen Gott, sondern auch den Gott seiner Jünger. Nicht nur seinen Vater, sondern auch: „euer Vater!“
Vielleicht ist euch das noch nie aufgefallen: Aber
vor seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung hat er beides nie zusammen gesagt. Mein Vater und Euer Vater. Da könnt ihr die ganze Bibel durchlesen.
Hier ist das ganze Geheimnis von Golgatha. Das Geheimnis seines Sterbens und seiner Auferstehung.
Das ist das Geheimnis hinter seinem Sterben und seiner Auferstehung: Das geschah nicht aus Versehen, sondern aus Vorsehung. Es geschah – damit Gott und Menschen versöhnt werden.
Und wir Menschen haben es nötig, dass wir mit Gott versöhnt werden. Wegen unserer Sünde.
Der Theologe, den ich vorhin schon mal zitiert habe, schreibt:
„Sünde ist in unsere heutigen Kultur kein beliebtes Wort. Wenn ich gefragt werde, was Sünde ist, empfehle ich den Menschen oft, einfach ihre Tageszeitung zu lesen. Die meisten von uns werden zugeben, dass sie oft auf eine Art und Weise handeln oder reagieren, mit der sie sich selbst und andern schaden.“ (Bock, S143)
Die Sünde schadet uns auch in dem Sinn, dass sie uns von Gott trennt. Und damit vom Geheimnis des Lebens abschneidet.
Aber seit Jesus auferstanden ist, ist die Verbindung zum Schöpfer, zur Quelle des Lebens, wieder hergestellt. Seitdem ist sein Gott auch unser Gott. Seitdem ist sein Vater auch unser Vater.
Maria Magdalena ist keine geheimnisvolle Person, die von der Kirche oder dem Vatikan verkannt wird. Geschweige denn, die durch eine Verschwörung unter Verschluss gehalten und verleugnet wird.
Sie ist nicht mehr – aber auch nicht weniger – als eine der treuesten Nachfolgerinnen Jesu gewesen.
Sie war eine der ersten Apostel – denn sie ist Jesus, dem Auferstandenen, begegnet und hat es den anderen Jüngern erzählt.
Und die wollten es erst mal nicht glauben.
Mit dem, was sie mit Jesus erlebt hat, können wir den Code, das Rätsel des Lebens knacken:
Hier sind noch mal die Lösungsschritte:
1. Keine außergewöhnlichen Lebewesen wie Engel oder Außerirdische können das Rätsel für uns Menschen lösen. Maria zeigt uns: Das kann nur Jesus!
2. Jesus muss dafür aber den höchsten Anspruch über unser Leben bekommen. Wir müssen es neu lernen, in unserem Leben nachzusprechen: „Jesus – mein Herr!“
3. Durch den Auferstandenen finden wir unsere ursprüngliche Bestimmung im Leben. Ein Leben, das aufbaut und bewahrt.
4. Jesus kennt das Rätsel unseres persönlichen Lebens. Wer immer wir sind, Er kennt uns bis in die Tiefen unseres Wesens – ER kennt uns mit Namen und liebt uns. So, wie wir sind.
5. Jesus hat das Rätsel des Lebens mit Gott gelöst, als er starb und auferstand. Durch IHN sind wir wieder mit Gott versöhnt.
Johannes erzählt uns, wie Maria zu den Jüngern ging und sagte:
„Ich habe den Herrn gesehen!“ und dann hat sie ihnen alles erzählt hat, was er ihr gesagt hat. Johannes erzählt uns nicht, wie die Jünger reagiert haben. Wir wissen aus anderen Berichten, dass sie das nicht glauben konnten.
Wie ist deine Reaktion auf die Botschaft der Maria?
Lässt du seinen Anspruch zu?
Lässt du dich bei deinem Namen rufen?
Lässt du dich mit Gott versöhnen?
Und wenn Du es noch nicht getan hast, und wenn du wieder diese Verbindung zu Gott haben willst und bereit bist, für Deine Sünden um Vergebung zu bitten, dann komm heute am Auferstehungstag, und Du wirst noch heute, jetzt gleich, mit ihm auferstehen, zu einem neuen Leben mit Deinem Herrn und Heiland.
Amen.