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Menschlich gesehen

Marien-Krankenhaus: Grüne enttäuscht von Lindenau

Foto: TBF · Die Grünen sind sehr enttäuscht von der Schließung des Marien-Krankenhauses. Während es für eine Aufrechterhaltung der Geburtshilfe am Standort Parade wegen des Mangels an Ärzt*innen nur geringe Aussichten gab, hatten die Grünen große Hoffnungen in einen Fortbestand der sonstigen belegärztlichen Behandlungen und Operationen im Marien-Krankenhaus. Deshalb fordern die Grünen nun Aufklärung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

Hierzu äußert sich der Bürgermeisterkandidat und Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaftsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Axel Flasbarth:

“Die Lübecker Bürgerschaft hat Bürgermeister Lindenau bereits im Januar 2023 damit beauftragt, eine kommunale (Teil-)Trägerschaft für das Marien-Krankenhaus zu prüfen. Im März antwortete Herr Lindenau auf Nachfrage, dass eine kommunale Trägerschaft “aufgrund der Entscheidung des Eigentümers” ausgeschlossen sei. Wie sich jetzt herausstellt, war das jedoch offensichtlich nicht der Fall. Warum also der sehr klare Bürgerschaftsbeschluss zur Erhaltung des Marien-Krankenhauses auch durch eine kommunale Trägerschaft nicht umgesetzt wurde, erschließt sich uns nicht. Wir fordern hier umfassende Aufklärung.Die Entscheidung der Krankenkassen, die Belegarztbetten im Marien-Krankenhaus anzuerkennen, liegt weder bei der Landesregierung noch bei der Hansestadt. Allerdings lag es vor allem in der Verantwortung der Hansestadt, die hierfür notwendigen Anträge und Unterlagen rechtzeitig einzureichen. Die Fristen für eine Anerkennung der verbliebenen Belegarztbetten durch die Krankenkassen sind lange bekannt. Unverständlich ist uns daher, dass die vorbereitenden Arbeiten von Hansestadt und Beratern so lange gedauert haben, dass innerhalb dieser Fristen keine Lösung mehr gefunden werden konnte. Auch hier fordern wir Aufklärung, warum nicht termingerecht gearbeitet wurde. Dass Herr Lindenau vor diesem Hintergrund versucht, die Schuldigen beim Land zu suchen, erscheint uns nicht sachgerecht.

Es bleibt uns die Hoffnung, dass eine derartige Anerkennung der Belegarztbetten im nächsten Zyklus in einem Jahr gelingen könnte. Ob und wie sich eine solche Wiedereröffnung des Marien-Krankenhauses nach der jetzt bevorstehenden (temporären) Schliessung realisieren lässt, sollte jetzt gründlich geprüft werden.”

 

Der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und direkt gewählte Lübecker Landtagsabgeordnete, Jasper Balke, ergänzt:

“Die Leidtragenden nach der Entscheidung letzter Woche sind die Menschen der Hansestadt Lübeck, das Personal des Marien-Krankenhauses, die Belegärztinnen und Belegärzte sowie deren Patient*innen. Dieser Umstand sollte allen Beteiligten bewusst sein. Auch die Komplexität unseres Gesundheitssystems sollte allen Beteiligten eigentlich spätestens seit Beginn des Jahres bekannt sein. Dass sich der Bürgermeister letzte Woche nun trotzdem dazu entschieden hat, pauschale Schuldzuweisungen – die übrigens niemandem weiterhelfen – zu äußern, wird der gesamten Situation und seiner Verantwortung darin einfach nicht gerecht.

 

Ich habe mich in den letzten Monaten immer wieder sehr für den Erhalt eines stationären Angebots am Standort der Parade eingesetzt, zwischen einigen Beteiligten vor Ort und dem Gesundheitsministerium vermittelt. Der Standort hätte selbst nach dem bedauerlichen Rückzug des Erzbistums weiterhin ein großartiges Potential für eine vollumfassende Gesundheitsversorgung im Herzen der Altstadt geboten. Diese Einschätzung wurde stets von den meisten Beteiligten auf kommunaler wie Landesebene geteilt.

 

Den Frust nach der Entscheidung von letzter Woche konnte ich deshalb sehr gut nachvollziehen. Im Sozialausschuss des Landtages von letzter Woche Donnerstag habe ich den Gesundheitsstaatssekretär Dr. Oliver Grundei daher sehr ausführlich zu den Vorgängen der letzten Wochen befragt. Auch dort zeigte sich, dass das Land den gesamten Prozess über auf eine gute Lösung für alle hingearbeitet hat. Doch das Land kann niemanden dazu verpflichten, einen Krankenhausstandort als Träger zu übernehmen. Das Erzbistum hat schließlich bereits vor mehreren Jahren angekündigt, dass sie einen defizitären Standort mit einem sich anbahnenden Fachkräftemangel nicht lange weiterhin tragen können. Seitdem gab es weder seitens der Hansestadt, der Belegärzte noch weiterer Krankenhausträger die Bereitschaft, Verantwortung in geschäftsführender und tragender Rolle zu übernehmen. Wozu so etwas führt, mussten alle in der letzten Woche schmerzhaft feststellen.

 

Wer aber die autonome Entscheidungsbefugnis über die Zukunft eines Krankenhausstandorts haben möchte, muss dazu bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Gesundheits- und Daseinsvorsorge gehören eigentlich in öffentliche Hand. Zwar kann durch die Verzögerungen der letzten Monate nun keine Übernahme des laufenden Geschäfts vorgenommen werden, doch aufgrund der Neuaufstellung des Krankenhausplans 2024 auf Landesebene wird die Aufnahme eines öffentlichen Trägers wie der Hansestadt Lübeck in den neuen Krankenhausplan vereinfacht.

Aus diesem Grund erneuern wir Grüne nun unseren Appell von Beginn des Jahres für die Übernahme des Marien-Krankenhauses in eine kommunale Trägerschaft. Anstatt dann mit dem Finger auf andere zu zeigen, liegt die Entscheidungsbefugnis dann bei der Bürgerschaft, dem Bürgermeister und richtigerweise an erster Stelle bei den Menschen der Hansestadt Lübeck.”