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Politik & Wirtschaft

Marktforschung setzt auf Eye Tracking und Co – Technik verhindert teure Unschärfen durch höfliche Probanden

Heatmap: Eye Tracking verrät Aufmerksamkeit (Foto: Unilever)Heatmap: Eye Tracking verrät Aufmerksamkeit (Foto: Unilever) New York (pte009/13.07.2012/11:25) – Weil herkömmliche Konsumentenstudien und Kundenbefragungen unzuverlässig sind, greifen Hersteller und Retailer zu modernen Methoden, um ihre Produkte oder Läden attraktiver zu machen. So setzen Procter & Gamble http://pg.com , Unilever http://unilever.com , Kimberly-Clark und andere Handelsriesen nun auf virtuelle Regalwelten, Eye Tracking und Prototypen aus dem Computer, wie das Wall Street Journal berichtet.Zeigt man Probanden verschiedene Designentwürfe eines Produktes und bittet sie um ihre ästhetische Einschätzung, so neigen die Kandidaten dazu, den Testern zu schmeicheln. Als Folge gestaltet es sich zunehmend schwierig für die Marktforscher, zuverlässige Ergebnisse zu erzielen. Die technische Aufrüstung überwindet die Schwierigkeiten unangebrachter Höflichkeit. Nun werden dreidimensionale Einkaufsumgebungen mit der Erfassung der Augenbewegung kombiniert, um die schönste Variante einer neuen Verpackung herauszufinden.

Zehn Sekunden

Kimberly-Clark platzierte die Probanden vor einem Monitor, der mit einer Kamera ausgestattet ist, der die Bewegung der Iris nachverfolgt. Mithilfe dieser Daten lässt sich errechnen, auf welche Stellen des Bildes die Testpersonen wie lange gesehen haben. Gemessen werden dabei die ersten zehn Sekunden, die als kritische Zeit zwischen dem ersten Blick auf das Regal und der Produktentscheidung gelten.

Geprüft wurde, welches der neuen Verpackungsdesigns für die Papiertaschentücher der eigenen Marke „Viva“ am ehesten die Aufmerksamkeit der Konsumenten erregte. Man wollte auch herausfinden, ob die Präsentation von Einzelprodukten und Großpackungen unterschiedliche Reaktionen hervorruft. „Diese Faktoren zu kombinieren hat uns geholfen, uns für ein ‚Wellendesign‘ anstelle eines ‚Splashdesigns‘ zu entscheiden“, erklärt Kim Greenwood, Senior Managerin der Virtual Reality Group von Kimberly-Clark.

Die Beobachtung der Augenbewegungen hat in der Psychologie und Marktforschung eine lange Tradition. Doch erst die technologischen Fortschritte der vergangenen Jahre und der Preisverfall der benötigten Komponenten haben die Entwicklung zuverlässiger und leistbarer Systeme zur Erfassung und Auswertung ermöglicht. Dies ermöglichte auch die Widerlegung gängiger Marketing-Mythen, wonach besonders große Logos mehr Anklang bei den Kunden finden würden.

Schräge Regale steigern Umsatz

Ähnlich ging Unilever beim Entwurf einer neuen Flasche für die AXE-Duschgelserie vor. Ausgestattet mit einer Virtual-Reality-Brille ließen sie Kunden durch eine 3D-Regalreihe spazieren, wobei ihre Bewegungen mitverfolgt wurden. Die Auswertung führte dazu, dass die bislang kurvigen Behälter mit einem geradlinigeren Design ersetzt wurden. Zudem konnte man feststellen, dass angewinkelte Regale, die Produkte bei Entnahme automatisch nach vorne rutschen lassen, besseren Zuspruch finden. Seit der Umrüstung sollen die Deodorant-Verkäufe bei einem Retailer um 3,5 Prozent gestiegen sein.

Bei Procter & Gamble werden mittlerweile 80 Prozent aller Produktprototypen nur noch virtuell erstellt. Laut Firmenchef Bob McDonald sind die Einsparungen signifikant. Denn die physische Gestaltung eines neuen Produktes kostet in der Regel rund 1.500 Dollar (etwa 1.230 Euro).