Maut-Debatte lenkt von Reformstau in der Verkehrspolitik ab. Ramsauer muss Pro-Maut-Kurs korrigieren
Berlin (ots) – Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aufgefordert, die für Mitte September geplante Einsetzung einer Maut-Kommission abzusagen. Den Befürwortern einer Pkw-Maut oder einer Autobahn-Vignette gehe es primär darum, zusätzliches Geld zur Finanzierung von Prestigeprojekten einzunehmen. Der BUND kritisiert vor allem die Planungen der Autobahnen A 14 von Magdeburg nach Schwerin, A 94 in Bayern und A 100 in Berlin. Diese Projekte dienten nicht dem Umwelt- und Klimaschutz. Sie seien auch nicht im Interesse der Bevölkerung und der Autofahrer. Stattdessen müsse mehr in den Ausbau der kommunalen Verkehrsinfrastruktur und den öffentlichen Nahverkehr investiert werden.
„Bevor eine regierungsamtliche Kommission Maut-Modelle zur Finanzierung neuer Straßen entwickelt, müssen die Verkehrsinvestitionen grundsätzlich neu geordnet werden“, sagte der BUND-Verkehrsexperte Werner Reh. „Dabei muss ganz klar der Grundsatz Erhalt vor Neubau gelten.“ Um Straßen instand halten zu können, müssten insbesondere Länder und Kommunen mit maroder Verkehrsinfrastruktur zusätzliche Finanzmittel erhalten. Der BUND-Experte bezifferte die Finanzierungslücke beim Erhalt der Verkehrsinfrastruktur von Kommunen auf sieben Milliarden Euro jährlich, den Ländern fehlten pro Jahr rund eine Milliarde Euro. Unverantwortlichen Wunschlisten der Bundesländer zum Neubau von Autobahnen oder Ortsumgehungen müsse jedoch eine klare Absage erteilt werden.
Reh: „Mit seinem Votum für die Pkw-Maut nützt Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer vor allem der Baubranche. Der geht es zuerst um lukrative Bauaufträge für Autobahnen und nicht um ein umweltfreundliches Verkehrssystem. Die Maut-Befürworter instrumentalisieren die Probleme beim Erhalt der Straßen, um frisches Geld zur Fortsetzung der verkorksten Investitionspolitik im Verkehrssektor einzunehmen.“
Die Europäische Kommission und auch der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag sehen vor, bisher auf die Allgemeinheit abgewälzte Kosten des Verkehrs wie Umweltschadens- oder Unfallkosten dem jeweiligen Verkehrsmittel anzulasten. Die Höhe dieser sogenannten „externalisierten“ Kosten liegt laut BUND beim Pkw-Verkehr in einer Größenordnung von etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr. Die Umweltschützer befürworten die Einbeziehung externalisierter Kosten. Insbesondere eine Autobahn-Vignette wirke jedoch als ökologisch schädliche „Flatrate für weite Strecken und Vielfahrer“. Neben der Möglichkeit einer Anhebung der Mineralöl- oder der Ökosteuer sieht Reh derzeit nur in dem Schweizer Lkw-Maut-Modell eine Perspektive. Auf Pkw übertragen könnte eine solche Maut entfernungsabhängig im gesamten Straßennetz elektronisch erhoben werden.
Reh: „Sollte eine Pkw-Maut in Deutschland kommen, dann müssen die eingezogenen Gelder verwendet werden, um den Erhalt vorhandener und den Rückbau überflüssiger Straßen zu finanzieren. Außerdem müssen öffentliche Nahverkehrssysteme in den Städten und im ländlichen Raum modernisiert werden.“ Allein im öffentlichen Nahverkehr der Städte fehlten laut BUND dafür rund zwei Milliarden Euro pro Jahr.
Ein BUND-Hintergrundpapier zur Maut-Debatte finden Sie im Internet unter: http://bit.ly/pm69Dy