Mindestlohn: Normenkontrollrat mit vernichtendem Urteil zum Gesetzentwurf
DEHOGA: Der beim Bundeskanzleramt angesiedelte Normenkontrollrat hat sich – aufgabengemäß – mit dem aktuellen Gesetzentwurf zum Mindestlohn beschäftigt. Das Ergebnis des zehnköpfigen Expertengremiums, das insbesondere für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung sorgen soll, fällt ziemlich vernichtend aus. Die FAZ titelt mit „Ohrfeige für die Bundesregierung“ und zitiert:„Im Entwurf werden die wesentlichen Aufwände (die Erhöhung der Lohnsumme durch den Mindestlohn sowie der Aufwand auf Seiten der Zollverwaltung auf Grund der Prüfungen) nicht dargestellt […] Mit Blick auf die Bedeutung des Vorhabens fehlt dem Gesetzgeber durch die lückenhafte Darstellung der Kostenfolgen und der Regelungsalternativen eine wichtige Entscheidungsgrundlage.“
Darüber hinaus weist der Normenkontrollrat auf die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechneten Belastungen der Unternehmen in der Anfangsphase in Höhe von 16 Milliarden Euro hin, während die Bundesregierung im Gesetzentwurf nur auf Bürokratiekosten im engen Sinne eingeht, welche für die Wirtschaft nur in geringem Maße entstünden. Der Normenkontrollrat formulierte seine Erwartung, dass der Verwaltungsaufwand durch die geplanten Mindestlohn-Kontrollen, auf den bislang im Gesetzentwurf nur allgemein und ohne genaue Zahlen hingewiesen wird, ermittelt und in das parlamentarische Verfahren eingebracht wird.
Der Normenkontrollrat bestätigt und konkretisiert damit die Kritik der Wirtschaft an den bürokratischen Auswirkungen des Mindestlohns. Nicht nur die drohenden Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt, auch die absehbaren hohen Bürokratiekosten werden durch die Bundesregierung schöngerechnet. Ein besonderer Brennpunkt für das Gastgewerbe ist auch die geplante Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Da es insbesondere in den kleinen und mittelständischen Betrieben der Branche in aller Regel keine Systeme zur Erfassung der Arbeitsstunden gibt, ist hiermit ein hoher Aufwand und eine massive Investitionsbelastung der Unternehmen verbunden. Außerdem ist es eine geradezu absurde Vorstellung, dass demnächst der Arbeitgeber eines jeden Küchenchefs, Hoteldirektors oder Vorstandsmitgliedes einer internationalen Hotelkette verpflichtet werden soll, deren Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Regelungen z.B. zur Vertrauensarbeitszeit würden damit vollständig ins Leere laufen.
Auch was den Arbeitsmarkt angeht, wurden aktuell neue negative Berechnungen veröffentlicht: Das zur Bundesagentur für Arbeit gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlichte Zahlen, die belegen, dass der Mindestlohn nur einem kleinen Bruchteil der Hartz IV-Bezieher hilft. Die Berechnungen der Wissenschaftler haben ergeben, dass durch den Mindestlohn nicht einmal 5 Prozent der rund 1,3 Millionen berufstätigen Hartz-IV-Beziehern – also der sogenannten Aufstocker – der Schritt aus der Grundsicherung gelingen wird. Da der Mehrverdienst mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet wird, bleibt für die restlichen 95 Prozent laut IAB letztlich kaum etwas von der Lohnerhöhung hängen – die Wissenschaftler gehen von zehn bis zwölf Euro im Monat aus. Profitieren wird von den höheren Löhnen der Aufstocker also im Wesentlichen nur der Staat, der jährlich rund 700 bis 900 Millionen Euro an Arbeitslosengeld II einsparen könnte – allerdings auch dies nur unter der Voraussetzung, dass alle Arbeitgeber in der Lage sind, den Mindestlohn an alle zu zahlen und nicht statt dessen Mitarbeiter entlassen.
Den Artikel „Der Mindestlohn verfehlt sein Ziel“ zur Aufstockerproblematik finden Sie hier…