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Kultur & Wissenschaft

Musik Chopins und Lyrik von Goll in Lübeck

„Wo Texte klingen und Töne sprechen“ lautete das Motto eines literarisch-musikalischen Abends zum 200.Geburtstag Frederic Chopins am letzten Dienstag im hell erleuchteten Großen Saal des Gesellschaftshauses der Lübecker „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“. Klaus Rainer Goll, Lübeck, mit einem schwarzen Hemd und einem roten Schal bedresst, präsentierte bei dieser anspruchsvollen Soiree nach einführenden Worten Jürgen Schwalms Lyrik aus seinen Gedichtbänden „Windstunden“, „Dies kurze Leben“ und „Zeit vergeht“ und Olaf Silberbach bot im schwarzen Anzug die Nocturnes von Chopin.Nocturnes sind nicht eigentlich die Erfindung Chopins, obwohl man ihn lange Zeit vornehmlich mit dieser Gattung der „Nachtstücke“ identifizierte. Vor ihm hatte sie bereits der Ire John Field komponiert; stilistische Prototypen finden sich auch bei Franz Schubert. Doch war es erst Chopin, der diese Form zur Vollendung führte.
Gleich beiden Vorbildern wählte Chopin für seine Stücke meist die schlichte dreiteilige Liedform, deren Außensätze gewöhnlich langsamer als der Mittelteil sind. Doch handhabt er dieses Schema nicht starr; ebenso geistreich wie seine Figurationen und harmonischen Lösungen sind die formalen Einfälle. Die Stimmungs- und Empfindungswelt der Nocturnes ist ebenso wie die der Lyrik Klaus Rainer Golls überaus vielschichtig. Es sind auch bei diesem Autor Einblicke in eine romantische Seele. Über allem liegt ein Hauch Schwermut, die erst in den letzten Stücken Chopins matt, sonst aber durchaus kraftvoll wirkt. Nicht zu vergessen ist ein dämonisch-gespenstischer Aspekt, der an die Literatur der französischen Romantiker erinnert.
Schwärmerische Nachtgesänge, von Liebesklagen und weichen Leidenschaften kündend, in Mondschein getauchte Parklandschaften als Ort zarter Träumerei und glühender Gefühle: das ist es, was die empfindsamen Seelen in diesen so verschieden gestalteten lyrischen und musikalischen Gebilden suchen und zu finden glauben. Romantische Subjektivität, ein Entblößen der intimsten psychischen Sphären sind das Neue, das hier mit der Suggestion einer sehr persönlichen , fast esoterischen Tonsprache und Wortmusik die Zuhörerinnen und Zuhörer betört und verzaubert.
Klaus Rainer Goll, der seit dreißig Jahren den „Lübecker Autorenkreis und seine Freunde e.V.“ leitet, las seine ausdrucksvolle, bilderreiche und philosophisch inspirierte Lyrik einfühlsam und nuanciert. Olaf Silberbach präsentierte die Nocturnes virtuos, brillant, strahlend und glorios und mit viel Verve und Esprit.
Die beiden Künstler erhielten bei dieser Veranstaltung im Rahmen der „Dienstagsvorträge“  gemeinsam mit dem „Lübecker Autorenkreis und seine Freunde e.V.“ sehr viel Beifall von den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern.
Lutz Gallinat