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Politik & Wirtschaft

NABU-Studie: Müllverbrennung wächst unkontrolliert – Tschimpke: Deutschland droht zum Hauptmüllimportland Mitteleuropas zu werden

NABU
Berlin – Deutschland verbrennt schon heute mehr Müll als überhaupt im Inland anfällt. Weil zu viele Müllverbrennungsanlagen existieren, drohen jetzt massive Importe aus dem Ausland und weniger Recycling. Bis zum Jahr 2020 können diese Überkapazitäten auf bis zu 8,6 Millionen Tonnen im Jahr anwachsen. In den kommenden Jahren sind 28 Neuanlagen sowie der Ausbau sechs weiterer Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 5,5 Millionen Tonnen geplant. Zu diesen Ergebnissen kommt eine heute in Berlin vorgelegte Studie des NABU, die von der Prognos AG erstellt wurde. Unter Müllverbrennung versteht der NABU sowohl die thermische Abfallbeseitigung als auch die Verbrennung von sortiertem Abfall in den seit 2005 gebauten Ersatzbrennstoffkraftwerken.
„Bereits heute werden netto etwa zwei Millionen Tonnen Abfall nach Deutschland importiert. Diese Menge entspricht der Kapazität von vier großen Müllverbrennungsanlagen oder einem mit Müll beladenen Güterzug von 1000 Kilometern Länge. Werden die geplanten Anlagen gebaut, droht Deutschland zum Hauptmüllimportland, um nicht zu sagen zur Müllverbrennungsanlage Mitteleuropas zu werden“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
„Deutschland kann vor allem das Recycling und die Bioabfallverwertung ohne Probleme noch erhöhen. Das verlangen auch die Vorgaben aus der neuen EU-Abfallrahmenrichtlinie. Dann fällt aber noch weniger Abfall zur Verbrennung an. An dieser Stelle ist die Politik gefordert, das Dilemma aufzulösen“, erklärte Holger Alwast, Marktfeldleiter Abfall und Sekundärrohstoffe bei Prognos.
Die Prognos AG hat im Auftrag des NABU das Wachstum der Müllverbrennungskapazitäten in verschiedenen Szenarien dem Abfallaufkommen bis zum Jahr 2020 gegenübergestellt. Danach wird die in Deutschland jährlich zur Verbrennung anfallende Müllmenge im Jahr 2020 zwischen 25 und 27 Millionen Tonnen betragen. Um alle Anlagen wirtschaftlich auszulasten, müssten jährlich zwischen 31 und 33 Millionen Tonnen verbrannt werden. „Die Entsorgungsbranche wird Wege finden, genug Brennstoff aus dem Ausland für ihre Anlagen einzukaufen, um diese Auslastungslücke zu schließen. Hier kommt ein nicht zu unterschätzendes neues Müllproblem auf uns zu“, so Tschimpke.
Angesichts der Ergebnisse der Studie sowie der anstehenden Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes fordert der NABU die Bundespolitik auf, jetzt die Weichen zu stellen – für mehr Recycling und weniger Müllverbrennung. Zumal das Recycling nach EU-Angaben zwischen fünf und sieben mal mehr Arbeitsplätze schafft als die Abfallverbrennung. Ein weiterer Schritt ist die Wiedereinführung des Näheprinzips, damit auch tatsächlich nur der Müll behandelt wird, der vor Ort anfällt.
„Wir fordern ein sofortiges Moratorium für den Neubau und die Erneuerung der ökologisch und ökonomisch sinnlosen Müllverbrennungsanlagen. Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft heißt, Müll zu vermeiden sowie die enthaltenen Rohstoffe zu nutzen und nicht schonungslos zu verfeuern. Anstatt auf ressourcenvernichtende Verbrennungsanlagen zu setzen, fordern wir neue Recyclinganlagen, die das Klima weniger belasten“, so NABU-Präsident Tschimpke.