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Naturnahe Wirtschaft: Fehmarns Campingplätze im Fokus der IHK zu Lübeck

Mit seinen 6.500 Standplätzen auf 17 Campingplätzen hat Fehmarn die höchste Dichte an naturnahen Übernachtungsmöglichkeiten in Europa. Die Campingplätze tragen rund 40 Prozent der mehr als 2,6 Millionen Übernachtungen pro Jahr zur Tourismusbilanz der Insel bei. Die Betriebe würden noch mehr Leistungen anbieten, benötigen dafür aber bessere Rahmenbedingungen. Das wurde in den Gesprächen deutlich, die der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, Rüdiger Schacht, und IHK-Tourismusreferentin Filia Severin mit Betreibern der Familienunternehmen geführt haben.

„Fehmarn lebt von Tourismus“, betonte Bürgermeister Jörg Weber. Auf der Insel gebe es zusätzlich zum umfangreichen Campingangebot mehr als 15.000 Betten – etwa in Hotels und bei knapp 1.200 privaten Vermietern. 420.000 Menschen haben in diesem Jahr Übernachtungen gebucht. Aufgrund der steigenden Attraktivität der Insel planten Investoren mehrere Hotelneubauten, unter anderem Familie Riechey, die den Camping- und Ferienpark Wulfener Hals betreibt. Zudem könnte ein „touristisches Ankerprojekt“ am Südstrand bald an den Start gehen, kündigte der Bürgermeister an. Die Stadt rechnet mit einer zusätzlichen Wertschöpfung in Höhe von 14 Millionen Euro (aktuell: 250 Millionen Euro) sowie mehr als 300.000 Euro Kur- und Tourismusabgaben pro Jahr. Tourismusmanager Oliver Behncke stellte heraus, dass Fehmarn sich nach der Fertigstellung des Fehmarnbelt-Tunnels 2029 auch als Kongressstandort positionieren könnte.

Die Campingbranche begrüßt diese Investitionen und lockt ihre Gäste mit 17 unterschiedlichen Profilen. Zurzeit profitiert sie vom Caravaning-Trend. Rund 3.500 Dauercamper haben Stellplätze gemietet, die 3.000 weiteren sind ausgelastet. „Dennoch waren die Rahmenbedingungen für unsere Branche schon besser“, sagte Malte Riechey vom Wulfener Hals und bezog sich auf die Belastungen in den Bereichen Energie, Klimaneutralität, Arbeitskräftemangel und öffentliche Infrastruktur. Gunnar Mehnert von Strandcamping Wallnau betonte, dass die Betreiber viel Geld in nachhaltige Projekte investierten, um Energie zu sparen, Ressourcen zu schonen und den Gästen einen naturnahen Aufenthalt an der Ostsee zu ermöglichen. Die erwarteten Kürzungen der Förderungen von Energiespar-Projekten seien allerdings ein Hemmschuh. Zudem forderte er mehr staatliche Investitionen in die Infrastruktur zur Steigerung der Erreichbarkeit der Insel und als Beitrag zur Klimaneutralität.

Auch Bürgervorsteher Holger Micheel-Sprenger stellte heraus, wie groß die Wirtschaftskraft und wie stark das Unternehmertum auf der Insel seien. „Was die Betriebe erwirtschaften, investieren sie auf Fehmarn“, sagte er. „Wir können froh sein, dass die Betriebe sogar selbst in den Küstenschutz investieren.“ Die Sturmflut im vergangenen Oktober hatte die Insel schwer getroffen, das Wasser richtete vor allem auf den Campingplätzen zum Teil große Schäden an. Diese seien noch nicht vollständig behoben, das bisher Erreichte sei jedoch nur durch die enorme Eigeninitiative der „naturnahen Wirtschaft“ möglich gewesen, sagte der Bürgervorsteher.

An die IHK richteten Unternehmer und Stadtspitze mehrere Wünsche: Unterstützung gegenüber der Landesregierung und der Landesplanung, um die Einrichtung von temporärem Wohnraum für die Arbeiter an den Großbaustellen am Fehmarnbelt und Fehmarnsund nach dem Vorbild von Northvolt in Heide zu ermöglichen. Für den Fall einer verzögerten Fertigstellung der Querung des Fehmarnsund bitten die Unternehmer die IHK, ihren Einfluss besonders gegenüber der Bundesregierung dahingehend geltend zu machen, dass es nicht zu weiteren Belastungen der Insel, vor allem nicht zu weiteren negativen Auswirkungen auf die Erreichbarkeit kommen dürfe. Rüdiger Schacht sagte zu, diese Themen in die Gespräche mit Politik und Bahn mitzunehmen. Zugleich warb er für die Teilnahme an den Fehmarnbelt Days vom 14. bis 16. Juni 2025 in Lübeck. Diese Veranstaltung sei die ideale Kommunikationsplattform für alle beteiligten Akteure.

Ein weiteres bedeutendes Problem für die Campingbranche ist der Mangel an Arbeitskräften. Frank Denker, Vorsitzender des Tourismusausschusses der IHK zu Lübeck und Mitglied der IHK-Vollversammlung, berichtete, dass er in seinem gastronomischen Betrieb Einwanderer beschäftige. Es sei allerdings möglich, auch vor Ort Personal zu gewinnen. „Ich arbeite seit 40 Jahren in dieser Branche und bin immer noch zufrieden. Diese Begeisterung für gastronomische Berufe muss ich weitergeben, in Vorträgen an Schulen oder in den sozialen Medien“, sagte er und betonte, dass er zurzeit viele „tolle und leistungsbereite junge Leute mit dem ‚Dienstleistungs-Gen‘ kennengelernt habe“. Wichtig sei es, Auszubildende einzubinden und durch Trainings oder Weiterbildungen zu halten. Zwar sei Fehmarn nicht unmittelbar mit dem Ballungsraum Lübeck vergleichbar, aber auch auf der Insel böten sich viele Möglichkeiten zur positiven Darstellung und Bewerbung der abwechslungsreichen Berufe.

Darüber hinaus unterstütze die IHK die Betriebe bei der Anwerbung von Mitarbeitern aus Drittländern. Über die verschiedenen Möglichkeiten berichtete Laura Sonnen, IHK- Referentin Fachkräftesicherung – international. Hat ein Unternehmen im Ausland Bewerber gefunden, helfe die IHK dabei, die Voraussetzungen für die Arbeitsaufnahme zu schaffen. Über ihr internationales Netzwerk bietet die IHK zudem Bewerbungsverfahren mit qualifizierten Arbeitskräften aus Brasilien, Indien und Vietnam an. Für Saisonbetriebe wie die Campingplätze sei vermutlich auch die „kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung“ eine Option, so Sonnen. Blieben die Arbeitskräfte nur acht Monate in dem Unternehmen, wären die Auflagen für die Beschäftigung nicht so hoch.

Am Ende der Gespräche war Rüdiger Schacht zufrieden: „Wir wollten erfahren, wo der Schuh drückt. Im Dialog haben wir viele gute Anregungen und Aufträge für unsere Arbeit erhalten. Diese werden wir umgehend anpacken und bei den folgenden Branchengesprächen auf Fehmarn über den Status berichten.“
Bitte beachten Sie auch das Pressefoto. Copyright: IHK/Özren

Bildunterschrift:
Gruppenfoto auf dem Deich Wulfener Hals: Vertreterinnen und Vertreter der IHK zu Lübeck trafen Campingplatzbetreiber auf Fehmarn zum fachlichen Austausch .