NSA-Untersuchungsausschuss: Der Fisch stinkt vom Kopf her
Heute fand in Berlin eine Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses statt, bei der es im nichtöffentlichen Teil zunächst um die Vernehmung von Edward Snowden und anschließend im öffentlichen Teil um die Bewertung der Überwachungsprogramme der Five-Eyes unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten ging. Zeitgleich hat der Landtag von Nordrhein-Westfalen heute einen Antrag der Piratenpartei abgelehnt, der im Einklang mit der Forderung des Chaos Computer Clubs einen sicheren Aufenthalt für den politischen Whistleblower Edward Snowden in der Bundesrepublik Deutschland fordert [1][2]. Als Themenbeauftragter der Piratenpartei für den NSA-Skandal kommentiert Jens Stomber die Geschehnisse wie folgt:
»Unseren Verdacht, dass die Bundesregierung beim Thema Geheimdienstkontrolle den Keller voller Leichen hat, hat auch die heutige öffentliche Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag noch einmal eindrucksvoll bestätigt.
Nach Auffassung der befragten Sachverständigen, haben deutsche Geheimdienste in der Kooperation mit der NSA fortlaufend nicht nur gegen die Verfassung, sondern auch gegen das Völkerrecht [3] verstoßen.
Der aktuelle Debatte um den Aufenthalt von Edward Snowden in Deutschland zeigt sehr deutlich, dass diese Bundesregierung vor keiner Schweinerei zurückschrecken wird, um zu verhindern, dass Edward Snowden Zuflucht in Deutschland findet. Denn Snowdenkönnte aus einem sicheren diplomatischen Status heraus den Verfassungsbruch der deutschen Sicherheitsbehörden mit unzensierten Originaldokumenten vor einem deutschen Untersuchungsausschuss darlegen. Täte er dies, gäbe es auch für den Generalbundesanwalt keine Ausrede mehr: Er müsste ein Ermittlungsverfahren wegen Massenüberwachung der deutschen Bevölkerung gegen unsere Dienste und deren Partner führen [4].
Der Fisch stinkt vom Kopf her: Wenn der CDU-Innenminister De Maizière von den USA aus verlautbaren lässt, Snowden hätte keine Zukunft in Deutschland, dann ist das eine deutliche Drohgebärde, um Edward Snowden und seine Unterstützer einzuschüchtern. Hier sagt ein deutscher Innenminister: „Wir spielen Hardball und uns ist jedes Mittel recht!“ [5]
Unter diesen Vorzeichen war es eigentlich klar, dass die Forderung der PIRATEN im Landtag Nordrhein-Westfalen, den politischen Whistleblower Edward Snowden in Deutschland vor dem Zugriff der USA zu schützen, scheitern musste. Die SPD regiert mit der CDU im Verbund und ist ebenso mit den Grünen in der Regierungskoalition in NRW verzahnt. Über diese Verbindungen wurde seit der Einreichung des Antrags im November vergangenen Jahres vom Bund aus Druck auf NRW ausgeübt, diesen Antrag abzulehnen. Positive politische Signale für den mutigen Whistleblower Edward Snowden sollen so im Keim erstickt werden.
Durch die eingeschlagene Verzögerungstaktik bei der Frage zu Snowdens Vernehmung soll die ganze Affäre soweit in die Länge gezogen werden, bis das Publikum wohlmöglich während der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft abgelenkt ist und der öffentliche Druck soweit zurückgeht, dass die Bundesregierung den Rest der Affäre unter den Teppich kehren kann. Wir Piraten werden dies jedoch nicht zulassen, sondern alles dafür tun, um durch Informationen und Aktionen die engagierte Öffentlichkeit aufzuklären und mitzureißen und dieses wichtige Thema zukünftig noch besser zu vermitteln.[6]
Seit der heutigen Abstimmung in NRW ist vor allem eines deutlich geworden: Netzpolitik und Digitale Bürgerrechte sind für die etablierten politischen Kräfte leider bisher nur leere Versprechen und haben hinter den übrigen Programmpunkten kaum Bedeutung. Deutschland braucht daher die Piratenpartei, deren Kernthema der Schutz unserer Grundrechte im Internet ist und die offenbar als einzige politische Partei den Mut hat, gegen den Strom zu schwimmen und sich mit Edward Snowden und seinen Unterstützern wie dem CCC kompromisslos zu solidarisieren.«
Quellen:
[1] Forderung des Chaos Computer Clubs http://ccc.de/de/updates/2014/beschlussmv14
[2] Antrag der Piratenpartei im Landtag von NRW http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-4439.pdf
[3] PIRATEN fordern Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien http://stopwatching.de/ [4] Spionage bei der Telekom: Strafverfolgung und Vertragsverletzungsverfahren einleiten! https://www.piratenpartei.de/2013/08/28/spionage-bei-der-telekom-strafverfolgung-und-vertragsverletzungsverfahren-einleiten/
[5] De Maizière: Snowden hat keine Zukunft in Deutschland http://www.gulli.com/news/23889-de-maizire-snowden-hat-keine-zukunft-in-deutschland-2014-05-21
[6] Piraten erzählen – Das Journal zum NSA Untersuchungsausschuss http://piraten-erzaehlen.de/