Öffentlichkeit als Richter?
Gegen das Mitglied und den ersten Bundestagsabgeordneten der Piratenpartei Deutschland Jörg Tauss beginnt am 18. Mai ein Strafverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe. Nach einer für einen Rechtsstaat völlig unverhältnismäßigen Vorverurteilung kommt es nun hoffentlich zur Klärung der gegen Tauss erhobenen Vorwürfe in Sachen Kinderpornographie. Über Schuld oder Unschuld dürfen nur Gerichte entscheiden und nicht Staatsanwaltschaften im Vorfeld eines Prozesses.Für die Piratenpartei ist die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils ein Grundpfeiler unseres Rechtsstaates. Dessen zunehmende Beschädigung ist mit Sorge zu betrachten. Nicht nur die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft Karlsruhe war im Fall Tauss aus diesem Grunde völlig inadäquat und höchst fragwürdig
Ganz offensichtlich versuchen Staatsanwaltschaften, Prozesse mit zunehmender Tendenz medial vorzuinszenieren. Dieses Vorgehen muss gestoppt werden. Die Piratenpartei Deutschland begrüßt es daher, dass sich aktuell auch der Deutsche Anwaltstag mit dieser unerfreulichen Entwicklung beschäftigt, die nicht nur bei Tauss, sondern auch bei den Fällen „No Angels“ oder Türk und zuletzt Kachelmann zu beobachten war.
Die richtige und wichtige Bekämpfung der Pornographie mit Kindern hat sich mittlerweile als wichtigste Waffe der Befürworter einer Umwandlung unseres Rechtsstaates in einen Präventionsstaat herausgestellt. Die berechtigte gesellschaftliche Empörung über den Missbrauch von Kindern wird zweckentfremdet eingesetzt. Vermutlich um diese Waffe weiter nutzen zu können, wird von der Exekutive bis hin zum BKA skandalöserweise wenig zur Löschung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten unternommen. Bei sogenannten Phishing-Seiten, die den Banken Schaden zufügen, geschieht dies in der Regel hingegen sehr schnell.
Die Piratenpartei wird den Verlauf und den Ausgang des Prozesses gegen Jörg Tauss mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.