Piraten kritisieren die zunehmende Datensammelwut des Verfassungsschutzes
Auf eine kleine Anfrage der Piratenfraktion im Kieler Landtag hin gibt das Innenministerium an, dass aktuell 23.096 Schleswig-Holsteiner vom Landesverfassungsschutz erfasst sind [1]. Im jüngst der Öffentlichkeit präsentierten Verfassungsschutzbericht 2013 wurde die Zahl der Extremisten in Schleswig-Holstein allerdings nur auf 2.648 Personen geschätzt. Laut kleiner Anfrage der PIRATEN sind also deutlich mehr Schleswig-Holsteiner ins Visier des Verfassungsschutzes geraten als öffentliche Zahlen vermuten ließen. Außerdem erfasste im Jahr 2011 der Verfassungsschutz noch 843 Personen neu, 2013 meldete der Verfassungsschutz bereits 2137 neu erfasste Personen (für 2012 konnte die Zahl nicht ausgewiesen werden).
Gegenüber diesen Zahlen aus Schleswig-Holstein sind in den länderübergreifenden Datenbanken, wie z.B. der bundesweiten Zentraldatei zum Terrorismus („Anti-Terror-Datei“) und der „Rechtsextremismusdatei“ aber nur 254 Schleswig-Holsteiner gespeichert. „Die Sammelwut des Verfassungsschutzes in Schleswig-Holstein zeigt sich jedem, der einfache Grundrechenarten beherrscht. Weshalb geraten immer mehr Bürger ins Visier des Verfassungsschutzes? Warum werden rund 20.000 Bürger in unserem Land zum Zweck der ‚Sicherheitsüberprüfung‘ ausgespäht?“, fragt Sven Stückelschweiger, Vorsitzender des Landesverbandes der Piratenpartei in Schleswig-Holstein.
„Ich befürchte, dass bloße Kontakte zu mutmaßlichen Extremisten dazu führen können, selbst erfasst zu werden“, führt der Datenschützer und Landtagsabgeordnete Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) aus. Dafür könne beispielsweise der Besuch von Veranstaltungen reichen. „Solche Kontakte müssen keineswegs einen extremistischen Hintergrund haben.“ Des Weiteren fordert er die konsequente Streichung geheimdienstlicher Überwachungsbefugnisse des Verfassungsschutzes. Dessen Befugnisse müssten auf die Auswertung öffentlicher Quellen beschränkt werden. „Ein geheim operierender Dienst hat in einem Rechtsstaat nichts zu suchen“, empört sich Breyer.
Die aktuellen Zahlen hatte das Innenministerium nur aufgrund einer kleinen Anfrage der PIRATEN veröffentlicht. Zentrale Praktiken des Verfassungsschutzes werden aber selbst auf Anfrage nicht offengelegt, z.B. bleibt die Frage unbeantwortet, wie häufig der Verfassungsschutz Handynutzer an einem bestimmten Ort erfasst („Funkzellenabfrage“) [2].
„Wir brauchen einen jährlichen Überwachungsbericht, der ungefragt und regelmäßig das Ausmaß der Überwachung in unserem Land offenlegt“, fasst Patrick Breyer die Forderung der PIRATEN zusammen.
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[Quellen]
[1]
http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1800/drucksache-18-1800.pdf
[2]
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1131.pdf