PRO ASYL fordert Aufnahmekonzept statt bloßer Finanzumverteilung
Am Donnerstag, den 23. Oktober 2014, haben Bund und Länder über die Flüchtlingsunterbringung beraten. Die Chefs der Staatskanzleien der Landesregierungen sind hierzu nach Berlin zu einem Treffen eingeladen gewesen.
PRO ASYL befürchtete: Das legitime Ziel der Umverteilung der Kosten von Ländern und Kommunen in Richtung Bund droht die Inhalte zu überlagern. Die Zu- und Missstände in fast allen Bundesländern legen es nahe, endlich über ein Konzept zur Aufnahme von Flüchtlingen zu reden. Dabei muss klar sein: Aufnahme ist mehr als die bloße Unterbringung.
Ziel eines Aufnahmekonzepts muss es sein, Asylsuchenden so früh wie möglich den Zugang zu Sprachkursen zu ermöglichen, ihre beruflichen Qualifikationen zu erhalten und die Chancen der Arbeitsmarktintegration zu verbessern. Der Ausschluss von den Integrationskursen muss sofort beendet und das ESF-Bundesprogramm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge sollte massiv ausgebaut werden. Dies entlastet die Kommunen, hilft den Flüchtlingen und verhindert Stresssituationen in Unterkünften, die durch jahrelanges Nichtstun hervorgerufen werden.
PRO ASYL sieht mit Sorge, dass aktuell viel Geld für Provisorien ausgegeben wird und vielerorts die Beauftragung privater Betreiberfirmen ohne große Qualitätsanforderungen als billige und schnelle Lösung angesehen wird. Eine zentrale Aufgabe eines Konzeptes der Flüchtlingsaufnahme muss es sein, provisorische Lebensverhältnisse so schnell wie möglich zu beenden und Flüchtlinge in Wohnungen zu vermitteln. Bundes- und Landesregelungen, die den Auszug aus den Unterkünften verhindern, müssen abgeschafft werden. Flüchtlinge müssen zudem im Rahmen eines notwendigen Programms des sozialen Wohnungsbaus eine Zielgruppe unter anderen werden.
PRO ASYL begrüßte, dass das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufgestockt werden soll. Bei der Abarbeitung des Erledigungsrückstandes von etwa 130.000 Fällen muss jedoch auf fairen und qualifizierten Anhörungen und Entscheidungen bestanden werden. Die Aufstockung des Personals wird auch nicht kurzfristig greifen können.
Beim Thema der Kostenverteilung für Lebensunterhalt und Unterbringung von Asylsuchenden scheint es die Einsicht zu geben, dass die Kostenerstattungsregelungen der Länder gegenüber den Kommunen fast überall nicht ausreichen und eine Beteiligung des Bundes angestrebt werden soll. Aus Sicht von PRO ASYL greifen die entsprechenden Vorschläge allerdings zu kurz. Konsequent wäre die Abschaffung des diskriminierenden und einer Abschreckungstradition verhafteten Asylbewerberleistungsgesetzes aus dem Jahre 1993. Dann wären die Flüchtlinge in das Regelversorgungssystem von SGB II und SGB XII integriert. Dies würde die Kommunen entlasten, die dann nur noch einen Teil der Kosten für die Unterbringung zu bestreiten hätten.
Die Übergriffe auf Asylsuchende in nordrhein-westfälischen Unterkünften haben deutlich gemacht, dass Kontrollsysteme nicht vorhanden oder ineffizient sind. Dies gilt auch in anderen Bundesländern. Notwendig sind Mindeststandards, effektive Kontrollen und ein Beschwerdemanagement in allen Bundesländern.
Dass der Einsatz von Wachschutzdiensten vielerorts zum Alltag gehört, ist nicht hinnehmbar. Flüchtlingsunterkünfte sind nicht per se Orte besonderer Gefährdung. Dass Wachschutzfirmen nicht nur zur Überwachung von Unterkünften nach außen tätig sind, sondern nach innen in polizeiähnlicher Funktion wirken, ist ein Skandal. Unterkunftsbetreiber müssen gezwungen werden, fachlich qualifiziertes Personal einzusetzen.
PRO ASYL forderte die Gipfelteilnehmerinnen und -teilnehmer auf, das aktuell sehr große ehrenamtliche Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen in den Kommunen zu unterstützen. Tausende von Menschen, die Flüchtlinge im Alltag begleiten, ihre Probleme klären helfen, die Deutschunterricht geben und vieles mehr brauchen ihrerseits Beratungsfachleute, an die sie sich wenden können.