Sensoren messen Arbeitszeit – Stoppuhr im Ärmel zeichnet Arbeitsschritte detailliert auf
Arbeiterin mit Inertialsensoren (Foto: Lintje GbR) – Magdeburg (pte016/03.01.2012/13:10) – Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) http://www.iff.fraunhofer.de haben im Auftrag des Magdeburger Ingenieurbüros Dr. Gruendler einen Arbeitszeitmesser entwickelt. „Drei in einen Ärmel integrierte streichholzschachtelgroße Sensoren nehmen die Bewegungen von Hand und Arm präzise auf und messen Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsschritte. Es geht um manuelle Montagetätigkeiten, wo Handlungen im gleichen Schema durchgeführt werden“, erläutert Martin Woitag, Wissenschaftler am IFF, gegenüber pressetext. Das kann etwa Hinlangen, Greifen, Vorrichten, Fügen, Prüfen oder Loslassen sein. Die miteinander verketteten Sensormodule befinden sich auf Höhe des Ober- und Unterarms sowie an der Hand. Der Mitarbeiter muss sich lediglich die beiden Ärmlinge überstreifen. Wie eine zweite Haut liegen sie eng, aber dennoch bequem an und beeinträchtigen den Beschäftigten nicht.
Forscher setzen auf Inertialsensoren
„Mit der bisherigen Stoppuhr-Methode lassen sich von einem Prozessorganisator, je nach Situation, maximal fünf Personen gleichzeitig erfassen. Mit unserer Lösung können Zeitaufnahmen automatisiert ohne zusätzlichen Personalaufwand sogar an mehreren Arbeitsplätzen parallel erfolgen. Entscheidend ist die höhere Genauigkeit und Objektivität des Systems“, sagt Woitag. Bei ihrer Lösung setzen die Forscher auf Inertialsensoren. Die Sensoren ermitteln die Beschleunigungen und Drehraten der Arme und Hände in den drei Achsen X, Y und Z. Im Gegensatz zu anderen Bewegungserfassungssystemen wie etwa GPS funktioniert die inertiale Messtechnik ohne weitere Infrastruktur, die Inertialsensoren können Positionen von Objekten im Raum selbstständig erkennen.
„Darüber hinaus muss unsere Lösung nicht aufwändig kalibriert werden. Ein Tool zum einmaligen Einlernen der Messpunkte direkt am Montagearbeitsplatz genügt“, erklärt Woitag. Eine PC-Applikation komplettiert das System. Die Software berechnet und rekonstruiert die Bewegungsabläufe auf Basis der Sensordaten. Sie zerlegt die Abläufe in Bewegungsabschnitte und bestimmt die zugehörigen Zeiten. Unternehmen, die im globalen Wettbewerb bestehen wollen, müssen ihre Prozessabläufe optimieren. Um manuelle Montagevorgänge effizient zu gestalten, erfassen Prüfer die Dauer der Arbeitsschritte bislang meist manuell. Eine Person stand mit der Stoppuhr oder mit digitalen Zeitboards hinter den Mitarbeitern, um die Dauer jeder einzelnen Bewegung zu ermitteln.
Hoher Stressfaktor für Angestellte
Allerdings ist diese Vorgehensweise nicht objektiv, fehlerträchtig und für alle Beteiligten mit Nachteilen verbunden: Für die Angestellten ist der Stressfaktor hoch, möglicherweise führen sie die Tätigkeiten nicht in ihrer üblichen Geschwindigkeit durch. Die Unternehmen müssen einen hohen personellen Aufwand betreiben und dementsprechend hohe Kosten tragen. Derzeit können die Ärmlinge für logistische und fertigungstechnische Montageaufgaben an Sitzarbeitsplätzen verwendet werden. Im nächsten Schritt wollen die Magdeburger Forscher das System so auslegen, dass sich auch Montagevorgänge analysieren lassen, bei denen ein Werker steht oder sich im Raum bewegt. Geplant ist außerdem, mit Hilfe der Inertialsensoren Körperhaltungen zu bestimmen und so zu prüfen, wie ergonomisch ein Arbeitsplatz gestaltet ist.