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Politik & Wirtschaft

Tobias Koch: Die Wahrheit muss auf den Tisch

Die Steuerzahler sollen nicht noch einmal für die Schieflage einer Bank aufkommen müssen – das war die Lehre aus der Finanzmarktkrise. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden mit Basel III die Eigenkapitalvorschriften für Banken erhöht, die Bankbilanzen wurden den Stresstests der Bankenaufsicht unterworfen, die Banken selbst wurden zur Zahlung der Bankenabgabe verpflichtet und mit der Europäischen Bankenunion wurden Mechanismen zur Abwicklung notleidender Großbanken entwickelt.

Was der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank jetzt hingegen fordert, ist das genaue Gegenteil all dieser Bemühungen. Wenn die Haupteigentümer der HSH Nordbank – also die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein – die Altlasten der HSH übernehmen, dann stehen wieder die Steuerzahler für deren Verluste gerade.

Allerdings haften die Länder mit der von sieben auf zehn Mrd. Euro wieder aufgestockten Garantie und mit dem Restbetrag der Gewährträgerhaftung von rund 15 Mrd. Euro ohnehin noch für die HSH Nordbank. Diese Risiken gilt es gegeneinander abzuwägen. Das Haftungsrisiko ist jedoch nach oben klar begrenzt und es sinkt zudem mit Auslaufen der Gewährträgerhaftung von Jahr zu Jahr weiter ab.

Mit der Auslagerung der Altlasten an eine staatliche „badbank“ der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ergibt sich hingegen eine vollkommen neue Situation.

Ich hatte bereits in der Landtagssitzung im Juli darauf hingewiesen, dass eine Auslagerung von Altlasten unmittelbar mit einem Verlust für die HSH Nordbank verbunden ist, der sich aus der Differenz zwischen Buchwert und Marktwert ergibt.

Für diesen Verlust müssen die Länder aus der Garantie aufkommen, was zu einer sofortigen Inanspruchnahme in Milliardenhöhe führen wird.

Anschließend stehen die Ländern dann aber in voller Höhe auch für die Altlasten bei der „badbank“ gerade.

 

Worum handelt es sich dabei:

Es handelt sich überwiegend um Kredite für Schiffe, die mittlerweile 10 Jahre alt sind. Veranschlagt man die Lebensdauer eines Containerschiffes mit 30 Jahren, so ist das zwar erst ein Drittel dieses Zeitraumes. Die damals gebauten Schiffsgrößen mit einer Ladungskapazität von 10 bis 14.000 TEU sind aber längst von der nächsten Schiffsgeneration abgelöst worden, die bis zu 20.000 Container transportiert.

Schiffe dieser Größe besitzen aufgrund der geringeren Betriebskosten pro Container einen klaren Wettbewerbsvorteil, weshalb trotz Schifffahrtskrise immer mehr Schiffe der neuesten Generation gebaut werden, weshalb es ein Überangebot an Transportkapazitäten gibt, weshalb wiederum die Charterraten am Boden bleiben.

Mit anderen Worten: Die 10 Jahre alten Schiffe der HSH Nordbank sind nicht mehr wettbewerbsfähig, und sie werden es auch in der Zukunft nicht mehr sein.

Und das ist doch auch genau der Grund weshalb sich die Bank von diesen Altlasten trennen will, weil aus diesem Kreditportefeuille Jahr für Jahr nichts anderes entsteht, als immer weitere Verluste.

Deshalb dürfen wir uns nichts vormachen: Bei einer Übernahme der Altlasten zum aktuellen Marktwert durch eine staatliche „badbank“ gibt es keine realistische Wertaufholungschance in der Zukunft, sondern die Länder bleiben auf den Verlusten der „badbank“ sitzen, bis nur noch der Schrottwert der Schiffe übrig ist.

So erschreckend sich dieses Szenario einer Übernahme von Altlasten durch eine staatliche „badbank“ darstellt, so muss es doch abgewogen werden gegen über dem bestehenden Haftungsrisiko aus Garantie und Gewährträgerhaftung.

Für uns als CDU-Fraktion ist klar, dass wir uns für die Variante entscheiden werden, die den Steuerzahler am wenigsten belastet. Der Schutz des Landesvermögens, oder besser gesagt die Verlustminimierung, hat für uns oberste Priorität.

Welche Variante das am Ende sein wird, hängt davon ab, in welchem Umfang Altlasten auf eine „badbank“ übertragen werden sollen. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, ob wir dabei über 10, 15 oder gar 20 Mrd. Euro sprechen.

Erst wenn dieses Ergebnis aus den Verhandlungen mit der EU-Kommission vorliegt, ist eine fundierte Berechnung möglich.

Zum jetzigen Zeitpunkt darüber zu spekulieren und ohne Kenntnis von Zahlen eine Abwicklung der Bank ins Spiel zu bringen, ist nicht nur verfrüht, sondern auch dazu geeignet, der Bank und damit dem Land und den Steuerzahlern Schaden zuzufügen.

Ungekehrt ist es aber genau so fahrlässig, die Gefahren herunter zu spielen. Nichts anderes ist die Aussage der Finanzministerin im NDR-Beitrag vom 10. September, die da lautete: „Ob es einen Schaden für den Landeshaushalt gibt und wie hoch dieser sein wird, könne Sie nicht sagen“.

 

Natürlich kann man das sagen, meine Damen und Herren:

Denn egal ob die Länder nun für die HSH Nordbank haften, oder ob sie die Altlasten in einer staatliche „badbank“ übernehmen, es wird den Steuerzahler so oder so Milliarden kosten.

Für die CDU-Fraktion sage ich deshalb ganz deutlich: Die Lösung kann nicht darin bestehen, diese Verluste in einem Schattenhaushalt der badbank zu verstecken, sondern die Wahrheit muss auf den Tisch. Wir brauchen volle Transparenz, und auch wenn es SPD, Grünen und SSW nicht gefällt: Es wird Konsequenzen für die Haushaltspolitik des Landes geben müssen.

Die Landesregierung ist deshalb aufgefordert, diese schwerwiegenden Entscheidungsprozesse in den nächsten Zeit so vorzubereiten, dass sie mit möglichst breiter Mehrheit getroffen werden können.

Mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit der Regierungsfraktionen ist es dafür nicht getan.

Schon allein um eine außergewöhnliche Notsituation festzustellen, bedarf es nach den Verfassungsvorgaben der Schuldenbremse einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.

Dieser Verantwortung müssen wir uns alle gemeinsam bewusst sein.