TOP 23 – Unternehmensgründungen erleichtern
Dazu sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze: Unsere Wirtschaft steht vor völlig neuen Herausforderungen, Digitalisierung und Vernetzung sind nur einige Aspekte. Die Entwicklung von der Share Economy bis zur dezentralen Energiewende bietet Chancen für eine ganz neue Art des Wirtschaftens – wir befinden uns quasi in einer neuen GründerInnenzeit.
Schleswig-Holstein ist führend bei den erneuerbaren Energien und bei den Ausgründungen aus den Hochschulen und die FDP tut mit ihrem Antrag so, als hätte noch kein Mensch in Schleswig-Holstein je darüber nachgedacht hat, wie man Unternehmensgründungen fördern kann. Das ist kein wertschätzender Umgang mit der guten Arbeit, die in Schleswig-Holstein geleistet wird.
Die Investitionsbank, die Bürgschaftsbank, unsere Gründungszentren, Hochschulen und IHKen und die Förderlotsen leisten eine sehr gute Arbeit.
Absolut ist die Zahl der Unternehmensgründungen in Schleswig-Holstein von zirka 18.000 auf 9.000 Gründungen um die Hälfte zurückgegangen. Doch dieses Phänomen ist kein spezielles schleswig-holsteinisches Problem, sondern ein bundesweiter Trend. Gemessen an den Zahlen aller Unternehmensgründungen aller Bundesländer macht es Schleswig-Holstein gar nicht so schlecht.
Gemessen an der Einwohnerzahl liegen acht Flächenländer und das Saarland unterhalb von Schleswig-Holstein, und nur drei Flächenländer (Hessen, Bayern und NRW) sowie die drei Stadtstaaten (Hamburg, Berlin und Bremen) liegen darüber.
Schleswig-Holstein liegt an Platz vier aller Flächenländer bei Unternehmensgründungen und weist eine grundsolide Tendenz auf. Das ist jetzt nicht spektakulär, aber immerhin besser – gemessen an den Turbulenzen, die andere Länder durchmachen und so wie ich es recherchiert habe, stellen sie als FDP diesen Antrag ja wortgleich auch in anderen Landtagen.
Liebe FDP, in der Tat es ist sehr bedauerlich, dass Unternehmensgründungen deutschlandweit zurückgehen. Zum Gründen gehört immer noch Mut, Tatkraft, Risikobereitschaft und Enthusiasmus. Wenn wir uns die Lage genauer anschauen, ist der von Ihnen vorlegte Antrag allerdings ein Schaufensterantrag. Alter Wein in neuen Schläuchen. Schuld ist die Bürokratie, Schuld sind die Sozis und die Grünen, weil sie zu viel Bürokratie produzieren. Die neue Magenta-FDP erfindet sich eben nicht neu, sondern wiederholt Altbekanntes, fehlt nur noch der Wunsch nach Steuerbefreiungen.
Sie liegen aber falsch: Wenn sie die Entwicklung in Schleswig-Holstein anschauen, dann lässt sich feststellen, dass Beratungsgespräche und Unternehmensgründungen zwar zurückgegangen sind, dass aber die Insolvenzen ebenfalls zurückgegangen sind. Also mehr Qualität der Gründungen als Quantität. GründerInnen kommen zunehmend mit soliden Ideen und vermehrt stelle ich fest, dass man gerade bei uns auch mit Grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben kann.
Dennoch schätze ich ihre Initiative. Gerade bei der Frage der Ausgründung aus den Hochschulen müssen wir genauer hinschauen. So schlecht stehen wir nicht da. In Schleswig-Holstein gibt es 8,5 Gründungen je 1.000 Studierende, also 5,9, mehr als im Länderdurchschnitt und interessant ist, dass diese Gründungen häufig im Bereich der Medizintechnik und bei den erneuerbaren Energien zu verzeichnen sind.
Meine Fraktion unterstützt von jeher die kleinen und mittleren Unternehmen. Gründungshemmnisse müssen abgebaut werden. Das vorgeschlagene bürokratiefreie Jahr ist jedoch Unsinn, wie soll das gesteuert werden? Eine GmbH von bürokratischen Pflichten auszunehmen, geht schon aus rechtlichen Gründen nicht.
Doch auch wir wollen Bürokratielasten und komplizierte Verfahren für GründerInnen reduzieren. Für uns wäre z.B. ein wichtigerer Schritt, dass wir beim Zugang von Kapital durch die Förderung von Venture Capital und Mikrokrediten – die meisten Gründungen haben einen Kapitalbedarf von unter 25.000 Euro – einen Schwerpunkt setzen.
Die Förderung einer neuen Kultur der Selbstständigkeit und ein besseres gesellschaftliches Investitionsklima gehören für uns dazu. Wichtig sind auch die Stärkung von Unternehmensübernahmen und die Stärkung von sozial-ökologischen Gründungsinitiativen sowie von genossenschaftlichen und selbstverwalteten Betrieben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach unserer Auffassung müssen wir auch akzeptieren, dass zu Risikobereitschaft und Innovation auch das Scheitern dazugehört. Wir vertrauen auch darauf, dass man aus Fehlern am besten lernt, wenn man wieder aufsteht und weitermacht. Scheitern muss man dürfen, scheitern ist ein wichtiger Baustein und gehört zu einer Kultur der Selbstständigkeit dazu.