TOP 32 – Kontakt zwischen Menschen und Wolf auf das geringstmögliche Maß reduzieren
Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Marlies Fritzen: Der Wolf war früher in ganz Europa verbreitet. In weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas galt der Wolf lange Zeit als ausgestorben. In Schleswig-Holstein wurde vor 200 Jahren der letzte Wolf erlegt. Jetzt ist er zurück. In Schleswig-Holstein sind bisher nur vereinzelte Wölfe nachgewiesen worden, Paare oder Rudel haben sich bisher nicht angesiedelt.Heute erkennen wir, dass offenbar immer mehr Wölfe auch in unser Land kommen. Möglicherweise wird es auch zu Rudelbildungen kommen, die man vor einigen Jahren noch ausgeschlossen hat. Da es aber in Niedersachsen bereits Wolfsrudel gibt und Wölfe in einer Nacht eine Entfernung von um die 70 Kilometer zurücklegen können, ist die Spekulation darüber, ob sich Rudel ansiedeln werden, oder nicht, eher müßig. Der Wolf ist in Schleswig-Holstein angekommen, daran kann es wohl keinen Zweifel mehr geben.
Die Rückkehr des Wolfes ist zunächst einmal ein Erfolg für den Artenschutz. Aber sie stellt uns auch vor Herausforderungen. Dazu gehört auch, dass wir den Umgang mit frei lebenden Raubtieren erst wieder lernen. Wildtiere sind keine Haustiere und wir müssen Distanz zu ihnen halten, damit der Wolf Distanz zu uns hält.
Werden Wölfe angefüttert, wie es auf einem Truppenübungsplatz im niedersächsischen Munster geschehen ist, verlieren sie ihre natürliche Scheu vor Menschen. Das nicht wahrhaben zu wollen, wäre leichtsinnig. Auf der anderen Seite ist es aber völlig unangebracht, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und mit Hinweis auf die Wölfe beispielsweise vor dem Verlassen von Wegen im Wald zu warnen.
Mit ihrem Antrag rennen die Piraten offene Türen ein. Diese wie auch die voran gegangenen Landesregierungen haben das Thema immer ernst genommen. Seit 2008 gibt es in Schleswig-Holstein ein Wolfsmanagement, das sich flexibel auf neue Situationen einstellt. Dafür ist den überwiegend ehrenamtlichen WolfsbetreuerInnen sehr zu danken.
Das heißt, dass wir die Menschen aufklären und ihnen Hinweise zum Verhalten geben müssen. Das heißt, dass wir mit den NutztierhalterInnen über Schutzmaßnahmen sprechen und dass wir wie bisher Entschädigungen schnell und unbürokratisch leisten müssen. Dazu gehört auch, dass solche Entschädigungen dann geleistet werden, wenn der Wolfsnachweis nicht eindeutig zu führen ist. Der Vorschlag der Piraten belastet die NutztierhalterInnen zusätzlich und das wollen wir ausdrücklich nicht.
Das heißt aber nicht, dass wir wie von den Piraten gefordert, Wolfsreviere einrichten. Das ist angesichts der Biologie und des Verhaltens von Wölfen, die nachts weite Strecken zurücklegen, gar nicht möglich, wenn man nicht ganz Schleswig-Holstein zum Wolfsrevier machen wollte.
Das heißt aber nicht, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird, wie einige JägerInnen es fordern. Dies widerspricht nicht nur geltendem EU-Artenschutzrecht und wäre zudem verfassungswidrig. Es hilft vor allem auch praktisch niemandem, weil die im Schadensfall notwendige schnelle Reaktion bis hin zum Abschuss eines Wolfes unnötig verkompliziert und verlängert wird.
Das heißt, nicht zuletzt vor allem, die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen. Diese sind völlig legitim und ihnen begegnet man am besten durch offenen Dialog und Aufklärung.
Mensch und Wolf, das ist eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte. Voller Mythen zwischen Verklärung und Horror. Hier und heute ist aber keine weitere Märchenstunde angesagt, sondern Aufklärung und ein vernünftiger Umgang mit einem faszinierenden und gefährlichen Raubtier.