Traditionen ohne Grenzen: Im hohen Norden Glögg trinken, Nisse treffen, Rummelpott laufen und einen Abstecher zum dänischen Prinzen machen
FOTO: Jöölbaum auf der Hallig / Swantje Paprotta
Die nordfriesische Geschichte war bis 1864 eng mit dem Königreich Dänemark verbunden, der heutige Grenzverlauf zwischen Dänemark und Deutschland wurde erst 1920 festgelegt und nahm teilweise einen kuriosen Verlauf: In Rudbøl (Ruttebüll) liegt sie mitten auf der Straße, so dass einander gegenüber liegende Häuser in verschiedenen Staaten stehen.
Wer im hohen Norden Urlaub an der nordsee* Schleswig-Holstein macht, dem begegnen dänische Schulen und Kindergärten oder Unterhaltungen auf Dänisch. Urlauber können sich auf die Spuren der deutsch-dänischen Geschichte begeben und auf beiden Seiten der Grenze Traditionelles und Typisches entdecken. Besonders zur Weihnachtszeit wird es hier stimmungsvoll, wenn auf beiden Seiten der Grenze gemütliche Weihnachtsmärkte einladen, in bester skandinavischer Tradition heißer Glögg genossen wird und die Nisse, dänische Hausgeister, im Dachgebälk poltern, bis sie mit einer Schale Milchreis besänftigt werden.
Königlicher Ausflug zu Dänemarks schönster Dorfstraße
Das märchenhafte Møgeltønder entführt Besucher auf Dänemarks schönster Dorfstraße in eine Bilderbuch-Idylle. Links und rechts des holprigen Kopfsteinpflasters ducken sich reetgedeckte Häuser hinter üppigen Bäumen, tagsüber kreuzen Enten die gemütliche Straße und abends tauchen nostalgische Laternen sie in ein warmes Licht. Kein Wunder, dass sich in diesem Paradies auch Hoheiten wohl fühlen: Ende des 17. Jahrhunderts wurde hier Schloss Schackenborg in barockem Stil erbaut, das Feldherr Hans Schack für seine Verdienste im Krieg gegen Schweden erhielt. Heute ist das Schloss Wohnsitz von Prinz Joachim und seiner Gemahlin Alexandra und kann daher nicht besichtigt werden. Im Rahmen von Führungen ist der prächtige Schlosspark aber eingeschränkt zugänglich und sehr sehenswert ist auch die Kirche am Ende der Schlossstraße, welche die älteste Orgel einer Dorfkirche in Dänemark aus dem Jahr 1679 beherbergt. Der Schackenborg Slotskro, seit 1687 königlich privilegierte Gaststätte, lädt Besucher zu genussvollen Pausen im historischen Ambiente ein. Hoch oben in Nordfriesland sind es von der dänischen Grenze nur 15 Autominuten nach Møgeltønder. Besonders stimmungsvoll wird es hier in der Adventszeit, wenn sich deutsche und dänische Weihnachtstraditionen vermischen.
Die fünftägige Radtour „Grenzroute“ führt entlang der schönsten Orte und Landschaften auf deutscher und dänischer Seite und macht auch in Møgeltønder Station. Informationen und Buchung bei nordsee radreisen, Tel. 04841/668517, info@nordsee-radreisen.de, www.nordsee-radreisen.de
Weihnachten wird an der Küste der Julbaum geschmückt
Einen ganz besonderen Weihnachtsbaum finden Besucher an der Küste und vor allem auf den Inseln und Halligen: Der Julbaum, im Sylter Friesisch auch Jöölboom und im Föhrer Friesisch Kenkenbuum genannt, ist eine hölzerne Variante des klassischen Tannenbaums. Entstanden ist das einfache Holzgestell, das mit immergrünen Zweigen aus Efeu oder Buchsbaum, vier Kerzen und Figuren geschmückt wird, aus der Not heraus, da es hier kaum Tannen gab. Wie die Weihnachtsbäume auf dem Festland symbolisiert auch der begrünte Julbaum die Hoffnung, dass auf den Winter der lebenspendende Frühling folgt.
Kenkentjüch heißen die Figuren, die oft aus Teig gefertigt sind und traditionell Adam und Eva, ein Schwein, eine Kuh, ein Pferd und einen Hahn darstellen. An der Küste dürfen natürlich auch Fisch und Segelschiff nicht fehlen. Je nach Größe des Julbaums werden auch kleine Geschenke in seine Arme gehängt.
Wer das Arrangement „Winter op de Hallig“ auf Hallig Hooge bucht, kann in stimmungsvoll-winterlicher Atmosphäre mitten in der Nordsee bei alten Sagen und Geschichten selbst einen Jöölbaum gestalten. Im Preis ab 375 Euro pro Person enthalten sind drei Übernachtungen mit Halbpension, eine Halligführung, Fackellauf über die winterliche Hallig, Lesung der alten Geschichten und Sagen, Theater-Besuch und ein Diavortrag. „Winter op de Hallig“ ist buchbar vom 24. bis 27. November 2011 (www.hooge.de).
Auf Sylt können Gäste am ersten Adventswochenende auf dem Morsumer „JööltironMuasem“, am zweiten Adventswochenende auf den gemütlichen Weihnachtsmärkten in Hörnum und List und am dritten Adventswochenende im Kaamp Hüs in Kampen einen echten Sylter Jöölboom erwerben (www.sylt.de).
Heiß und hochprozentig: Glögg und Eiergrog
Wenn eine winterliche steife Brise von der Nordsee über die Inseln und das weite, flache Land weht, dann wärmen sich Insulaner und Küstenbewohner auf beiden Seiten der Grenze in gemütlichen Krügen und Landgasthöfen an Glögg und Eiergrog. Der skandinavische Glögg aus Rotwein und Korn oder Wodka mit Zimt, Kardamom, Ingwer, Nelken, Rosinen und Mandeln wird traditionell in der Adventszeit genossen. Auch an der Nordsee Schleswig-Holsteins erfreut sich der Glögg größter Beliebtheit und wird auf den stimmungsvollen Weihnachtsmärkten genossen.
Er ist süß und süffig und hat es in sich: Für einen Schleswig-Holsteiner Eiergrog kommt ein Eigelb in einen Becher, das mit einem Esslöffel Zucker schaumig geschlagen wird. Aufgefüllt wird die fast steife Masse mit Rum und kochendem Wasser. In Dithmarschen kann die Zubereitung des köstlichen Getränkes in einem Eiergrog-Seminar erlernt werden (www.eiergrogseminar.de). „Sinhait!“ (zum Wohl) heißt es auf Deutschlands einziger Hochseeinsel, wenn der berühmte original Helgoländer Eiergrog auf den Tisch kommt (www.helgoland.de).
Süßes oder Saures beim Rummelpott-Laufen
„Lischen mok de Dör op, De Rummelpott will rin, hau de Katt den Schwanz aff, hau em nich to lang aff, lot’n lütten Stummel stohn denn wie wüllt noch wieder gohn.“
Dieses Lied erschallt alljährlich am Silvesterabend an der Nordseeküste und auf den Inseln aus vielen Kindermündern. Die Kleinen sind bunt und schrill gekleidet und haben einen Topf, eine Tasche oder Körbe in der Hand. In Gruppen gehen sie von Haus zu Haus und locken mit lustigen Liedern die Bewohner heraus. Süßigkeiten, Obst und manchmal auch Geld wird ersungen. Wer nichts gibt, muss mit einem Spottlied rechnen. Rummelpott heißt das Spektakel und hat eine lange Tradition im Norden Schleswig-Holsteins und im Süden Dänemarks. Der Begriff stammt aus dem Niederdeutschen (rummeln = poltern) und bezeichnete einst einen Topf, der mit einer Schweinsblase überzogen war und mit dem man mittels eines Schilfrohr Krach machte. In den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Neujahr sollten damit die Wintergeister vertrieben werden. Heute denken die Kinder wohl eher an die Beute. Wer die „Hulken“ oder „Kenkner“, wie die Rummelpott-Läufer auf Amrum und Föhr heißen, einmal selbst erleben möchte, kann eines der zahlreichen attraktiven Silvester-Arrangements auf dem Festland oder den Inseln buchen (www.nordseetourismus.de).
Nisse mit Milchreis besänftigen
In Dänemark aber auch auf der Insel Sylt leben der Sage nach in vielen alten Häusern Hausgeister. Die Nisse, wie die alten nordischen Wichtel genannt werden, bleiben meist unsichtbar in den dunklen Winkeln der Häuser, im Stall oder hinterm Ofen verborgen. Zum Vorschein kommen sie in Dänemark traditionell in der Weihnachtszeit. Mit ihren roten Mänteln, roten Kniehosen und roten Mützen lieferten sie wohl auch die Vorlage für den Gehilfen des Weihnachtsmannes. Im nördlichen Schleswig-Holstein und natürlich in Dänemark ist das Aufstellen von „Nisse-Männern“ in der Vorweihnachtszeit Tradition. Die Figuren werden aus Baumstücken gesägt und als Glücksbringer vor der Haustür aufgestellt. Dies soll die Nisse wohl auch besänftigen – sind sie doch den Menschen treu ergeben und erledigen nachts alle Arbeit in der Küche und im Stall, solange sie nicht geärgert werden. Zum Dank erwarten sie ihr tägliches Schüsselchen Milchreis. Wird dies vergessen oder fühlen sie sich beobachtet, können sie ungemütlich werden – dann poltern sie im Dachgebälk und spielen den Hausbewohnern allerlei Streiche.
Nationalsport an der Nordseeküste: Boßeln
Man nehme eine Kugel, finde eine Technik und schleudere sie weit weg. Klingt simpel, hat Tradition, macht allen Spaß und ist an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste so etwas wie Nationalsport. Boßeln heißt es in Norddeutschland. Ursprünglich war Boßeln ein Zeitvertreib für Landwirte in den langen Winterzeiten. Die Felder waren leer, die Bauern hatten weniger zu tun. Also wurde auf Wegen, Straßen, Äckern fleißig die Kugel geschleudert. Daraus entwickelte sich ein Mannschaftssport, bei dem das Team mit den wenigsten Würfen zum Zielpunkt gewinnt – unterstützt und gewärmt von hochprozentigen Heißgetränken, die in keinem der mitgeführten Bollerwagen fehlen. Heute riskieren auch Urlaubsgäste gerne mal eine Kugel – zum Beispiel in Büsum (www.buesum.de).
Alle Informationen zum Urlaub an der nordsee* Schleswig-Holstein bei der Nordsee-Tourismus-Service GmbH, Tel. 04841/89750, info@nordseetourismus.de, www.nordseetourismus.de
