Das interaktive Online-Magazin seit 1999

Aktuelle Nachrichten, lokale Themen aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik, Wirtschaft, Rezensionen und Veranstaltungen

Tipps & Informationen

Unkenntnis schützt vor Strafe nicht: Vermieter haften für falsche Wohnflächenangaben

In letzter Zeit ging des Öfteren die Meldung durch die Medien, dass sich Mieter in Bezug auf die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche von ihrem Vermieter getäuscht sahen. Nachberechnungen ergaben in einigen Fällen Abweichungen von über 30 % zwischen der vertraglich angegebenen und der tatsächlichen Wohnfläche. Mieter dürfen in solchen Fällen Regressansprüche geltend machen.

Hinter diesem unglücklichen Sachverhalt steckt jedoch in den seltensten Fällen ein Täuschungsversuch von Seiten des Vermieters. Es gibt einige komplizierte Umstände und Fallstricke bezüglich der Wohnflächenberechnung, die dazu führen können, dass solche Differenzen zustande kommen.

Auf welcher Grundlage basiert die Wohnflächenberechnung?

Seit dem 01.01.2004 gilt die Wohnflächenverordnung (WoFlV). Diese gilt zwingend für den öffentlich geförderten Wohnungsbau. Bei freifinanzierten Bauten kann der Bauunternehmer die Wohnflächenberechnung jedoch theoretisch auch nach der DIN-Norm 277 durchführen. In diesem Fall kommt eine höhere Quadratmeterzahl heraus als bei der Berechnung nach der Wohnflächenverordnung (siehe unten).

Bei Wohnbauten, die vor 2004 entstanden sind, basieren die Wohnflächenangaben meist auf der inzwischen veralteten DIN 283, die wiederum andere Werte hervorbringt.

Ein weiteres Problem ist, dass die Wohnfläche oft nach den Bauplänen errechnet wurde. Diese entsprechen aber in den seltensten Fällen den tatsächlichen Maßen, da der letzte Stand oft nicht dokumentiert ist, einfach anders gebaut bzw. später an- oder umgebaut wurde, ohne dass die Flächenangaben nochmal überprüft worden wären.

Aus diesen Gründen ist das Feld der Wohnflächenberechnung recht heterogen und kann, je nach angewandter Berechnungsformel, Unterschiede von bis zu 30 % aufweisen.

Was zählt als Wohnfläche?

Zunächst einmal gilt: Grundfläche ist nicht gleich Wohnfläche. Die WoFlV bewertet Grundflächen der einzelnen Räume hinsichtlich ihrer Wohnnutzung. Zur Wohnfläche zählen die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu der betroffenen Wohnung gehören, außerdem die Grundflächen von Wintergärten, Swimmingpools und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen sowie Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen (wenn diese ausschließlich zu der Wohnung gehören).

Raumteile unter Treppen und Dachschrägen werden ebenfalls berücksichtigt. Sofern diese eine lichte Höhe von mindestens 2 Metern ausweisen, finden sie vollständige Berücksichtigung. Bei einer lichten Höhe von mindestens 1 Meter und weniger als 2 Metern werden sie zur Hälfte angerechnet.

Bei Wintergärten wird danach entschieden, ob diese eine Beheizungsmöglichkeit haben oder nicht. Fehlt diese, so wird nur die Hälfte der Grundfläche in die Wohnfläche hineingerechnet. Sofern der Wintergarten beheizbar ist, wird seine Grundfläche vollständig berücksichtigt. Die Grundflächen von Schwimmbädern, Hobbyräumen und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen werden grundsätzlich zur Hälfte bei der Wohnfläche angerechnet.

Nicht zur Wohnfläche gehören die Flächen von Zubehörräumen (Keller, Waschküchen, Bodenräume, Heizungsräume, Trockenräume, Garage, Abstellräume und Kellerersatzräume außerhalb der Wohnung), von Geschäftsräumen sowie Räumen, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen.

Spielraum bei der Berechnung (und somit auch Streitpotential) existiert bei Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen. Die Regelanrechnung dieser Flächen liegt hier bei einem Viertel, höchstens jedoch bei der Hälfte. Bei besonders guten Lagen oder aufwändigen Balkon- und Terrassengestaltungen kann mehr Grundfläche zur Wohnfläche hinzugerechnet werden. Begründet wird dies durch den höheren Wohnwert, der dann dem Balkon oder der Terrasse zugesprochen wird. Ist der Wohnwert dieser Flächen gering (zum Beispiel wenn der Balkon auf eine sehr verkehrsreiche Straße oder hoch frequentierte Kreuzung ausgerichtet ist), ist auch eine Abweichung der Regelanrechnung nach unten möglich.

Die WoFlV sieht vor, dass die Grundfläche entweder durch Ausmessung im fertig gestellten Wohnraum oder auf Grund einer Bauzeichnung zu ermitteln ist. Falls abweichend von dieser Bauzeichnung gebaut worden ist, so muss die Grundfläche durch Ausmessung im fertig gestellten Wohnraum oder auf Grund einer berichtigten Bauzeichnung neu berechnet werden.

Was ist aber, wenn die Wohnfläche nach DIN 277 berechnet wurde?

Im Gegensatz zur WoFlV geht die DIN 277 von der tatsächlichen Grundfläche einer Immobilie aus und unterteilt diese in Nutz-, Verkehrs- und Funktionsfläche. Unterschieden wird hier zwischen Hauptnutzfläche (bewohnte Zimmer), Nebennutzfläche (z.B. Bad), Funktionsfläche (z.B. Hauswirtschaftsraum), Verkehrsfläche (z.B. Treppen, Flure).

Die größten Unterschiede der beiden Berechnungsarten ergeben sich bei Kellerräumen, Dachschrägen, Balkonen, Treppen und Terrassen. Keller und Dachböden werden nach der WoFlV nicht mit in die Wohnfläche eingerechnet, die DIN 277 zählt sie jedoch hinzu.

Während die Balkon-Grundfläche nach der WoFlV nur zu einem Viertel (maximal zur Hälfte) als Wohnfläche angesehen werden darf, so wird sie nach der DIN 277 zu 100% in die Nutzfläche eingerechnet. Bei Loggien, Terrassen und der Fläche unter Schrägen verhält es sich ähnlich.

Rein rechnerisch ergibt sich also eine höhere Quadratmeterzahl durch die DIN 277 als durch die WoFlV, insbesondere bei Wohnungen mit Dachschrägen. Weiß der Mieter oder Käufer nicht, nach welcher Berechnungsgrundlage die Wohnfläche bemessen wurde, kann dies irreführend sein und Streitigkeiten zur Folge haben.

Regressansprüche

Wenn es zur gerichtlichen Auseinandersetzung kommt und im Kauf- oder Mietvertrag keine explizite Berechnungsmethode vereinbart worden ist, legen Gerichte die Wohnflächenverordnung zugrunde. Sollte sich herausstellen, dass die tatsächliche Wohnfläche mehr als 10 % geringer ist als im Mietvertrag angegeben, so liegt ein Mangel der Mietwohnung vor und der Mieter kann eine Mietminderung durchführen oder eventuell zu viel gezahlte Miete zurückfordern. Die Verjährungsfrist hierfür beträgt drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme; der Rückzahlungsanspruch kann sich aber auf den gesamten Mietzeitraum erstrecken.

Damit sie sich diesen Ärger ersparen, ist es wichtig, dass Sie von Anfang an auf eine korrekte Flächenangabe im Mietvertrag achten und offenlegen, nach welcher Berechnungsart die Wohnfläche ermittelt worden ist. Denn auch wenn Sie dies nachträglich im Vertrag korrigieren, liegt immer noch ein Wohnungsmangel vor und der Mieter darf Regress fordern. Stellen Sie jedoch im Nachhinein fest, dass die Wohnfläche größer ist als vereinbart, dürfen Sie deshalb keine Mieterhöhung durchführen.

Beim Immobilienkauf ist es etwas schwieriger, Regressansprüche geltend zu machen. Ob die Zehn-Prozent-Regel auch hier gilt, liegt im Ermessen des Richters.

Wann bin ich als Vermieter auf der sicheren Seite?

Vertragsrechtlich gesehen haben Sie die Möglichkeit, die Wohnflächenangaben im Mietvertrag wegzulassen und „wie gesehen“ zu vermieten. Zum Problem wird dies jedoch, wenn die Betriebskosten nach der Wohnfläche abgerechnet werden müssen.

Lassen Sie sich beim Kauf einer Immobilie die Berechnungsgrundlage nennen und lassen Sie sich den detaillierten Berechnungsnachweis vorlegen. In manchen Unterlagen steht lediglich „Wohnflächenberechnung nach DIN“. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie vor Vertragsunterzeichnung ein Gutachten über die Wohnfläche erstellen lassen. Es ist meist ein steiniger Weg, wenn man nach Vertragsabschluss Schadensersatz verlangen oder den Kaufpreis mindern möchte.

Wollen Sie ein Haus bauen, so legen Sie im Bauvertrag verbindlich fest, auf welcher Berechnungsgrundlage die Flächenangaben erfolgen sollen.

Sie haben Ihr Haus bereits gekauft und wollen es vermieten? Dann gehen Sie auf Nummer sicher. Lassen Sie die Wohnfläche von einem Architekten oder Sachverständigen nach der WoFlV anhand des tatsächlichen Wohnraums neu berechnen.