Verteilungspolitik muss nachjustiert werden
Der BDH Bundesverband Rehabilitation sieht trotz moderat steigender Reallöhne und weiterhin stabiler Preisentwicklung einen verteilungspolitischen Korrekturbedarf in Deutschland. Nach Ansicht des Sozialverbands braucht es einen offenen Dialog über die Effektivität der Verteilungspolitik: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mussten sich zu lange in Geduld üben, um den kleinen Anstieg ihrer Reallöhne nun euphorisch zu feiern. Wir haben jetzt gerade einmal das Niveau der Jahrtausendwende erreicht, eine ehrliche Debatte um Verteilungsgerechtigkeit bleibt weiterhin offen. Wir begrüßen daher den Vorstoß von Bundesbauministerin Barbara Hendricks, das Wohngeld für knapp 900.000 Haushalte zu erhöhen und damit schon einmal den Bedarf der allgemeinen Mietdynamik anzupassen“, so die BDH-Vorsitzende Ilse Müller, die sich eine grundsätzliche Fokussierung der Verteilungspolitik auf die tatsächlich Bedürftigen in unserer Gesellschaft wünscht: „Die Erhöhung des Wohngeldes kann allerdings nur Baustein einer grundsätzlichen Debatte über unsere Verteilungspolitik sein. Ganz offensichtlich fließt zu viel Geld am eigentlichen Zielort, nämlich Bedürftigen, Alleinerziehenden, Teilzeitbeschäftigten und anderen ökonomisch benachteiligten Gruppen vorbei.“
Auf diese Fehlentwicklung verweist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in einer kürzlich veröffentlichen Studie. Nach Expertenangaben finde zwar eine spürbare Umverteilung von den erzielten Markteinkommen zu den tatsächlich erzielten Nettoeinkommen statt. Dennoch fließe nach Institutsangaben ein großer Teil der Sozialprogramme Wohlhabenderen zu. Die Rentenversicherung entfalte dabei kaum eine umverteilende Wirkung „Hier gilt es anzusetzen und die Sozialpolitik effektiv den Bedürfnissen der ökonomisch und sozial Abgehängten anzupassen“, so Müller. Teilhabe sei ein Recht für jedermann und naturgemäß nicht zum Nulltarif zu haben. Eine rollierende Anpassung der Grundsicherungsleistungen an die Preisdynamik und die Berücksichtigung kultureller Bedürfnisse der Menschen müssten ebenso stärker im Sozialgesetzbuch abgebildet werden, wie auch stärkere Bemühungen um aktive Arbeitsmarktpolitik, die denen Jobchancen eröffnet, die bislang vor verschlossenen Türen stünden, wie Menschen mit Behinderung oder dauerhaft Beschäftigungslosen. „Ähnlich wie im Kampf gegen die Altersarmut lässt sich hier ein ökonomisches Aufbauprogramm mit sozial erwünschten Folgewirkungen verknüpfen. Denn Arbeit um jeden Preis kann nicht die Lösung sein, man muss auch den Zustand latenter Armutsbedrohung durch Erwerbstätigkeit hinter sich lassen können. Der Niedriglohnsektor kann dies nicht leisten“, so Müller.