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Politik & Wirtschaft

Vorwurf Landesverrat – Frontalangriff auf die Pressefreiheit

Anlässlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Netzpolitik.org wegen des Verdachts des
Landesverrats erklärt Dr. Konstantin von Notz, schleswig-holsteinischer Bundestagsabgeordneter und
stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen:Es ist gefährlich, dass mit der Staatsanzeige versucht wird, kritische Journalisten einzuschüchtern. Die
letzte Anklage eines Journalisten wegen Landesverrats fand 1965 im Rahmen der „Spiegel-Affäre“ statt
und führte dazu, dass das Bundesverfassungsgericht an die besondere Bedeutung der Pressefreiheit
erinnern musste. Das erscheint angesichts des Sachverhalts aus dem Ruder geraten zu sein: Unsere
Pressefreiheit ist obsolet, wenn journalistische Aufklärung auch und gerade über heikle Angelegenheiten
bereits im Keim erstickt wird.
Sollte sich herausstellen, dass das Strafgesetzbuch dazu genutzt wird, kritische Geister mundtot zu
machen, sollte man darüber nachdenken, ob es nötig ist, Journalisten aus der Strafbarkeit der
Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen der §§ 94 ff StGB unter ganz bestimmten Voraussetzungen
auszunehmen – so etwa, wie es auch bei der Beihilfe der Verletzung von Dienstgeheimnissen in § 335b,
Abs. 3a StGB der Fall ist.
Besonders zweifelhaft ist dieser Fall vor dem Hintergrund der NSA-Affäre. Nahezu täglich werden wir
Zeuge der Aufklärung des größten Überwachungsskandals aller Zeiten. Über zwei Jahre haben der 1.
Parlamentarische Untersuchungsausschuss („PUA-NSA“) und ungezählte Veröffentlichungen durch
Medien, das massenhafte, illegale Abhören der Bürger und des gesamten Politikbetriebs durch nationale
und internationale Geheimdienste aufgeklärt. Juristisch ist trotz hinreichender Beweise seitdem schlicht
gar nichts passiert. Der Generalbundesanwalt hat trotz zahlreicher Erkenntnisse die Ermittlungen nicht
weiter vorangetrieben. Dass jetzt zwei Journalisten, die über Überwachungsmaßnahmen berichten,
wegen Landesverrats verfolgt werden, erscheint unverhältnismäßig und mehr als fragwürdig.
Auch der Whistleblowerschutz muss gestärkt werden. Wir fordern seit Jahren eine gesetzliche Änderung
für den besseren Schutz von Hinweisgebern, die beispielsweise zum Bekanntwerden grober
Verletzungen von Freiheits- und Grundrechten beitragen.