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Politik & Wirtschaft

Wir brauchen mehr PolizistInnen mit Migrationshintergrund

Vielen Dank, Herr Minister Breitner, für den Bericht. Lassen Sie mich auf zwei Punkte eingehen, die aus meiner Sicht besonders erwähnenswert sind. Das ist zum einen der Punkt „Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund“, zum anderen der Punkt „Bekämpfung des Rechtsextremismus“ im Zusammenhang mit der Förderung der Kriminalprävention.

Der Berichtsauftrag hatte die besondere Bedeutung der Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund hervorgehoben, damit sich auch in der Landespolizei die Vielfältigkeit der Menschen in Schleswig-Holstein abbildet. Die gesellschaftliche Debatte in den letzten Wochen über die Notwendigkeit, Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung in die Bundesrepublik macht eines absolut deutlich: Alle staatlichen Institutionen sowie Versorgungs- und Vorsorgesysteme müssen sich zukünftig viel intensiver als bisher mit dieser Herausforderung auseinandersetzen und eigene Konzepte entwickeln. Auch an der Polizei wird diese Entwicklung nicht länger vorbeigehen können, wobei ich vermute, dass gerade hier ein ganz besonderer Nachholbedarf besteht.

Letzte Woche hatte ich Gelegenheit, eine Nachtschicht im 4. Kieler Polizeirevier, also schwerpunktmäßig in Gaarden mitzuerleben. Das 4. Kieler Polizeirevier ist mit 83 PolizistInnen das größte im ganzen Land. Bekanntlich hat der Bezirk Gaarden einen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund von 44,4 Prozent. Der Stadtteil hat in dieser Hinsicht in Schleswig-Holstein eine Spitzenstellung. Aber auch in anderen Städten Schleswig-Holsteins gibt es Bezirke mit sehr hohem Ausländeranteil.

Auf meine Nachfrage, wie viele BeamtInnen im 4. Kieler Polizeirevier einen Migrationshintergrund haben, wurde mir mitgeteilt, dass es aktuell zwei Polizisten von 83 sind. Das sind angesichts der besonderen Problemlagen in diesem Stadtbezirk viel zu wenige. Denn es ist unbestritten, dass PolizistInnen mit einer Abstammung aus den Ländern, aus denen auch viele Menschen im Stadtbezirk stammen, in den täglichen polizeilichen Einsätzen und Auseinandersetzungen häufig besonders angemessen, deeskalierend und einsatzfördernd agieren und reagieren können. Dies wurde mir auch in meinen Gesprächen im Revier so bestätigt.

Der Bericht bringt zu diesem Punkt wenig Erhellendes. Es wird zwar grundsätzlich die besondere Bedeutung der Bemühungen zur Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund gerade vor dem Hintergrund der Empfehlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Bundestages zur NSU-Terrorgruppe betont. Ich hätte mir aber schon Zahlen zur Ausgangslage in der Landespolizei gewünscht, also wie viele PolizistInnen mit Migrationshintergrund im Vollzugsdienst haben wir aktuell, wo wollen wir zahlenmäßig hin?

Es wird auch ausgeführt, dass in der Vergangenheit und im aktuellen Einstellungsjahrgang entsprechende BeamtInnen eingestellt wurden, aber auch diesbezüglich fehlen mir die konkreten Zahlen. Ich befürchte, wir sind noch lange nicht in einem Bereich, der die oben erwähnten Notwendigkeiten auch nur annähernd abbildet. Wir werden aber noch Gelegenheit haben, diesen Aspekt im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Konzepts für eine moderne und vielfältige Verwaltung gerade für den Bereich der Landespolizei erheblich zu vertiefen.

Der zweite Punkt ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus im Rahmen der Kriminalprävention. Hier begrüße ich ausdrücklich, dass der vorliegende Bericht die Notwendigkeit und die besonderen Bemühungen der Landesregierung ausdrücklich betont.

In den Lübecker Nachrichten vom 16.01.2014 hat die Opposition der Landesregierung vorgeworfen, „auf einem Auge blind“ zu sein, nämlich auf dem linken. Es wurde dabei Bezug genommen auf die Ausschreitungen linksextremer Autonomer in Hamburg anlässlich des Konflikts um das Kulturzentrum Rote Flora. Ich wurde mit einem Satz zitiert, in welchem ich angeblich die Gefahren des Linksextremismus im Verhältnis zum Rechtsextremismus verharmlost habe.

Dazu nur folgendes: Jede politisch motivierte Straftat – gerade auch gegen PolizistInnen ausgeübt – ist eine zu viel, egal ob von LinksextremistInnen oder von RechtsextremistInnen ausgeübt! In Schleswig-Holstein ging die Anzahl der Gewalttaten gegenüber PolizistInnen jedoch zurück. Die Zahl der im Einsatz verletzen BeamtInnen verringerte sich im letzten Jahr um 20 Prozent auf 354 Fälle (Kieler Nachrichten vom 15.01.2014).

Lieber Kollege Kubicki, liebe Kollegin Damerow, wenn Sie die Ereignisse in Hamburg mit den Verhältnissen in Schleswig-Holstein vermengen, bringt das überhaupt keinen Erkenntnisgewinn. Vieles spricht dafür, dass die Probleme in Hamburg durch das Agieren des dortigen Innensenators hausgemacht sind. Meine Aussagen bezogen sich ausdrücklich auf den Verfassungsschutzbericht in Schleswig-Holstein.

Ich sehe auch nicht, dass die Schwerpunktsetzung der Landesregierung gegen Rechtsextremismus zu korrigieren ist. Rechtsextremistisch motivierte Gewalt forderte in den letzten Jahren mehr als 150 Todesopfer in Deutschland. Auf das Konto von LinksextremistInnen gingen nach dem Abklingen des RAF-Terrors in den 1980er Jahren keine politischen Morde mehr.

Die besondere Gefahr des Rechtsextremismus beruht darauf, dass er gezielt an Vorurteile und Ängste anknüpft, die bis weit in die sogenannte Mitte der Gesellschaft verbreitet sind.

Linksextremistische Inhalte und Theorien sind dagegen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft nicht anschlussfähig. Soweit Autonome an bestimmte politische Debatten wie die Behandlung der Flüchtlingsfrage oder eine Stadtteilentwicklung anknüpfen, um daraus Kapital zu schlagen, ist dies kein Beleg dafür, dass diese Inhalte Ausdruck eines latenten Linksextremismus in der Bundesrepublik sind. Insoweit verbietet sich meines Erachtens die schlichte Gleichstellung von Links = Rechts sowohl in der Analyse als auch in den Methoden der Bekämpfung der jeweiligen Phänomene.

Aus diesen Gründen ist es nach meiner Überzeugung absolut richtig, dass Schleswig-Holstein sich im Rahmen der Kriminalprävention, also direkt an den Vorurteilen und Einstellungsmustern in der Bevölkerung anknüpfend, stärker gegen die rechtsextremistischen Gefahren engagiert. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass im Rahmen der normalen Verfassungsschutzarbeit und der Strafverfolgung auch der gewaltbereite Linksextremismus im Lande intensiv beobachtet und verfolgt werden muss.