ZAR: Gefährdete Christen fühlen sich allein gelassen
(Open Doors) – Christen sind im Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) weitaus mehr von den Kämpfen und Unruhen betroffen als Muslime. Das geht aus einer neuen Gefährdungsanalyse hervor, die das christliche Hilfswerk Open Doors nun vorgestellt hat. Über die besondere Gefährdung von Christen in der ZAR wird demnach zu oft hinweggesehen, da sich internationale Medien in der Regel auf die allgemeinen religiösen Spannungen konzentrieren. Im vergangenen Oktober unterstützte Open Doors eine Tagung christlicher Leiter, das in ein Hilfeersuchen an die internationale Gemeinschaft mündete. In dem detaillierten „Vulnerability Assessment of Christians in the Central African Republic“ (Analyse der Verwundbarkeit von Christen in der ZAR) wird die Sorge geäußert, dass seit dem Staatsstreich im März 2013 besonders Christen zur Zielscheiben wurden, was auch belegt wird.
Kein reiner Kampf zwischen Christen und Muslimen
Im Dezember versammelten sich Christen aus Protest gegen die Herrschaft Djotodias am Flughafen der Hauptstadt Bangui. Djotodia war aus dem Umsturz als neuer Präsident hervorgegangen, musste allerdings auf Druck der zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft und des tschadischen Präsidenten Déby am 10. Januar zurücktreten. Zwischen der mittlerweile aufgelösten Séléka Rebellengruppe und Selbstverteidigungsmilizen namens „Anti-Balaka“ hält die Gewalt jedoch weiter an. Die Anti-Balaka-Gruppen sind häufig als „überwiegend christlich“ beschrieben worden, doch wie die Nachrichtenagentur World Watch Monitor schon berichtet hat, bestreiten die christlichen Leiter der ZAR dies energisch.
Nach Meldungen über die Enthauptung von Kindern, berichtete das Kinderhilfswerk UNICEF am 30. Dezember, die Gewalttätigkeiten seien „auf einen barbarischen neuen Standard herabgesunken“. Open Doors International zufolge haben sich sowohl ehemalige Séléka-Rebellen als auch Anti-Balaka-Angehörige der Verletzung von Menschenrechten schuldig gemacht; falsch ist aber, von ihrem Konflikt als einem Kampf zwischen muslimischen und christlichen Gruppen zu sprechen. Open Doors International zitiert aus einer Stellungnahme zentralafrikanischer Bischöfe: „Wir bedauern die Berichte, die Anti-Balaka als christliche Gruppe beschreiben. Die Anti-Balaka setzen sich aus Teilen der Bevölkerung zusammen, die von den zahlreichen Übergriffen der Séléka-Rebellen genug haben. Wir betonen jedoch noch einmal, dass nicht alle Anti-Balaka Christen und nicht alle Christen Anti-Balaka sind. Dasselbe gilt für Ex-Séléka-Mitglieder und Muslime.“
Mehrheit der Rebellen sind Islamisten aus dem Ausland
Dennoch können die islamistischen Motive der Séléka nicht außer Acht gelassen werden, da die Rebellengruppe zu 95 % aus Muslimen besteht. Nur etwa 10% der Rebellen haben die Staatsangehörigkeit der ZAR. Die große Mehrheit der Gruppe besteht aus islamistischen Kämpfern aus den Nachbarländern Tschad und Sudan. Die Analyse zur Gefährdungslage der Christen zeigt auf, dass in dem Konflikt mindestens 13 Pastoren getötet und viele christliche Kirchen, Häuser und Schulen niedergebrannt wurden, während Muslime und muslimische Einrichtungen weitgehend verschont blieben. Pastor Guerengbo sagte gegenüber Open Doors: „Sowohl katholische und protestantische Kirchen als auch Christen im Allgemeinen sind in dem Konflikt am stärksten gefährdet. Muslime in besetzten Städten sind besser geschützt. Zudem werden islamische Leiter im Gegensatz zu christlichen Leitern von den Séléka-Rebellen respektiert und geehrt.“
„Ein Bericht der Internationalen Krisen-Gruppe stellt keine Beziehung zwischen den religiösen Spannungen im Land, der starken muslimischen Präsenz in der Séléka-Leitung und der großen Zahl von Fällen gegen Christen gerichteter Gewalt fest“, beobachtet Open Doors International. „Unserer Meinung nach ist es falsch von der Internationalen Krisen-Gruppe, die Séléka mit einer bloßen Koalition von Gruppen gleichzusetzen, die mit dem Regime unzufrieden sind. Es gibt genügend Hinweise darauf, dass die Séléka zumindest teilweise eine islamistische Agenda verfolgt.“ Das Fazit der Analyse von Open Doors International ist, dass Christen ökonomisch, politisch und in Bezug auf persönliche Gesundheit und Sicherheit besonders verletzlich sind: „Auf diesen Gebieten sind die Christen der ZAR in starkem Maße Opfer zielgerichteter Gewalt gewesen, während die muslimische Minderheit der ZAR in Ruhe gelassen wurde.
Die Absichten der Séléka-Rebellen sind nicht nur politisch. Die in der Gefährdungsanalyse vorgestellten Befunde belegen, dass die Séléka auch eine stillschweigend inbegriffene religiöse Agenda hat.“ Der Konflikt in der ZAR hat dazu geführt, dass das Land 2014 erstmalig auf dem Open Doors Weltverfolgungsindex erscheint. Die Liste erfasst die 50 Länder, in denen Christen weltweit am stärksten verfolgt werden. Die ZAR belegt aktuell Platz 16.