Satire: C O O L – in allen Lebenslagen – Ein Blitzkurs von Ernst Eiswuerfel
LEKTION 1: COOL BEIM AUFSTEHEN
Easy Baby, ganz easy, null Problem. Aufstehen ist die einfachste Sache der Welt. Nur hast Du es bisher garantiert voellig falsch angepackt. Ist ja logisch, kennst ja den Leitfaden nicht. Macht nix. Lies.
Erstmal cool strecken. Das heisst: Nicht bewegen. Ist naemlich hoellisch uncool, sich spastisch aus dem Bett zu waelzen. Also: Innerlich strecken, nix anmerken lassen. Dann: Aufstehen. Aber cool bleiben. Erstmal Sonnenbrille aufsetzen. Wenn die Gardinen zu sind oder es draussen noch dunkel ist, erstmal Licht anmachen. Merke: Wirkt uncool, gegen den Kleiderschrank zu laufen. So, schon ganz gut. Jetzt kommt das Anziehen. Ist auch ganz einfach. Leitsatz: Nicht hingucken. Schau irgendwo anders hin und zieh Dich dabei an. Leute, die hingucken, wenn sie den Reissverschluss zumachen, wirken peinlich. Aber Vorsicht: Nichts vergessen, wenn Du den Reissverschluss zumachst. Du hast es vergessen? Dann ueb‘ es nach der Operation erstmal ohne Sonnenbrille.
Bis hierher alles klar? War ja auch einfach, was, Babe? Jetzt wird’s schwieriger. Pass auf. Fruehstueck machen. Wenn Du dabei Fehler machst, kannst Du Dir allerhand verscherzen. Die Leute werden Dich nicht mehr ernstnehmen… wer will das schon? Du nicht. Ich weiss. Kaffeekochen ist an sich ’ne wahnsinnig uncoole Sache. Es liegt an Dir, es cool zu machen. Du wirst vermutlich zwei, drei Stunden ueben muessen, aber dann sitzt es und die Frauen werden Dir zu Fuessen liegen. Du weisst schon, was ich meine, Honey. Also: Deckel der Kaffeemaschine im Vorbeigehen aufmachen, weitergehen zum Kaffeetopf, Kaffeetopf aufmachen, Kaffee in den Filter kippen (nicht portionieren, am besten gar nicht hinschauen) and dann: Filter in die Maschine werfen. Merke herbei: Je groesser die Entfernung, desto groesser Deine Cool- ness. Wenn’s klappt. Ansonsten ist es ziemlich peinlich. Aber Du packst das schon. Das ganze nennt sich das Erste Eiswuerflsche Gesetz. Wurfweite ist proportional zur Coolness. Entfernung = 0 Meter, Coolness = 0. Entfernung = 4 Meter, Coolness = unbe- schreiblich. wenn schiefgeht, gilt:
Entfernung - 10
--------------------------- = Idiot
potentieller Coolnessfaktor
Also: Ueben, ueben, ueben. Das hast Du drin, Ich weiss es. Cool, Baby.
LEKTION 2: COOLNESS IM ALLTAG
Aufstehen und den ganzen Quatsch hast Du begriffen. Jetzt raus auf die Strasse. Alltag. Vielleicht meinst Du, Du bist cool. Lies diesen Ratgeber und Du weisst, dass Du laecherlich gewesen bist. Du warst nichts. Wenn Du dies hier gelesen hast, dann bist du cool…ehrlich echt voellig trocken cool. Also: Raus auf die Strasse. Und schon der erste Fehler: Sonnenbrille beim Gesicht- waschen abgenommen und danach nicht wieder aufgesetzt. Wieder zurueck, Brille holen, aufsetzen, wieder rausgehen. Du hast die Brille beim Gesichtwaschen nicht abgenommen? Obercool. Goettlich. Fuer alle gilt jedenfalls: Der Wetter spielt keine Rolle, Brille sogar nachts tragen. Merke: Ohne Brille ist die Coolness gleich Null. Laufen ist einfach, cool schlendern nicht. Du musst vermutlich lange ueben, bis Du es raushast. Deine bisherigen epileptischen Bewegungsablaeufe kannst Du Dir jedenfalls von der Backe wischen. Du musst schlendern. Voellig muehelos. Darf aber keiner erkennen, dass Du absichtlich so laeufst. Also: ueben, ueben und nochmal ueben.
Jetzt kommen wir zum schwierigsten Teil: Dem Umgang mit anderen Menschen. Fangen wir mit dem Busfahrer an. Erstmal in den Bus steigen. Dann laut Kaugummi kauen (vor dem Einsteigen zu kauen beginnen, sonst wirkt’s leicht beknackt). Wichtig: Jetzt lockeren Spruch loslassen. Dir faellt keiner ein? Kein Problem. Geh‘ in den naechsten Buchladen und kauf Dir „Lockere Sprueche“ von Ernst Eiswuerfl. Is von mir. Tolles Buch. Selbstredend.
Ein Beispiel gratis: „Fahren Sie nach Kuba“. Dabei den rechten Zeigefinger auf die Stirn des Busfahrers setzen und laecheln. Dann abdruecken und Rauch vom Finger wegblasen. Anschliessend zahlen und hinsetzen. Eventuell aufkommenden Applaus gelassen hinnehmen oder abwinken. Und: Laecheln, laecheln, laecheln. Aber nicht das daemliche Laecheln, das du sonst draufhast: Cool, Baby, von oben herab, nicht zu breit. Noch was: Niemals Geld hinlegen! Das gilt allgemein. Geld immer hochschnippen und wieder auffangen. Oder einfach hinwerfen, wenn es jemand haben will: Und zwar so, dass er sich bemuehen muss, um es aufzufangen. Am besten so, dass er oder sie auf dem Boden herumkriechen muss. Du hast schliesslich das Recht, anderen Menschen zu zeigen wo ihr Platz ist. Das mit dem Hochwerfen solltest Du vorher zu Hause ueben und dabei immer daran denken, dass es nur mit Muenzen funktioniert.
Kneipen und Cafs. Hier darfst Du keine Fehler machen. Es sehen zu viele Leute zu. Also riskier‘ nichts. Sonnenbrille traegst Du sowieso, Geldschnippen hast Du mittlerweile auch drauf. Sieht gut aus. Jetzt musst Du sprechen. Das ist schwierig. Du musst bestimmte Dinge vermeiden, zum Beispiel: „Bitte“ oder andere unterwuerfige Worte. Du bist der Boss, alle tanzen nach Deiner Floete, wenn Du weisst, was ich meine. Du weisst es, yeah. Wir verstehen uns. Bisher hast Du gesagt „Eine Cola, bitte“ und das ist schlimm. Voellig falsch, Du redest ja mit der Kellnerin wie mit deinesgleichen. Voellig uncool. Keiner nimmt Dich ernst. Richtig ist: „Coke, Baby“. Zucker, Mann, Du machst Dich. Lass Dich nicht durch ihren Blick irritieren. Oder dadurch, dass sie lacht. Sie liebt Dich. Alle Frauen lieben Dich. Und Du weisst es.
Nun zum Kaffeetrinken. Du trinkst Deinen Kaffee mit Milch? das ist schlecht. Versuch, Dir das abzugewoehnen. Wenn Du das nicht kannst, beachte folgendes. Es ist ausgesprochen uncool, an diesen ekligen Milchdoeschen rumzuzupfen, bis Dir das ganze Zeug ueber die Bundfalte pladdert. Also: Die kleine Plastikmilchdose in die tasse werfen und einmal mit dem Loeffel reinstechen. Sauber, was? Und cool. Solltest Du mit dem Zuckertopf allerdings nicht unbedingt genauso machen.
Naechstes Thema. Einkaufen. Hoellisch uncool. Es gibt Leute, die keinen haben, der es fuer sie macht. zum Beispiel Dich. Auch im Supermarkt gilt: Cool bleiben. Man sieht Dich. Also: Die Ein- kaufskarre nicht mit beiden Haenden anfassen und wie Mutter durch den Laden eiern. Entweder mit einer Hand oder mit dem Fuss die Karre ab und zu kurz anstossen oder abstoppen. Aber Vorsicht: Nicht zu heftig. Koennte Aerger geben. Die Sachen, die Du einkaufst, niemals in den Wagen legen. Immer werfen. Ohne hinzusehen. Wie mit der Filtertuete. Eiswuerfls Erstes Gesetz gilt auch hier. Vorsicht bei Milchtueten, flaschen und EIern. Feeling, Baby. Zahlen funktioniert wie im Bus. Nur nicht mit demselben Spruch. Mach kein‘ Quatsch. Immer Trinkgeld geben.
LEKTION 3: COOL AM ABEND
Die Elementaren Dinge hast Du schon gelernt. Sonnenbrille, Geld hochschnippen, nicht reden. Schlendern kannst Du mittlerweile auch. Schon ganz gut. jetzt kommen die Uebungen fuer Fortge- schrittene.
1. Stehen: Du glaubst, das ist einfach. Is nich. Ist wahnsinnig schwierig. Du stehst ja nicht einfach so rum und wartest auf den Bus. Du weisst, was Du bist. Zeig’s ihnen. Kopf hoch, Brust raus, Bauch rein, Unterkoerper raus, Beine moeglichst gekreuzt (gespreizt geht notfalls auch). Wenn Dich jemand fragt, ob Du einen Unfall hattest, einfach ignorieren. Zu Hause dann weiter ueben.
2. Trinken: Trinken ist einfach. Allerdings solltest Du kein Bier, keinen Wein oder andere Proletengetraenke ordern, sondern irgendwas, was der Barkeeper nicht kennt. Schau ihn herablassend an und vergewissere Dich, dass alles staunt. Lass Dich dann zu irgendwas ueberreden, was Du Dir leisten kannst. Also Bier.
Die Glashaltung ist extrem wichtig. Du kannst das Ding nicht halten wie die Senfglaeser bei dir zu Hause. Zeig Stil. Halte das Glas so schraeg, dass das Getraenk fast rauslaeuft, und gestiku- liere wie ein Wahnsinniger. Obercool. Wenn es klappt. Wenn nicht, bist Du untendurch und Deine Zuhoerer sind nass. Hierbei gilt:
Glasneigung + Gestikulierradius = Coolnessfaktor
Wenn irgend jemand nass wird:
Coolnessfaktor
---------------- = Idiot
Reinigungskosten
3. Frauen: Jetzt also da wichtigste Kapitel. Warum seid Ihr cool? Eben. Wenn Ihr Euch an die Tips oben haltet, habt Ihr schon gute Karten. Aber: Es gibt noch speziellere Dinge. Die Frauen lieben Dich, wenn Du cool bist, Baby. Und das willst Du. Ich weiss es. Und es gibt einfache Regeln. Leitsaetze. Wenn du weisst, was ich meine. Lies.
a) Ansprechen. Ist schwierig: Du solltest nicht reden. Also lass es. Laechle sie an. Wink ihr zu. Nimm sie mit. Wenn keiner in der Naehe ist, fang an zu reden. Aber nicht zuviel. Du wirkst sonst leicht oede. Das weisst Du. Zeig ihr Dein Auto. Wenn Du keins hast, sag, dass es gerade repariert wird und nenn den Preis. Nicht unter 2000 Mark anfangen. Wirkt sonst nicht. Wenn sie sagt, dass das zu teuer ist: Abwinken. Lachen. Erzaehl Ihr von Deinen letzten Aktienverlusten, und dass es Dir egal sein kann. Wirkt todsicher. Wenn nicht: Neue Frau abschleppen.
b) Abschleppchancen. Ganz einfache Regel. Bisschen Mathe. Aber nicht schwer zu kapieren. Du packst das schon. Die Komponenten sind das Alter (A), die Anzahl der Freundinnen (aF) und die Kosten der Aufmachung der Braut, die Du abschleppen willst. Dabei gilt (Zweites Eiswuerflsches Gesetz)
Kosten der Aufmachung
A - af - ----------------------- = X%
100
Wenn Du also eine Hunderjaehrige im Tweedkostuem, die ohne Freundinnen daherkommt, abschleppen willst, betragen Deine Chan- cen ungefaehr 100%. Aber das willst Du nicht. Seh‘ ich Dir an, Baby. Du willst junges Blut. Und Fleisch. Und so weiter. Ferkel. Aber cool. Uebrigens: wenn A = kleiner oder gleich 13 ist, dann ist X automatisch = Idiot.
c) Der weitere Abend: Du kannst lesen. Wenn Du so alt bist, weisst du auch, was weiter passiert. Ich seh‘ Dir in die Augen, Kleines. Oh, yeah, Mann. Ach ja, nimm die Sonnenbrille nicht ab. Du bist cool. Du hast es. Relaxed.
Oh, nichts zu danken. Hab‘ Dir gern’n paar Tips gegeben, Babe. Mach weiter so. Ach ja. Eins noch: Verleih die Tips nicht. Das ist ausgesprochen oberuncool und macht mich krank, wenn Du weisst, was ich meine. Wahrscheinlich nicht. Du hast noch viel zu lernen. Aber Du bist auf dem richtigen Weg. Echt ehrlich.