01805-Nummern: Kliniken zocken Patienten ab – Krankenhäuser verdienen bis zu acht Cent je Einheit – DGVP läuft Sturm
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Essen/Heppenheim (pte/05.03.2010/11:20) – Stark überhöhte Telefongebühren, die Patienten und Angehörige in deutschen Kliniken zahlen müssen, sind keine Einzelfälle. Wie der Verein Online-Verbraucherschutz http://www.online-verbraucherschutz.org herausgefunden hat, sind die Gespräche über 01805-Nummern in Spitälern teilweise um bis zu 700 Prozent teurer. Allein in Deutschland sollen sich zwischen 600 und 800 Häuser an den Mehreinnahmen bereichern. Deutschlandweit entstanden bisher Mehrkosten im Ausmaß von 80 Mio. Euro pro Jahr. Verbraucherschützer wie Florian Mair sprechen gegenüber pressetext von „inakzeptablen Zuständen“.
Kostendruck zu hoch
Inzwischen kritisiert auch die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) http://www.dgvp.de die Praxis. „Der Kostendruck nimmt immer mehr zu. Zudem wird nicht prozessorientiert gearbeitet und nicht effizient kommuniziert. Hinzu kommt, dass hierarchisch gebeutelte Mitarbeiter die Suppe auslöffeln dürfen und der Patient am Ende durch die Röhre schaut“, unterstreicht DGVP-Präsident Wolfram-Armin Candidus gegenüber pressetext. Die Krankenhäuser sollen Kassen nicht über „Telefon-Nepp“ füllen, sondern am System arbeiten.
Dass die Kosten für den Service oft teuer sind, zeigt sich bei einem einfachen Rechenbeispiel. Ein Anruf aus dem deutschen Festnetz auf eine 01805-Nummer kostet im Schnitt 14 Cent pro Minute. Vom Handy aus kann es jedoch schnell bis zu 0,42 Euro in der Minute teuer werden. Ein zehnminütiges Telefonat wird demnach mit bis zu 4,20 Euro abgerechnet. Hinzu kommen nach Angaben des Verbraucherschutzvereins weitere sogenannte „Bereitstellungskosten“, die das jeweilige Spital den Patienten für den Betrieb von Fernsehern oder Telefonen berechnet.
Beschwerden nehmen zu
Aber nicht nur die Kosten sind überhöht. Auch klären viele Krankenhäuser nicht darüber auf, wie lang eine Telefoneinheit ist. Alle Gattungen von Krankenhäusern scheinen von der Telefon-Abzocke betroffen zu sein. Denn der Verband nennt nicht nur große Unikliniken, sondern auch Kreiskrankenhäuser, Kurkliniken und bekannte Klinik-Verbünde wie Asklepios, Median und Paracelsus. Verbraucher sind der Praxis vieler Häuser jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. Von den eingegangenen Hinweisen wurden bereits 180 Standorte überprüft.
Von den Gebühren profitieren nicht nur die Telefonanbieter. Obwohl die Krankenhäuser bislang nichts an den 01805-Nummern verdienen durften, profitieren diese seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes ab März von der sogenannten offenen Erlösteilung. Die Erlöse belaufen sich auf bis zu acht Cent pro telefonierter Einheit. „Die Fälle haben drastisch zugenommen. Es ist fatal, wenn viele Krankenhausverwaltungen ihre Budgetlöcher damit zu stopfen versuchen“, so Candidus auf pressetext-Anfrage. Hier müsse man schnell eingreifen.

