Einstiegsqualifizierung bietet Brücke in die Ausbildung bei der Fleischerei Lohff GmbH
Agentur für Arbeit Lübeck fördert in Zusammenarbeit mit den Kammern und Kreishandwerkerschaften 137 EQ-Plätze
Tatjana Semencenko wird vom Betrieb in Ausbildung übernommen
Nicht jeder Jugendliche findet sofort nach der Schule eine Lehrstelle. Das kann zum Beispiel an einer noch fehlenden Ausbildungsreife, schlechten Schulnoten oder nicht vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten liegen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung werden diese Jugendlichen später als Fachkräfte dringend benötigt. Damit diese jungen Menschen nicht unversorgt bleiben und eine individuelle Chance erhalten, gibt die Agentur für Arbeit Lübeck über zehn Millionen Euro jährlich für die Eingliederung in das Berufsleben in der Hansestadt Lübeck und im Kreis Ostholstein aus. Eine solche Brücke in die Ausbildung ist zum Beispiel die Einstiegsqualifizierung (EQ).„Das betriebliche Praktikum orientiert sich an Ausbildungsinhalten anerkannter Ausbildungsberufe und ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei dem zwischen Betrieb und Jugendlichem ein Vertrag abgeschlossen wird. Zurzeit werden von uns 137 Jugendliche gefördert. EQ beginnt meist am 01.10 und dauert sechs bis 12 Monate. Sowohl für Betriebe als auch Jugendliche eine gute Möglichkeit, sich kennen zu lernen. Begleitforschungen belegen, dass 60 bis 70 Prozent der Teilnehmer in eine Ausbildung einmünden“, erläutert Stefan Vieck, Teamleiter des Arbeitgeber-Service in der Arbeitsagentur Lübeck.
Von diesem Langzeitpraktikum kann auch Tatjana Semencenko (21 Jahre) profitieren. Sie wird von der Fleischerei Lohff GmbH aus Travemünde zum 01.08.2010 in Ausbildung zur Fachverkäuferinnen-Lebensmittelhandwerk (Fleischerei) übernommen. Tatjana Semencenko hatte die Realschule 2008 mit der Mittleren Reife verlassen. Aufgrund einer „5“ in Deutsch klappte es nicht direkt mit einer Ausbildungsstelle, so dass sie zunächst eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme besuchte. Da noch große Sprachprobleme bestanden, hatte sie auch danach Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz zu finden. Bei der Fleischerei Lohff GmbH bekam sie im Rahmen einer EQ die Möglichkeit sich zu beweisen und konnte den Betrieb von ihren Leistungen überzeugen.
„Wir bilden seit Jahren selbst Fachverkäufer/innen im Nahrungsmittelhandwerk mit verschiedenen Schwerpunkten, wie Verkauf und Catering aus, weil wir davon überzeugt sind, dass man nur mit Fachkräften wettbewerbsfähig ist. Wir sind bereit, auch schwächeren Schülern eine Chance zu bieten. Im Langzeitpraktikum konnte Tatjana Semencenko ihre Sprachkenntnisse verbessern, so dass wir den Schritt in die Ausbildung mit ihr wagen“, erklärt Christian Lohff, Mitinhaber und Geschäftsführer der Fleischerei.
„Selbst wenn die Übernahme nicht im gleichen Betrieb möglich ist, erhalten die Jugendlichen ein betriebliches Zeugnis und ein Zertifikat der Kammer über die erfolgreiche Teilnahme. Damit können sie bei anderen Arbeitgebern nachweisen, dass sie Durchhaltevermögen haben und ihre erworbenen Grundkenntnisse einbringen. Teilweise ist auch die Anrechnung der EQ-Zeit auf die Ausbildung möglich“, erklärt Katharina Finnern, Arbeitsvermittlerin im Arbeitgeber-Service.
„Aufgrund der sinkenden Schulabgängerzahlen verbessert sich die Situation für Schülerinnen und Schüler zusehends. Dennoch gibt es jedes Jahr Bewerber, die diese zweite Chance über EQ brauchen. Deshalb haben wir den heutigen Tag des Ausbildungsplatzes gewählt, um mit diesem Beispiel auch anderen Arbeitgebern Mut zu machen, Jugendlichen mit schwierigem Vermittlungshintergrund eine Chance zu geben. Jeder Jugendliche, der ohne Ausbildung bleibt, wird später als Fachkraft fehlen. An Jugendliche richte ich den dringenden Hinweis, nicht zu lange zu warten. Je früher man sich bei uns meldet, umso größer sind die Chancen, eine Ausbildungsstelle zu finden. Mit der Berufsberatung können dann auch rechtzeitig Berufsalternativen besprochen werden“, ergänzt Vieck.
Informationen zu EQ
EQ wurde im Rahmen des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland 2004 beschlossen. Beteiligt sind an dem Pakt die Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesverbande der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit. 2007 wurde EQ in den §235b Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) übernommen.
Zielgruppe der EQ sind Jugendliche unter 25 Jahren, die eine Ausbildung suchen und bis zum 30. September noch nicht vermittelt sind sowie junge Leute, die nicht in vollem Umfang ausbildungsreif sind. Jugendliche, die berufschulpflichtig sind, besuchen während der EQ die Berufsschule.
Die Kammern werben die Praktikumsplätze bei ihren Mitgliedsfirmen ein und stellen deren Eignung als Praktikumsbetrieb fest. Die Angebote gehen zur Vermittlung weiter an die Agentur für Arbeit, die den Betrieben eine EQ-Vergütung erstattet.
Förderberechtigt sind private und öffentliche Arbeitgeber. Für die EQ-Vergütung zahlt die Agentur für Arbeit dem Arbeitgeber bis zu 212 Euro monatlich, die er an den EQ-Teilnehmer auszahlt. Außerdem wird dem Betrieb ein pauschalierter Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gewährt. Der Arbeitgeber trägt die Sach- und Personalkosten sowie den Beitrag für die Berufsgenossenschaft. Der Antrag auf Förderung ist vor Beginn des Praktikums bei der Agentur für Arbeit zu stellen.