„Klug genug?“ Ein inklusives Projekt für den evangelischen Kirchentag
Im Foto: Die Konfirmandinnen der St.-Markus-Gemeinde Merle und Lara (ganz rechts) interviewten Passanten in der Lübecker Fußgängerzone: „Wer ist denn klug? Was meinen Sie?“. Mit dabei sind: Sonja (vorne), Inge Ostertag (v.l.), Karin Warnemünde und Esra von der Paul-Burwick-Schule.Inklusives Kunstprojekt für den evangelischen Kirchentag – „Was ist für Sie klug?“ und „Kennen Sie jemanden, der klug ist?“ Mit diesen Fragen wurden Passanten letzten Sonnabend in der Lübecker Fußgängerzone konfrontiert. In kleinen Gruppen hatten sich Konfirmanden der St.-Markus-Gemeinde und Schüler der evangelischen Paul Burwick-Förderschule mit ihren Tonbändern unters Volk gemischt. „Früher habe ich Drogen verkauft, heute verkaufe ich ein Straßenmagazin, das seine Stimme gegen soziale Ausgrenzung erhebt“, sagte einer der Befragten und findet, dass er so klüger geworden sei. „Andere Interviewte haben geantwortet, dass jeder Mensch auf seine eigene Art klug sei, auch Menschen mit Behinderung“, sagt Merle, eine Konfirmandin der St.-Markus-Gemeinde. Lara, die ebenfalls an der Befragung teilgenommen hat, fasst zusammen: „Lebensklug, vernünftig und weise sein, ein glückliches Leben führen – die meisten Befragten fassen Klugheit viel weiter als gute Schulnoten.“
Die Konfirmandengruppe der St. Markus-Gemeinde und die Paul Burwick-Schule mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ arbeiteten gemeinsam an der Losung des diesjährigen Kirchentages „Damit wir klug werden“(Ps 90,12). Initiiert wurde das fächerübergreifende Projekt von Pastorin Kiesbye sowie den Lehrerinnen Inge Ostertag und Karin Warnemünde. „Die Aktion ist viel besser gelaufen, als wir gedacht hätten“, sagt Pastorin Kiesbye. Tatsächlich hätten viele Menschen Lust gehabt, sich mit dieser schwierigen Frage auseinanderzusetzen.
Die Interview-Aktion mündet in einer Ausstellung auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Dort wird unter anderem eine Toncollage vorgestellt, aber auch Acrylmalereien. Denn gerade für Schüler, die mit Worten nicht so viel anfangen können, ist der künstlerische Ausdruck ein gutes Medium.
„In unserem Projekt sind wir das Thema bewusst von beiden Seiten angegangen: Die Konfirmanden sind teils Schüler des Gymnasiums, die gemeinhin als klug und kommende Bildungselite der Gesellschaft gesehen werden“, erläutert Kiesbye die Hintergründe. Andere gingen auf Gemeinschaftsschulen. „Sie kennen alle gegenseitige Ausgrenzung aufgrund von Begabung oder Schulnoten!“ Doch reicht diese „Schulklugheit“ auch als Lebensklugheit?
Die sogenannten geistig behinderten Schüler dagegen erfahren während ihrer gesamten Kindheit immer wieder Frustrationen und Schulversagen. Sie werden getestet, eingeordnet und kategorisiert als diejenigen, „die nicht klug sind“. Doch haben sie nicht eine „andere Klugheit“? Laut Kiesbye wirft unsere Sterblichkeit uns letztendlich auf das zurück, was wirklich wichtig ist. „Unser christlich-jüdisches Erbe lässt eine Bewertung von Menschen nach Maßgabe von messbarer Intelligenz und eine Einteilung in „gut und schlecht“ nicht zu“, sagt sie.
Der evangelische Kirchentag findet vom 3. bis 7. Juni in Stuttgart statt. Im dortigen Zentrum „Barrierefrei“ ist die Ausstellung „Klug-Genug?“ zu sehen. Ausschnitte des Projektes vermittelt die St.-Markus-Gemeinde bereits am Sonntag, 15. März, um 11 Uhr, in ihrem Gottesdienst in der St.-Markus-Kirche, Beim Drögenvorwerk 2-8.