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Lübeck Lupe

Raubüberfall auf Geldtransporter der Deutschen Bahn aus dem Herbst 2006 aufgeklärt

Lübeck (ots) – Hanstadt Lübeck – Travemünde, Vogteiweg

Der Raubüberfall auf einen Geldtransporter der Deutschen Bahn vom 16. Oktober 2006 (siehe Pressemitteilung des selben Tages) am Hafenbahnhof in der Vogteistraße in Lübeck-Travemünde konnte nach intensiven Ermittlungen des Kommissariats 12 der Kriminalpolizeistelle Lübeck aufgeklärt werden.

Gegen 13.50 Uhr kehrten zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn mit einer Geldkassette von dem zuvor geleerten Fahrkartenautomaten zu ihrem Transporter zurück.

Dort wurden sie von einem Tatverdächtigen mit einer Schusswaffe bedroht und in das Fahrzeug gedrängt. Hier mussten sie sich auf den Boden legen und wurden von dem Tatverdächtigen mit Klebeband gefesselt und geknebelt. Anschließend entnahm der Tatverdächtige die mit insgesamt zirka 160.000 Euro gefüllten 28 Geldkassetten und übergab diese an einen Mittäter, der die Beute in einem Fluchtfahrzeug verstaute. Das Duo konnte unerkannt vom Tatort entkommen.

Die aufgebrochenen Geldkassetten wurden am 19.März 2007 in der Feldmark in Hamburg, an der Elbe, aufgefunden.

Aufgrund der umfangreichen Tatortarbeit konnten diverse kriminaltechnische Spuren gesichert werden, die zunächst nicht zu einem Tatverdächtigen führten.

Auch die weiteren polizeilichen Maßnahmen, inklusive Vorstellung des Falls für eine bundesweite Öffentlichkeitsfahndung in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ vom 10. Mai 2007 erbrachte keine heiße Spur. So mussten die Ermittlungen zunächst eingestellt werden.

Anfang Dezember 2009 führte die Zuordnung einer DNA-Spur vom Tatort auf die Spur eines ersten Tatverdächtigen. Der zur Tatzeit 35-jährige Deutsche war in seinem Wohnort Hamburg zuvor wegen eines anderen Delikts polizeilich in Erscheinung getreten. Im Rahmen der Ermittlungen des LKA Hamburg wurde er erkennungsdienstlich behandelt. Eine Speichelprobe von ihm wurde gesichert, die zur Einstellung des DNA-Identifizierungsmusters in die bundesweite DNA-Datei der Polizei führte. Die automatisierte Routinerecherche mit dem Tatortspurenbestand führte zu einer Übereinstimmung mit dem DNA-Identifizierungsmuster einer Spur vom Fesselungsmaterial der Opfer aus dem Travemünder Raub von 2006.

Ein Vergleich von bisher nicht zugeordneten Fingerspuren vom Tatort ergab zudem, dass der Tatverdächtige für eine Spur an einem der Knebelung der Opfer benutzten Klebeband als Spurenleger identifiziert werden konnte.

Daraufhin konnte auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Haftbefehl erwirkt werden, der zur Festnahme des Tatverdächtigen am 04. Februar 2010 führte. Weitere Ermittlungen zu seinem Personenumfeld ergaben, dass dieser erste Tatverdächtige offenbar gut mit einem der Opfer bekannt war.

Mittlerweile legte der Tatverdächtige ein umfangreiches und detailliertes Geständnis ab, versicherte jedoch, dass die Tat kein Raubüberfall war. Vielmehr habe er mit seinem Bekannten, dem zur Tatzeit 33-jährigen Werttransportfahrer, den Tatplan gemeinschaftlich entwickelt.

Ein weiterer Mittäter, ein zur Tatzeit 28-jähriger Türke aus Hamburg wurde von ihm ausgewählt und stellte sein Auto als
Fluchtfahrzeug zur Verfügung.

Somit entpuppte sich eines der Opfer durch die Ermittlungen als Mittäter, der die entscheidenden Insidertipps zu den
Sicherheitseinrichtungen im Werttransporter und zum Ablauf der Touren an seinen Bekannten weitergab. Man hatte sich den Hafenbahnhof in Travemünde als geeigneten Tatort und eine lohnende Tour mit einer zu erwartenden hohen Geldbeute ganz gezielt ausgesucht. Da der fingierte Überfall in der Öffentlichkeit stattfinden musste und wegen eventueller Zeugen glaubwürdig aussehen sollte, entschied man sich für ein echt wirkendes Szenario. So kam es zur Tatzeit zu dem
„Überfall“ durch maskierte und bewaffnete Tatverdächtige.

Die zwischenzeitlich ebenfalls als mögliche Mittäterin verdächtigte zweite Geschädigte, eine zur Tatzeit 23-jährige
Angestellte der Deutschen Bahn, dürfte jedoch nach den Ermittlungen tatsächlich überfallen worden sein. Sie war in die Tat nicht eingeweiht und wurde auch nicht an der Tatbeute beteiligt. Das Ermittlungsverfahren gegen die Frau wurde zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft Lübeck eingestellt.

Ihr Kollege, ein zur Tatzeit 33-jähriger Türke aus Hamburg wurde am 18. Februar 2010 festgenommen und sitzt derzeit in
Untersuchungshaft. Er streitet eine Tatbeteiligung ab. Es besteht derzeit der Verdacht des schweren Raubes, da er als Mittäter bewusst in Kauf nahm und zuließ, dass seine Kollegin tatsächlich überfallen wurde.

Gegen die agierenden Räuber besteht hingegen der Verdacht des schweren Diebstahls. Sie gingen von einem vorgetäuschten Raub aus, da absprachegemäß eine Einweihung der Kollegin durch ihren Mittäter erfolgen sollte. Hierzu kam es jedoch nach den Ermittlungsergebnissen nicht, da der Werttransportfahrer seinen Anteil an der Tatbeute
offenbar für sich behalten wollte und möglicherweise auch nicht an eine kriminelle Mitwirkung seiner Kollegin glaubte.