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Lübeck Lupe

Diskussion über Gastfreundschaft in den Religionen

Mahir Ötün (v.l.), Prof. Dr. Rolf Verleger, Pröpstin Petra Kallies, Pastorin Margrit Kehring-Ilbold und Prof. Dr. Anand Srivastav bei der Podiumsdiskussion im St. Annen-Museum.
Mahir Ötün (v.l.), Prof. Dr. Rolf Verleger, Pröpstin Petra Kallies, Pastorin Margrit Kehring-Ilbold und Prof. Dr. Anand Srivastav bei der Podiumsdiskussion im St. Annen-Museum.

Im Lübecker St. Annen-Museum veranstaltete der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg in Zusammenarbeit mit den Lübecker Museen am Dienstag, 11. August 2015, eine Podiumsdiskussion unter dem Motto „Fremde Freunde?“. Pröpstin Petra Kallies moderierte die Gesprächsrunde, in der es um den Wert der Gastfreundschaft in der Religion ging. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ausstellung „Salaam Lübeck. Muslimisches Leben in der Hansestadt“ statt. Auf dem Podium saßen Religionsvertreter von Christentum, Judentum, Islam und Hinduismus.

„Einem Gast gegenüber gewalttätig zu werden, gilt als Frevel: wer aus irgendeinem Grund zu ihnen (den Germanen) kommt, den schützen sie vor Unrecht und behandeln ihn wie einen Unverletzlichen; ihm stehen die Häuser aller offen, und er hat Teil an ihrem Leben.“ Mit diesem altrömischen Zitat und der Frage von Pröpstin Petra Kallies „Welchen Stellenwert hat Gastfreundschaft in den Religionen?“ begann der Abend. Soziologe Mahir Ötün erläuterte dazu eine Sure aus dem Koran, in der Abraham seine Gäste mit einem Kalb bewirtet. Nach den Gesetzen der Gastfreundschaft stehe im Islam der Fremde unter dem eigenen Dach immer unter dem Schutz des Gastgebers. Der als Berater für Menschen mit Migrationshintergrund tätige Ötün beschrieb, dass die Herzlichkeit von muslimischer Gastfreundschaft selbst für den Handwerker gelte, der unter fremdem Dach seine Arbeit verrichte.

Psychologieprofessor Dr. Rolf Verleger veranschaulichte anhand des 3. Buches Moses, Kapitel 19, die hohe Wertschätzung der Gastfreundschaft im Judentum und dass Gäste ein besonderer Segen für jedes Zuhause seien. Gleichzeitig warf der Mitbegründer der Jüdischen Gemeinde Lübeck die Frage auf, wie es sich mit der Gastfreundschaft zwischen den verschiedenen Religionen verhält. „Denn es ist nicht immer einfach, partnerschaftlich miteinander umzugehen“, sagte Pastorin Margrit Kehring-Ilbold, die das Projekt „Internationale Gemeinde Lübeck“ verantwortet. In der St.-Lorenz-Gemeinde betreut sie rund 15 verschiedene Nationalitäten. „Gegenseitige Achtung und Ehrlichkeit“ sind nach ihren Worten die notwendigen Pfeiler für Gastfreundschaft. Im hinduistischen Glauben habe Gastfreundschaft eine hohe Bedeutung, sagte Prof. Dr. Anand Srivastav; man begegne Gästen auch ohne formellen Rahmen. So werden auch unangemeldete Besucher mit Tee und Süßigkeiten empfangen, gewertschätzt und verehrt. Anlässlich des hinduistischen Lichterfests „Diwali“ werde gemeinsam mit den Gästen gebetet – mit entzündeten Kerzen überall im Haus. Indien sei ein tiefreligiöses Land, verwurzelt im Hinduismus, der mit islamischen Elementen versehen ist. Der  Anteil der Muslime liege bei 13.4 % der rund 1,2 Milliarden Einwohner Indiens.

Mit Blick auf die Ausstellung „Salaam Lübeck. Muslimisches Leben in der Hansestadt“ forderte er zum Dialog auf, wie Gastlichkeit in Deutschland erlebt werde. Er sprach davon, dass sich in Deutschland „eine Fremdenangst verfestigt“ habe. Dabei liege seiner Meinung nach gerade in der Öffnung eine Möglichkeit, dem enormen Fachkräftemangel entgegenzutreten. „Es braucht zum einen Gesetze und Politik, dass Deutschland zur neuen Heimat wird“, resümierte Pröpstin Petra Kallies, zum anderen sei die persönliche Begegnung wichtig, damit der Weg in unsere Gemeinschaft geebnet werde. „Ich wünsche uns allen, dass wir mutiger werden, auch Menschen aus anderen Kulturen willkommen zu heißen.“

In der Ausstellung „Salaam Lübeck. Muslimisches Leben in der Hansestadt“ wird gezeigt, wie muslimisches Leben in Lübeck praktiziert wird und die Stadt bereichert. In Lübeck leben etwa 13.000 Muslime, die aus knapp 20 Ländern stammen und zum Teil bereits in der dritten Generation hier ansässig sind. Die noch bis zum 16. August 2015 geöffnete Sonderausstellung  gibt Einblicke in den Alltag einiger in der Stadt lebender Muslime, zeigt eine Presseschau der Lübecker Nachrichten aus den vergangenen sechs Jahrzehnten zur Zuwanderungsgeschichte und besondere Sammlungsstücke der Lübecker Völkerkundesammlung.